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Der Kater der Braut: Roman (German Edition)

Der Kater der Braut: Roman (German Edition)

Titel: Der Kater der Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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gehen.
    »Hilfe! Ein Dieb!«, rief ich so laut es eben ging. »Haltet ihn auf! Hilfe!« Doch keiner der Passanten machte Anstalten, sich dem Langfinger in den Weg zu stellen. Also setzte ich versuchsweise noch einen oben drauf: »Haltet den Sittenstrolch!«
    Die meisten Spaziergänger taten so, als wären sie gerade furchtbar beschäftigt und ignorierten meine Hilferufe. Lediglich ein älterer Herr reagierte: Mit einem beherzten Sprung hechtete er vom Weg auf die Wiese, damit Ludger freie Bahn hatte und ungehindert passieren konnte. Dieser lief nun mit federnden Schritten auf die nächste Weggabelung zu. Rechter Hand wurde das Parkgelände hügelig. Nein, bitte nicht! Wenn Ludger diese Richtung einschlug, war die ganze Anstrengung für die Katz gewesen. Auf ebener Strecke gelang es mir ja kaum, ihm auf den Fersen zu bleiben, bei einer Steigung würde ich todsicher das Nachsehen haben. Und dann würde ich Ludger womöglich nie, nie, nie im Leben wiedertreffen … Das Schicksal hatte mir eine zweite Chance gegeben, eine dritte war mehr als unwahrscheinlich.
    Die aufsteigende Panik verlieh mir neue Energie. Jetzt oder nie! Ich nahm die Beine in die Hand und gab noch mal alles. »Halt! Anhalten!«, schrie ich mit letzter Kraft, als ich Ludger schon fast erreicht hatte.
    Dieses Mal war es mir offenbar gelungen, die Musik aus den Kopfhörern zu übertönen, denn Ludger blieb so abrupt stehen, dass ich ungebremst in ihn hineinrannte.
    Meine Nase prallte mit voller Wucht gegen etwas Hartes. »Autsch!« Die Wucht des Zusammenstoßes quetschte das letzte bisschen Sauerstoff aus meinen Lungenflügeln. Egal, gegen eine Mund-zu-Mund-Beatmung hatte ich nichts einzuwenden!
    »Ja?« Erwartungsvoll schaute Ludger mich an.
    Wie konnte er mir das nur antun?! Ein Albtraum: Was hat ihn bloß geritten, sich einen Schnauzer wachsen zu lassen?!, dachte ich entsetzt. Ich versuchte mich zu erinnern, ob er in Griechenland auch schon dieses große Muttermal unter der linken Augenbraue gehabt hatte. Ganz sicher nicht! Die Indizien waren eindeutig: So sehr ich es mir auch wünschte – dieser Mann war nicht Ludger.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, verfolgst du mich schon ’ne ganze Weile. Kompliment, ich hätte nicht gedacht, dass du so lange durchhältst.« Der Fremde taxierte nun seinerseits mein Gesicht. »Tut mir wirklich leid, aber ich weiß echt nicht, wo ich dich hinstecken soll. Müsste ich dich kennen?«
    »Ja … das heißt, nein«, stotterte ich und rang abwechselnd nach Fassung und Luft.
    So eine Frechheit! Ich fragte mich, warum dieser Blödmannsgehilfe nicht stehen geblieben war, wenn er bemerkt hatte, dass ich seit Stunden hinter ihm herwetzte. Wahrscheinlich hatte er sich auf meine Kosten königlich amüsiert.
    Ob er mein »Haltet den Sittenstrolch!« auch gehört hatte?
    Abgesehen von der Hecke auf seiner Oberlippe sah der Fremde eigentlich ganz sympathisch aus. Als könnte er Gedanken lesen, zwinkerte er mir in diesem Moment verschmitzt zu. Er glaubte doch nicht allen Ernstes, dass ich mit ihm anbandeln wollte?
    Peinlich berührt senkte ich die Augen. Erst starrte ich auf meine Füße, dann auf seine. »Dein Schnürsenkel ist auf«, stellte ich mechanisch fest.
    »Tatsächlich.« Verblüfft schaute der Typ auf seine Turnschuhe runter. »Und um mir das zu sagen, bist du die ganze Zeit hinter mir hergerannt?«
    »Äh … ja«, log ich in dem verzweifelten Versuch, wenigstens einen kleinen Rest meiner Würde zu bewahren. Wer weiß, vielleicht würde ich sie eines Tages ja noch mal brauchen. »Du könntest darüber stolpern und dich verletzen. Wir Jogger müssen schließlich zusammenhalten. Schönen Tag noch!« Lässig hob ich die Hand zum Gruß. Dann trabte ich in die Richtung, aus der ich gekommen war, davon.
    »Noch mal danke!«, rief der Fremde mir hinterher. »Das war echt sehr nett von dir.«
    »Gern geschehen«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Ich joggte so lange weiter, bis eine kleine Baumgruppe mir Sichtschutz bot und der Schnauzer mich nicht mehr sehen konnte. Dann ließ ich mich schwer atmend auf die nächste Parkbank fallen. Ich war nicht nur konditionell, sondern auch nervlich völlig am Ende. Wahrscheinlich wäre es am vernünftigsten, die Parkbank schnellstmöglich gegen die Couch eines Psychiaters einzutauschen. Was war nur aus mir geworden? Eine arme verwirrte Frau, die fremden Männern nachstellte!
    »Er war es nicht, oder?«, fragte Mareike voller Mitgefühl, als sie ein paar Minuten

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