Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
standen, bereitete mir ein diebisches Vergnügen. Die beiden wohnten eine Etage tiefer und waren die einzigen Mieter im Haus, die ständig etwas zu meckern hatten.
Zumindest lenkten mich der Trouble und die Aufregung, die Lili verbreitete, zwischendurch von meinem Liebeskummer ab. Der Gedanke, den Mann fürs Leben gefunden und sofort wieder verloren zu haben, wurde langsam aber sicher zu einer fixen Idee.
»Du kennst ihn doch kaum«, beschwor mich Philipp immer wieder. »In Wirklichkeit ist er bestimmt gar nicht so ein Supertyp, wie du glaubst.« Schon möglich. Aber um das herauszufinden, musste ich Ludger erst einmal finden! In meiner Verzweiflung hatte ich mich von Lili und Philipp sogar dazu überreden lassen, einen Aufruf übers Radio zu starten. Doch Ludger blieb verschollen. Ich war fest davon überzeugt: Mein Liebesleben war gelaufen, für immer, ebenso gut konnte ich gleich ins Kloster gehen.
Bei unserer regelmäßigen Joggingrunde, zu der ich mich nur Mareike zuliebe und nach einigem Lamentieren aufraffte, gab meine Freundin sich alle Mühe, mir aus meinem Jammertal hinauszuhelfen: »Glaub mir, früher oder später kommst du über Ludger hinweg.«
Wie tröstlich! Allerdings war mir »früher oder später« als Zeitangabe etwas zu schwammig, um wirklich aufmunternd zu wirken. Und so suhlte ich mich weiter in Selbstmitleid. »Ich werde nie wieder einen Mann wie Ludger finden. Er war mein absoluter Traummann!«
»Ja, ja, schon gut.« Die Arme kannte die Leier schon in- und auswendig. »Komm, lass uns mal über was anderes reden. Was macht Lili, der kleine Satansbraten? Hat sie sich gut bei dir eingelebt?«, bohrte Mareike zielsicher in der nächsten Wunde herum.
»O ja, bestens. Sie fühlt sich schon ganz wie zu Hause. Überall lässt sie ihre Klamotten rumliegen, und das Badezimmer hat sie in einen Beautysalon verwandelt, den sie nur zum Essen verlässt. Das ich ihr selbstverständlich zubereiten muss.«
»Du lässt der kleinen Kröte viel zu viel durchgehen. Warum verdonnerst du Lili nicht auch mal zum Kochen?«
»Hab ich doch schon. Letzten Montag hat sie mir ein vegetarisches Zigeunerschnitzel serviert.«
»Oh, klingt interessant.« Nach einer kurzen Pause hakte Mareike nach: »Was hab ich mir denn unter einem vegetarischen Zigeunerschnitzel vorzustellen?«
»Zigeunersoße pur, ohne alles.« In gespielter Verzweiflung hob ich die Arme gen Himmel. »Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! Ich hab immer gedacht, Maggi-fix-Gerichte seien idiotensicher. Lili hat mich vom Gegenteil überzeugt. Auf dem Beutel stand »Zigeunerschnitzel« – da hat mein Schwesterlein angenommen, dass mit dem Pülverchen für die Soße auch noch ein Schnitzel aus der Tüte gepurzelt kommt.«
Im Wesentlichen waren damit alle Neuigkeiten ausgetauscht, und so trabten wir in einträchtigem Schweigen nebeneinander her. Als wir etwa die Hälfte unseres üblichen Laufpensums absolviert hatten, schoss mein Adrenalinpegel plötzlich wie eine Rakete in die Höhe.
Circa hundert Meter vor uns joggte ein männliches Wesen, das mir schmerzlich vertraut vorkam. Als der Läufer sich den Schweiß von der Stirn wischte und seinen Kopf dabei für den Bruchteil einer Sekunde zur Seite wandte, konnte ich einen kurzen Blick auf sein Profil erhaschen. Aber auch von hinten war es für mich ein Kinderspiel, den Mann zu identifizieren. Die Größe, das kurze dunkle Haar, die breiten Schultern, der knackige Hintern, der sich unter der kurzen schwarzen Sporthose appetitlich abzeichnete – ich würde einen Besen mitsamt der Putzfrau fressen, wenn das nicht Ludger war!
Aufgeregt zupfte ich an Mareikes Sweatshirt und wies in die Richtung des Parks, wo Ludger gerade um die nächste Kurve verschwand. »Daaaaa! Dahinten ist er!«
»Wer?«, fragte Mareike verdattert. »Der Weihnachtsmann?«
Also bitte!, dachte ich. Wegen eines bärtigen alten Mannes mit dicker Plauze und rotem Bademantel gerate ich bestimmt nicht aus dem Häuschen! Manchmal war Mareike wirklich schwer von Begriff.
»Ludger natürlich!« Meine Stimme überschlug sich fast.
»Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher. Komm, gib Gas, den erwischen wir noch.«
»Ich weiß nicht, ob …«
Ohne auf Mareikes Protest zu achten, sprintete ich, wie von einem wilden Affen gebissen, los. Doch die Verfolgungsjagd gestaltete sich schwieriger als erwartet. Als ich um die Kurve bog und endlich wieder freie Sicht auf Ludgers entzückenden Knackarsch hatte, stellte ich mit Entsetzen fest, dass er
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