Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
Templepatrick
Die Armee hatte das ganze Dorf in Beschlag genommen, und ein Brigadegeneral erklärte Brennan, dass wir als Notfalltruppe bereitstehen sollten.
»Und dafür sind wir um vier Uhr früh herbeordert worden?«, sagte Brennan wütend. Nach weiteren Verhandlungen durften wir unsere drei Land Rover etwas weiter die Straße entlang abstellen.
»Sie sind unterwegs! Achtung!«, brüllte einer der Soldaten, und die Armee stand stramm. Wir nicht. Wir rutschten in unseren Rüstungen herum, und Crabbie erklärte den Reserve-Constables, da dies außerhalb der Dienstzeit stattfände und zudem gefährlich sei, könnten sie Härtefall- und Gefahrenzulage zugleich beantragen.
Um 5 Uhr 30 kam, angeführt von zwei Polizeimotorrädern, eine Kolonne aus zwei schnell fahrenden Armee-Land-Rovern, zwei ebenfalls schnellen Polizei-Land-Rovern und zwei kugelsicheren Jaguars, in denen angeblich die Premierministerin und ihre Leute saßen. Ich konnte sie nicht erkennen, sah nur etwas Unscharfes vorbeihuschen.
»Das war’s?«, fragte mich Matty. Darauf wusste keiner eine Antwort, also setzten wir uns ernüchtert in unsere Wagen.
Fünfzehn Minuten später wurden wir auf dem Rückwegnach Carrickfergus zum Lieblings-Sujet des jungen Shane Davidson umgeleitet, dem Kraftwerk in Kilroot, wo es Ärger gab.
6 Uhr 10, Kilroot
Zwei Dutzend Arbeiter, unterstützt von etwa hundertfünfzig weiteren Männern von sonst wo her, hatten eine illegale Streikfront vor dem Eingangstor des Kraftwerks gebildet. Die Frühschicht wollte hinein, und wenn das nicht klappte, würden die Lichter in North Belfast und East Antrim ausgehen, was Mrs Thatcher bei ihrer Pressekonferenz, auf der sie verkünden wollte, dass in Ulster alles zum Besten stand, nicht sonderlich gefallen würde.
Wir parkten etwa hundert Meter entfernt.
»Maschinenpistolen weg, Jungs«, befahl Brennan, und wir behielten nur unsere Faustfeuerwaffen. In meinem Fall war der Befehl leicht durchzuführen, denn meine SMG lag noch immer auf dem Flurtischchen in der Coronation Road.
»Ihr wartet hier, ich rede mal mit dem beschissenen Abschaum«, sagte Brennan in aller diplomatischen Gelassenheit, die wir von ihm kannten und für die wir ihn schätzten.
»Ich komme mit«, meinte Sergeant Burke, und McCallister nickte mir zu. Ich seufzte und schloss mich den beiden an. Wir gingen zu den Streikposten, die Schilder hochhielten, auf denen stand: »Thatcher = Verräter« und »Kein Verhandeln mit Terrorsiten« [sic].
Der Anführer war tatsächlich der verdammte Stadtrat George Seawright. Er entwickelte sich langsam zu Rosenkranz und Güldenstern meines kleinen persönlichen Dramas.
»Sie müssen die Frühschicht aufs Gelände lassen. Dies ist ein illegaler Streik!«, sagte Brennan mit einer Stimme, dieman noch auf dem achtzig Meter hohen Schornstein des Kraftwerks hätte hören können.
»Wir werden keine Vereinbarungen mit dem Lumpenpack in den H-Blocks tolerieren! Mrs Thatcher und die britische Regierung werden unseren Zorn zu spüren bekommen, so wie die Amalekiter den Zorn Gottes zu spüren bekamen! So wie die Sodomiten die Früchte ihres teuflischen Handelns zu schmecken bekamen! So wie der Antichrist in Rom den Zorn der göttlichen Gerechtigkeit des Herrn zu spüren bekommen hat!«, brüllte Seawright mit seinem apokalyptischen Glasgower Akzent.
Chief Inspector Brennan verhakte seine Daumen unter den Klettverschluss-Streifen seiner Schutzjacke. »Ich habe Mrs Thatcher gerade gesehen. Wir waren Teil der Ehrengarde am Flughafen, und nachdem sie uns gesagt hat, welch schöner Tag heute sei, hat sie uns allen versichert, dass sie niemals Vereinbarungen mit IRA-Terroristen treffen wird!«
Ein paar der Streikposten jubelten. Seawright schien einzuknicken, und Brennan ergriff die Initiative. »Okay, Jungs, ihr habt euren Spaß gehabt, und nun lasst diese hart arbeitenden Burschen durch, damit sie ihren Job erledigen können!«
»Aye, lasst sie durch!«, rief jemand von hinten.
Ich ging zum ersten Wagen, der an der Streiklinie wartete. Der Fahrer war ein dürrer, nervöser junger Mann mit Taschentuchfetzen auf seinen Rasierschnittwunden.
»Fahr los, Mann, halt nicht an, es wird alles gut«, sagte ich zu ihm.
»Der Wagen gehört meiner Schwiegermutter. Sie flippt aus, wenn die mir die Scheiben einschmeißen.«
»Hab ich nicht gerade gesagt, alles wird gut? Fahr, sonst schmeiß ich dir die verdammten Scheiben ein.«
Er fuhr los, und die anderen folgten ihm. Und damit konnte die
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