Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
nuschelte sie verschlafen.
»Hast du heute keine Vorlesung?« Ich gab ihr einen Klaps auf die Finger, als sie versuchte, mir die Bettdecke zu entwinden.
»Wen interessiert’s? Ach, Belinda, ich bin ja so was von verliebt. Flippi ist einfach ein total geiler Typ.«
»Findest du nicht, dass Flippi … äh … ich meine Philipp … vielleicht etwas zu alt für dich ist?«, wagte ich zaghaft einzuwenden. »Du lernst doch an der Uni so viele neue Leute kennen. Sind denn da keine süßen Jungs bei?« Dass an den Universitäten akuter Bildungsnotstand herrschte, war allgemein bekannt. Wenn darüber hinaus nun auch noch der Männernotstand ausgebrochen war, dann sah ich für die Zukunft unseres Landes schwarz.
»Süüüüße Jungs?« Lili warf mir einen entsetzten Blick zu. »Meine Güte, Belinda, ich bin auf der Suche nach einem Mann und nicht nach einem Sandkastenfreund. Außerdem musst du zugeben, dass Flippi sich für sein Alter hervorragend gehalten hat.«
»Mag sein. Trotzdem finde ich es nicht gut, dass du dich ihm so an den Hals schmeißt. Er könnte dein Vater sein!«
»Ja, und du meine Mutter«, parierte Lili verstimmt. »Genauso blöd daherquatschen tust du ja schon.«
»Tu ich nicht.«
»Tust du wohl!«
»Tu ich nicht!«
Unsere Blicke kreuzten sich wie Säbelklingen.
Schluss jetzt. Ich atmete tief durch. Hatte ich denn noch nicht genug Trouble? Musste ich mich jetzt auch noch mit meiner Schwester verkrachen?
»Mensch, Lili«, versuchte ich einen versöhnlichen Tonfall anzuschlagen. »Ich will doch wirklich nur dein Be …« Ach, du heiliger Bimbam, Lili hatte Recht! Ich klang tatsächlich schon wie meine Mutter!
»Könntest du das bitte noch mal wiederholen?! Ich hab den letzten Teil des Satzes leider nicht richtig verstanden.« Meine Schwester hielt sich demonstrativ die Hand hinters Ohr. »Spuck’s schon aus! Was willst du? Meine ›Best-of-Robbie-Williams-CD‹? Da hast du leider Pech. Ich hab sie Corinna geliehen.«
»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich zerknirscht. »Ich mach mir halt einfach bloß Sorgen.«
Lili funkelte mich böse an. »Das gibt dir noch lange nicht das Recht, mir vorzuschreiben, was ich tun soll.«
»Aber ich sage dir doch gar nicht, was du tun sollst. Ich sage dir lediglich, was du nicht tun sollst«, protestierte ich wenig überzeugend. Apropos. »Habt ihr denn schon …?«
»Wenn es so wäre, würde ich es dir ja wohl kaum auf die Nase binden«, antwortete Lili genervt. »Dafür gibt es drei Gründe. Erstens: Das geht dich nichts an. Zweitens: Das geht dich nichts an. Und den dritten Grund kannst du dir sicherlich denken.«
»Es geht mich nichts an«, murmelte ich bedrückt. Selbst schuld, wenn Lili mir in Zukunft nichts mehr anvertraute. Vermutlich war es das Beste, wenn ich mich in nächster Zeit erst einmal komplett aus ihrem Liebesleben raushielt. Bis sich die Wogen wieder etwas geglättet hatten.
In den nächsten Tagen bekam ich Lili kaum zu Gesicht. Ich nahm an, dass sie die meiste Zeit bei Philipp steckte. Dafür trat Timo in mein Leben. Ein nettes Kerlchen, Biologiestudent, schätzungsweise Anfang bis Mitte zwanzig. Um sich ein paar Euro nebenher zu verdienen, jobbte er als Aushilfsfahrer für eine Gärtnerei.
Seit unserer aufschlussreichen Begegnung im Kino schickte Ludger mir nämlich fast jeden Tag frische Blumen. Rosen. Rote Rosen. Ich fragte mich, was er damit bezweckte. War das seine Art, mir zu verstehen zu geben, dass es ihm leidtat? Mit Verlaub – das war mir scheißegal. Und so stopfte ich die Blumen nebst beiliegender Karte immer sofort in den Müll. Der Einzige, der von Ludgers Blumenbombardement profitierte, war Timo. Wenn das noch ein paar Wochen so weiterging, konnte er seinen Nebenjob getrost an den Nagel hängen. Mit dem Trinkgeld, das er regelmäßig von mir bekam, hatte ich ihm bestimmt schon sein halbes Studium finanziert.
Eines Abends, Timo und ich waren längst gute Bekannte, fasste er sich ein Herz: »Darf ich dich mal was Persönliches fragen?«
»Nur zu. Frag ruhig.«
»Magst du keine roten Rosen? Ich meine, die meisten Frauen freuen sich, wenn sie Blumen geschenkt bekommen. Aber du ziehst immer ein Gesicht, als würde ich dir faule Eier oder stinkenden Fisch liefern.«
»Es kommt eben nicht nur darauf an, was man geschenkt kriegt, sondern auch von wem.«
»Die vielen Rosen kosten ein Schweinegeld. Der Typ muss dich wirklich sehr lieben.«
»Schon möglich«, knurrte ich, »aber seine Verlobte leider auch.«
Timos
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