Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
Kassette mit Led Zeppelins Presence aus, das selbst nach einem Dutzend Hörversuchen immer noch beschissen war. Matty seufzte erleichtert.
Es regnete wie aus Eimern, und der Wachoffizier verließ gar nicht erst sein Wachhäuschen, um den Dienstausweis zu kontrollieren, den ich hochhielt. Auch das weckte nicht gerade tiefstes Vertrauen in mir.
»Alles, was du brauchst, um hier reinzukommen, ist ein geklauter Polizei-Land-Rover«, murmelte ich Matty zu. Wir beide waren noch nicht mal in Uniform. Ich trug einenschwarzen Pullover mit Polokragen unter meiner Lederjacke, Matty so eine Art Piratenbluse, die er wohl an Adam Ant bei Top of the Pops gesehen hatte.
Das schwere Stahltor glitt beiseite, und ich fuhr auf einen kleinen Parkplatz im Windschatten eines Wachturms aus braunem Beton.
»Es wird fürchterlich hier drin, richtig?«, fragte Matty.
Ich nickte grimmig. Ich konnte ahnen, wie es im Krankenhausflügel des Gefängnisses aussehen musste, mit einem Dutzend ausgemergelter Männer am Tropf, die herzzerreißend langsam dahinsiechten, während Familienangehörige weinten und Priester die Letzte Ölung gaben.
»Aye, Matty, so wird’s wohl sein.«
Zum Glück waren wir früh aufgekreuzt. Es war noch nicht neun, die Journaille lag noch im Bett, und der Regen hatte die Demonstranten verjagt, mit denen wir vor den Toren hätten rechnen sollen, wie man uns gesagt hatte.
Ein untersetzter, blaugesichtiger Mann beäugte mich mürrisch durch das kugelsichere Glas.
»Sergeant Duffy, Carrickfergus RUC. Ich möchte zu Seamus Moore«, erklärte ich.
»Unterschreiben Sie hier«, erwiderte er und schob mir durch einen waagerechten Schlitz ein Klemmbrett hin.
Ich unterschrieb und reichte ihm das Klemmbrett zurück. Von meinem Ausweis wollte der Mann nichts wissen. Ich warf Matty einen sarkastischen Blick zu und schüttelte den Kopf. Ein Summer ertönte, eine Eisentür ging auf.
Damit waren wir im Hauptbereich des Gefängnisses. Die acht H-Blocks waren in getrennte Flügel für Republikaner und Loyalisten aufgeteilt – genauer gesagt, in verschiedene Flügel für die verschiedenen republikanischen und loyalistischen Splittergruppen. Es gab also einen Flügel für die Provisional IRA, einen Bereich für die INLA, die UVF, einen Flügel für die UFF/UDA und bestimmte Bereiche für die zahlreichen kleineren Gruppierungen.
»Sergeant Duffy?«, fragte ein älterer Mann mit traurigem Gesicht und grauem Schnurrbart in Gefängniswärteruniform unter einem schwarzen Regenschirm hervor.
»Das bin ich.«
»Ich bin Davey Childers, Verbindungsoffizier RUC.«
Wir gaben uns die Hand.
»Wir haben dafür gesorgt, dass Sie Moore im Besucherraum treffen können.«
»Er liegt nicht im Krankenhaus?«
»Nein, nein, er ist erst seit einer Woche im Streik. Ist noch nicht nötig.«
Ich sah Matty an, wir waren beide erleichtert.
Wir gingen durch eine Reihe von eng umzäunten Durchlässen, die mit Stacheldraht überspannt waren, bis wir zu einem bunkerartigen, eingeschossigen Gebäude kamen, das ebenfalls von Stacheldraht umringt war.
Hier sah es nicht aus wie in einem der viktorianischen Gefängnisse in England, deren achtunggebietende neogotische Architektur aus roten Ziegeln den Insassen die schiere Macht des Staates verbildlichen und sie dadurch einschüchtern sollte – nein, Maze wirkte zusammengeschustert, schäbig, provisorisch, und das Einzige, was es verbildlichte, war, wie sehr die gegenwärtige britische Irlandpolitik von kurzzeitigem Denken beherrscht war.
Wir durchquerten eine Reihe von Schleusen, gaben unsere Waffen ab, streichelten einen freundlichen Drogenhund und sahen uns recht bald einem recht gesund wirkenden Seamus Moore gegenüber, der an einem langen Resopaltisch saß und wartete. Er war bärtig, langhaarig und trug einen Pyjama. Er rauchte eine Zigarette und trank wohl Tee.
»Ich wusste gar nicht, dass man dabei Tee trinken darf«, murmelte Matty.
»Behalt das für dich, wir wollen nicht, dass er beleidigt abhaut«, zischte ich.
Wir setzten uns an den Tisch, ich stellte uns vor. Seamus war ein gut aussehender, kleiner nervöser Kerl mit grünen Katzenaugen, hochgezogenen Augenbrauen und einem leicht verschlagenen Grinsen. Eine violette Narbe reichte ihm vom Kinn bis zur Unterlippe, aber die lenkte nicht von seinem offenherzigen, hübschen Gesicht ab. Er war dünn, wirkte aber nicht sonderlich ausgemergelt. Er saß eine Haftstrafe wegen illegalen Waffenbesitzes ab, aber das hatte ihm nur zweieinhalb Jahre
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