Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
die Sache mit der defekten Dusche konnte ich mir nicht so ganz erklären. »Verdammt, wie hast du das denn schon wieder hingekriegt? Bei mir war die Dusche heute Morgen noch tipptopp in Ordnung.«
»Danach sieht’s aber nicht aus.« Sie wies auf meine Haare, die mir in fettigen Strähnen auf die Schultern fielen. »Aber nun zu deiner Frage. Du wolltest wissen, wie ich das mit der Dusche hingekriegt hab? Das war wirklich ein Kinderspiel.« Lili deutete auf einen Dichtungsring, der zwischen ihren wild verstreuten Schminkutensilien auf dem Waschbeckenrand lag. »Ohne den kleinen Schlingel spritzt das Wasser wie verrückt in alle Richtungen.«
So viel Raffinesse war mir unheimlich. Und wir sollten Geschwister sein? Fassungslos schüttelte ich den Kopf. »Du bist wirklich ein gerissenes Luder.«
»Danke, Schwesterherz.« Sie tat, als hätte ich ihr ein dickes Kompliment gemacht. »Hin und wieder bin ich über meine genialen Einfälle selbst überrascht.« Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen. »Also – was ist nun? Gehst du noch weg oder nicht?«
Der Gedanke, Lili in dieser Aufmachung mit Philipp allein zu lassen, gefiel mir gar nicht. Andererseits hatte ich keine Lust, rund um die Uhr den Babysitter oder Anstandswauwau zu spielen. Wenn die beiden etwas miteinander anfangen wollten, würden sie schon eine Gelegenheit finden. Außerdem wusste ich nur zu gut, wie meine Schwester tickte. Je mehr man versuchte, ihr etwas auszureden, desto stärker fachte das ihr Interesse an.
Zögernd griff ich nach dem Telefonhörer. Mareike, die froh war, den Sonntagabend nicht allein vor der Flimmerkiste verbringen zu müssen, schlug vor, ins Kino zu gehen.
Prima! Die Aussicht, den größten Teil des Abends in einem abgedunkelten Raum zu verbringen, fand ich verlockend. Dann musste ich mich wenigstens nicht stundenlang aufbrezeln. Meine Haare waren so fettig, dass das Desaster auf meinem Kopf fast als Wetlook durchging, und auch meine Klamotten hatten schon bessere Tage gesehen: ein verwaschenes T-Shirt und uralte bequeme Jeans. Lediglich der Schokoladenfleck auf dem Oberschenkel war brandneu.
In meinem Gammellook lag ich voll im Trend. Auch Mareike und Jenny, die sich uns in letzter Minute angeschlossen hatte, waren sehr »zwanglos« gekleidet. So lautete zumindest Mareikes schmeichelhafte Umschreibung für unser schlampiges Outfit.
Nach langem Hin und Her erstanden wir Eintrittskarten für eine Komödie und deckten uns reichlich mit Cola und Popcorn ein. Bis zum Beginn der Vorstellung war noch jede Menge Zeit. Wir schlenderten ziellos durch das Kinofoyer. Dabei quatschten wir über dies und das. Aber irgendwie war ich nicht ganz bei der Sache.
»Was Lili und Flippi jetzt wohl treiben?«, überlegte ich laut.
»Wörtlich oder im übertragenen Sinne?« Mareike grinste verschlagen.
»Hey, ich finde das gar nicht komisch. Als große Schwester bin ich schließlich für Lili verantwortlich. Sie ist erst neunzehn!«
»Eben, sie ist neunzehn. Also entspann dich mal wieder.« Mareike balancierte den Riesenbecher Cola und die Popcorntüte mit beneidenswertem Geschick durch die Menge. »Das erste Mal bringen die Mädels heutzutage meist schon mit vierzehn oder fünfzehn hinter sich. Sehr vernünftig, wenn du mich fragst. Was soll man unangenehme Dinge unnötig aufschieben? Eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt wird nicht schöner, indem man sie Ewigkeiten hinauszögert. Falls du also denkst, dass deine Schwester noch Jungfrau ist, glaubst du vermutlich auch noch an den Weihnachtsmann.«
»Oder an den Klapperstorch«, gluckste Jenny hinter ihrem Colabecher.
»Natürlich weiß ich, dass Lili schon mal Sex hatte.«
»Na bitte. Dann weiß sie ja, wie’s funktioniert. Also gibt es keinen Grund, sich so aufzuregen.«
»Das sagst du so einfach! Philipp könnte ihr Vater sein.«
»Jetzt mach aber mal halblang. Philipp ist zweiunddreißig und deine Schwester ist neunzehn. Ich glaube kaum, dass jemand mit dreizehn schon Kinder in die Welt setzt.«
»Heutzutage geht das immer früher los. Das hast du doch eben selbst behauptet«, erwiderte ich trotzig.
»Und wenn schon. Außerdem will Lili Philipp ja nicht heiraten, sondern bloß mit ihm schlafen.«
»Hat sie dir das gesagt?« Ich ging hoch wie eine Rakete. »Warum redet sie mit dir darüber? Ich bin ihre Schwester, warum vertraut sie mir so was nicht an?«
Mareike verdrehte genervt die Augen. »Natürlich ist sie nicht zu mir gekommen und hat verkündet: ›Hey, tolle
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