Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kater läßt das Mausen nicht

Der Kater läßt das Mausen nicht

Titel: Der Kater läßt das Mausen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
Mann, und
das können Sie mir ruhig glauben, würde ich wohl kaum hier sitzen und mit Ihnen
plaudern. Dann würde ich sofort drastische Schritte unternehmen, damit der
Verbrecher schnell und angemessen bestraft würde.«
    Das hatte er sich jetzt ganz allein
selbst zuzuschreiben, dachte Shandy, als Sill mit seinen Versicherungen fortfuhr
und dabei den Richtlinien des verstorbenen James Michael Curley für
erfolgreiche Rhetorik in der Öffentlichkeit folgte. Zuerst teilte ihm Sill mit,
was er ihm zu sagen gedachte. Dann sagte er es. Dann teilte er ihm mit, was er
ihm gerade gesagt hatte. Diese Prozedur nahm eine geraume Zeit in Anspruch. Die
Analyse ergab schließlich, daß Sill in Wirklichkeit nichts Wichtiges zu sagen
hatte.
    In dem Wissen, daß er es sich später
nicht verzeihen würde, riskierte Shandy eine weitere Frage. »Könnten Sie mir bitte
sagen, wann Sie Mrs. Smuth zum letzten Mal gesehen haben, nachdem sich die
Demonstration am College aufgelöst hatte?«
    »Geben Sie mir Gelegenheit, mein
Gedächtnis ein wenig aufzufrischen.« Woraufhin Sill auch sein Glas ein wenig
auffrischte, wo er schon einmal dabei war. »Möchten Sie auch noch etwas?«
    »Ich habe noch nicht ausgetrunken,
danke.« Shandy beschloß, im Interesse seiner geistigen Klarheit dem Gummibaum
noch einen Schluck angedeihen zu lassen. Wie zum Donnerwetter gelang es diesem
alten Schwamm bloß, den ganzen Alkohol so einfach wegzustecken? Zweifellos eine
Frage der Übung.
    »Also, Sie wollten wissen, wann ich
Mrs. Smuth zuletzt gesehen habe.«
    Sill setzte sich wieder in seinen
Lehnstuhl, dessen Bezug mit Bommeln verziert war, die so groß wie Pingpongbälle
waren. »Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, daß Mrs. Smuth eine Frau
von untadeligem Charakter war, in ganz Balaclava County hochgeschätzt und
völlig den erhabenen Prinzipien verpflichtet, die uns allen teuer sind.«
    Da Shandy eben erst eine Kostprobe der
Prinzipien, die Lot Lutt teuer waren, erhalten hatte, spielte er mit dem
Gedanken, Sill zu fragen, was genau er unter »erhaben« verstand. Doch er
verwarf den Gedanken schnell wieder, was bestimmt die weisere Entscheidung war.
Er nickte lediglich und machte den Versuch, das Interview ein wenig
voranzutreiben. »War das der Grund, aus dem Mrs. Smuth Sie in die
Claude-Kampagne eingespannt hat?«
    »Vielleicht sind Sie so liebenswürdig
und erklären mir genau, was Sie unter ›eingespannt‹ verstehen?«
    Großer Caesar, gab es nichts, womit man
diesen alten Schaumschläger aufhalten konnte? Shandy bemerkte, wie die
Whiskeynebel seine Gedanken forttrugen in die Zeit, als sein Onkel Charlie ihn
zum Jahrmarkt mitgenommen hatte. Er war damals sechs, fast schon sieben Jahre
alt gewesen. Onkel Charlie hatte ihm einen roten Luftballon gekauft, der an
einem geschmeidigen, dünnen Rattanstock befestigt gewesen war.
    Später hatte Onkel Charlie ihm eine
große, klebrige Portion rosa Zuckerwatte gekauft. Als Peter versuchte, die
Zuckerwatte zu bewältigen, ließ er aus Versehen den Stock mit dem Ballon los.
Statt unaufhaltsam in unendliche Höhen zu entschwinden, war der Ballon jedoch
vor ihm den Weg entlang geflogen, immer gerade so hoch, daß er ihn nicht
erreichen konnte, während er hinter ihm herlief und vergeblich mit seinen
klebrigen, hilflosen Händen danach griff. Schließlich schaffte er es, vor dem
Zelt des Schlangenmenschen den Rattanstock zu packen und den Ballon zu sich
herunterzureißen. Vielleicht gab es einen Stock, mit dem man auch Sill
herrunterreißen konnte, aber wie um Himmels willen bekam man ihn zu packen?
    »Damit wollen Sie also im Grunde sagen,
daß es für Sie persönlich mehr um die Prinzipien der freien Rede ging als
darum, daß Bertram Claude in den Senat gewählt wird«, unterbrach er Sill
schließlich, als er die Geduld verlor.
    Soweit Shandy ihn richtig verstand,
versuchte Sill ihm gerade klarzumachen, daß es immer noch besser war,
gleichgültig, aus welchem Grund auch immer, in der Öffentlichkeit eine Rede zu
halten, als überhaupt nicht in Erscheinung zu treten. Doch das würde der alte
Schwätzer natürlich so direkt auf keinen Fall zugeben. Sill war in einem
Nebensatz unterbrochen worden, blinzelte mit den Augen und dachte nach. Bevor
er wieder in Fahrt kommen konnte, ergriff Shandy die Gelegenheit beim Schopf.
    »Mrs. Smuth war allerdings schon aktiv
als Bertram Claudes Wahlkampfleiterin tätig. Das war Ihnen doch sicher bekannt,
als Sie sich bereit erklärten, die Demonstration zu

Weitere Kostenlose Bücher