Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
besser nicht darauf zu wetten.
»Das sind Belinda und Mareike.« Ludger stockte. Er war sich offenbar nicht sicher, ob er eine nähere Definition unseres Verhältnisses riskieren sollte. Nach einem schnellen Blick auf seine Begleiterin, die ihn erwartungsvoll musterte, fügte er noch hinzu: »Äh … flüchtige Reisebekanntschaften. Wir sind uns im Klub in Griechenland über den Weg gelaufen.« Er lachte gekünstelt. »Zufälle gibt’s manchmal. Die Welt ist doch wirklich ein Dorf.«
»Du sagst es.« Mit aller Kraft kämpfte ich gegen die aufsteigenden Tränen an. »Und wer hätte gedacht, dass man sich so schnell wiedersieht.«
Da Ludger keine Anstalten machte, uns im Gegenzug die Frau an seiner Seite vorzustellen, wandte Mareike sich nun direkt an sie. »Und du? Wer bist du?«
»Ich bin Jil.« Sie machte eine kurze, aber dramaturgisch äußerst wirkungsvolle Pause, bevor sie die Bombe hochgehen ließ: »Ludgers Verlobte.«
Volltreffer. Der Schlag hatte gesessen. Ich biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschluchzen. Und auch Mareike und Jenny schnappten hörbar nach Luft.
Ich starrte Jil und Ludger an, als wären sie Besucher von einem anderen Stern. Irgendwie kam mir das ganze Szenario so verdammt unwirklich vor. Wenn noch ein Ufo oder Captain Kirk ums Eck gekommen wäre, hätte mich das auch nicht weiter überrascht.
Mareike fand als Erste ihre Sprache wieder. »Ludger hat uns gar nicht erzählt, dass er verlobt ist. Was für eine nette Überraschung. Dann wollt ihr doch bestimmt bald heiraten, oder?«
Was war nur in sie gefahren? War sie übergeschnappt?! Mir stand nun wirklich nicht der Sinn danach, mit Ludgers Verlobten über ihre Hochzeitspläne zu plaudern. Mir war eh schon schlecht! Ich konnte diese Frau im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen. Jedes Mal, wenn der penetrante Duft ihres Parfums – ein Mix aus Maiglöckchen und Gummibärchen – zu mir herüberwehte, begann mein Magen zu rebellieren.
»Selbstverständlich wollen wir heiraten«, gab Jil Mareike bereitwillig Auskunft. »Sonst hätten wir uns schließlich nicht verlobt.«
»Und Kinder?«, bohrte meine Freundin hartnäckig weiter. »Wünscht ihr euch Kinder?«
»Nun ja, vielleicht nicht sofort.« Jil strich sich lächelnd eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. »Aber irgendwann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir bestimmt eine Familie gründen.«
»Wie schön, dann ist dein Verlobter also nicht impotent.«
Während mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich, wurde Ludger rot bis zu den Haarwurzeln.
Eines musste man seiner Verlobten wirklich lassen: Sie war nicht so schnell aus der Fassung zu bringen. »Ludger? Impotent? Nein, wie kommst du denn auf so was?«
»Ach, nur so eine Routinefrage. Heutzutage ist doch fast jeder zweite Mann impotent. Nikotin, Alkohol, Umweltgifte und all das Zeug. Na, du weißt schon. Seid froh, dass das Schicksal es so gut mit euch meint.«
Darauf wusste Jil, ganz sprachlos vor Glück, nichts zu erwidern. Jenny nutzte die kurze Gesprächspause, um sich in Erinnerung zu bringen. »Ich bin übrigens Jenny.« Ludger, der sie offenbar wiedererkannte, warf der renitenten Person, die sich so vehement geweigert hatte, ihm die gewünschte Bluse zu verkaufen, einen wütenden Seitenblick zu.
»Belinda und ich sind Arbeitskolleginnen«, plauderte Jenny, ohne mit der Wimper zu zucken, mein sorgfältig gehütetes Geheimnis aus. O. K., O. K., ich war auch nicht immer ganz bei der Wahrheit geblieben – na und?! Verglichen mit den brisanten Informationen, die Ludger mir unterschlagen hatte, war mein kleiner Schwindel doch wohl kaum der Rede wert. Ich war mit meinem Beruf jedenfalls weder verlobt noch verheiratet!
»Die Bluse, die du trägst, ist ein ganz besonders schönes Stück«, geriet Jenny nun langsam in Fahrt. »Aber ganz unter uns, von Frau zu Frau: Wenn man zu so einem fahlen, blassen Teint neigt wie du, ist Braun einfach nicht die richtige Farbe.«
Jil erbleichte. Nun war sie in der Tat ein wenig käsig um die Nase. Während sie auf die Frage nach Ludgers Potenz locker und souverän reagiert hatte, brachte Kritik an ihrer makellosen Erscheinung sie scheinbar völlig aus dem Tritt.
Makellos – genau, das war das Wort, das Jil am treffendsten beschrieb. Die Frau war weiß Gott keine Schönheit. Dennoch wirkte sie auf eine seltsam unnatürliche Weise perfekt. So als wäre sie von Kopf bis Fuß mit Dreiwettertaft eingesprüht. Jede Wimper und jedes Stofffältchen saß genau da, wo
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