Der Kater läßt das Mausen nicht
hatte.
»Dann möchte ich Ihnen für Ihre — eh — freundliche
Hilfe danken«, sagte Shandy und verschwand.
Seine Müdigkeit war wohl doch größer
als angenommen. Erst draußen auf der Balaclava Road fiel ihm nämlich auf, daß
Lutt mit keinem einzigen verfluchten Wort erwähnt hatte, was nach dem
Clubtreffen passiert war oder wohin er nach Claudes mißlungenem Empfang letzte
Nacht gefahren war.
Kapitel
20
S handy wußte, daß er nicht wieder
zurückgehen und nachfragen konnte. Er war jetzt schon in Lutts Haus eine
absolute Persona non grata, höchstens noch zu übertreffen durch jemanden, dem
ein peinliches Mißgeschick auf Lutts Teppich passierte. Vielleicht gelang es
auch Ottermole, Edna Jean Bugleford auf die Seite zu nehmen und ihr aufgrund
ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen weitere Informationen zu entlocken.
Ein Mitglied der Balaclava Society war
immer noch nicht vernommen worden, und Shandy schauderte es beim bloßen
Gedanken an diese Aussicht. Aber es war sicher nicht besonders schwierig, den
Kongreßabgeordneten Sill zum Sprechen zu bringen. Der alte Wichtigtuer würde
wahrscheinlich den angeblich berüchtigten Professor Shandy auch nicht so
schnell identifizieren. Sill war immer viel zu sehr von sich selbst
eingenommen, um sich viel um andere zu kümmern. Die wichtigste Frage war
allerdings, ob er überhaupt zu Hause und nicht vielleicht damit beschäftigt
war, eine weitere Schlägertruppe für einen Angriff auf das College zu
rekrutieren.
Es hatte durchaus seine Vorzüge,
Siebzigjährige zu befragen, denn sie pflegten zumindest häufiger zu Hause zu
sein als College-Studenten. Der Kongreßabgeordnete Sill war zu Hause. Er kam
höchstpersönlich zur Tür, einen Kneifer, wie ihn Woodrow Wilson während seiner
lange zurückliegenden Amtszeit als Präsident getragen hatte, an einer schwarzen
Kordel in der einen Hand, in der anderen eine ziemlich ramponierte Ausgabe der
Parlamentsprotokolle vom März 1957. Es wurde Zeit, daß er sich ein paar neue
Requisiten zulegte.
Shandy vollführte eine angemessene
Verbeugung. »Guten Tag, Herr Kongreßabgeordneter. Ich hoffe, ich störe Sie
nicht gerade bei etwas Wichtigem?«
»Das tun Sie zwar, aber das macht
weiter nichts. Wir Staatsdiener sind daran gewöhnt, unterbrochen zu werden.«
Sill schwenkte die Parlamentsprotokolle, daß die Seiten nur so flatterten.
»Presse, nehme ich doch an. Für welche Zeitung arbeiten Sie denn?«
Das alte Walroß war bestimmt ohne den
Kneifer blind wie eine Fledermaus. Ein echter Glücksfall. »Für einen
unabhängigen Nachrichtendienst«, improvisierte Shandy.
»Ach ja, natürlich. Wie schade, daß Sie
meine Pressekonferenz heute morgen verpaßt haben.«
Großer Gott, hatte Sill tatsächlich die
Presse zusammengetrommelt? Dann war er ja noch seniler, als man gemeinhin
annahm. Shandy drückte sich auch weiterhin bewußt zweideutig aus.
»Probleme mit den Verkehrsmitteln, Sie
wissen sicher, was ich meine. Aber wo ich jetzt einmal hier bin, macht es Ihnen
vielleicht nichts aus, mir ein kleines Privatinterview zu gewähren? Ich nehme
an, Sie sind über alle Geschehnisse, die sich hier während der letzten zwei
Tage ereignet haben, genauestens informiert.«
Sill klopfte sanft mit dem Kneifer
gegen eines seiner Doppelkinne. »Nun ja, gewiß, aber ich bin mir nicht sicher,
ob genauestens informiert auch wirklich zutrifft. Den Finger am Puls, so würde
ich es einmal ausdrücken. Meine Mitbürger verlassen sich darauf, daß ich für
sie meinen Finger am Puls der Regierung halte, wie Sie zweifellos wissen. Aber
kommen Sie doch ins Haus, kommen Sie doch. Ich will doch nicht, daß Sie draußen
in der Kälte stehen. Loula! Loula! Verflixt, wo steckt die Frau denn bloß?«
»Hier oben im Schlafzimmer, dafür werde
ich schließlich bezahlt«, ertönte eine schrille Stimme durch das Treppenhaus.
»Was wollen Sie denn jetzt schon wieder?«
»Wir brauchen hier unten ein paar
Drinks.«
»Das ist wirklich nicht nötig«,
protestierte Shandy.
Sill zerstreute seine Bedenken.
»Unsinn, mein Lieber. Ich weiß genau, wie es ist, wenn man von einem Flughafen
zum anderen hetzt, Termine einhalten muß, zu Versammlungen rast, immer hin und
her, sich im Vorbeilaufen ein Sandwich schnappt oder versucht, ein Nickerchen
einzuschieben, was natürlich meistens unmöglich ist. Haben Sie letzte Nacht
überhaupt ordentlich geschlafen?«
»Ganz im Gegenteil.« Shandy begrüßte
die Gelegenheit, zur Abwechslung
Weitere Kostenlose Bücher