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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Frühschicht hinein und die Nachtschicht hinaus, Wärme und Licht und Elektrizität flossen zu den Bürgern von Ulster, und diesmal gingen die Amalekiter siegreich aus der Schlacht.

7 Uhr, Carrickfergus
    Auf dem Revier hörten wir, dass nicht nur einem, sondern gleich zwei Hungerstreikenden die Letzte Ölung gereicht worden war (oder, wie die Protestanten beharrten, die Sterbesakramente).
    Zwei am selben Tag. Himmel. In Erwartung der drohenden massiven Unruhen teilten bereits die ersten Läden und Firmen in Belfast ihren Angestellten mit, sie sollten daheim bleiben.
    Mrs Thatcher hatte einen ganzen Tag eingeplant, doch bereits gegen 8 Uhr 15 wurde sie wieder mit einer Maschine der RAF nach London ausgeflogen, was nur bedeuten konnte, dass die Gerüchte verteufelt wahr waren.
    Ich hielt bis 9 Uhr 15 irgendwie die Augen auf, dann ging ich nach Hause, schaute unter dem BMW nach Bomben und fuhr nach Ballycarry.

10 Uhr 30, Ballycarry
    Eine Kirche auf dem Land, mit Blick auf Larne Lough und Islandmagee und darüber hinaus auf den North Channel und die undeutlichen blauen Umrisse Schottlands.
    Lucy Moores Sarg stand direkt vor dem Taufbecken, an dem sie wahrscheinlich getauft und gefirmt worden war.
    »Lucy Mary Patricia O’Neill«, sagte der Priester. Sie hatten ihr doppelten Schutz geben wollen. Die Mutter Gottes. Und den Schutzheiligen Irlands. Es hatte nichts geholfen.
    Etwa fünfzig Menschen drängten sich in der kleinen Kirche. Ich sah und hörte zu. Betete.
    Der Gottesdienst ging unter Tränen zu Ende. Der Leichenschmaus wurde vier Türen weiter im Harp and Thistle eingenommen. Ich ging hin, holte mir eine Tasse Tee und ein Sandwich und setzte mich abseits.
    Ich wollte mich nicht aufdrängen. Das wäre nicht recht gewesen. Claire, die Schwester, kam ohne mein Zutun zu mir.
    »Sie sind der Polizist?«, fragte sie.
    Ich nickte.
    »Lassen Sie uns draußen reden.«
    Wir gingen um das Pub herum nach hinten. Schafweiden und Larne Lough, der North Channel und wieder Schottland.
    »Ich würde alles für eine Zigarette geben«, sagte sie.
    Ich bot ihr eine von meinen an und gab ihr Feuer.
    Claire war eine dralle, gut aussehende Frau, etwa dreißig, mit dunkelblonden Haaren und Lady-Di-Schnitt.
    Sie zeigte zur Kapelle hinüber. »Wir brauchten einen besonderen Dispens, wegen der Selbstmordgeschichte.«
    Ich wusste, was sie meinte. Wir rauchten und sagten kein Wort.
    »Na los, stellen Sie die Fragen, die Sie schon allen anderen gestellt haben«, forderte sie mich auf.
    »Hat sie sich Ihnen jemals wegen dem Baby anvertraut? Haben Sie ihr versprochen, Ihren Eltern nichts zu sagen?«
    »Nein. Wir standen uns nicht sehr nah. Der große Altersunterschied. Aber trotzdem, so etwas …«
    »Hat sie jemals bei Ihnen angerufen, nachdem sie weggegangen war?«
    »Nein.«
    »Wann haben Sie das letzte Mal von ihr gehört?«
    »Vor etwa einem Monat. Ein kurzer Brief. Eigentlich nur eine Notiz. Im Süden abgestempelt. Ich hab sie mir gesternnoch mal angeschaut. Ein paar andere davor. Es steht eigentlich nichts drin, außer dass sie noch lebt.«
    »Hat sie nie erwähnt, dass sie schwanger war?«
    »Nicht ein einziges Mal. Ich kann es immer noch nicht fassen.«
    »Sie war tatsächlich schwanger gewesen. Und sie hat das Kind zur Welt gebracht.«
    »Aber warum? Warum hat sie sich dann umgebracht?«, fragte Claire.
    »Ich weiß es nicht. Ich würde gern mal die Briefe sehen, vor allem die späteren. Wenn Sie wieder in Dublin sind, könnten Sie sie mir dann an die Carrickfergus RUC schicken?«
    »Natürlich … aber ich glaube nicht, dass die Ihnen was nützen. Es war nichts Merkwürdiges an ihnen. Außer natürlich, dass die ganze Geschichte merkwürdig war. Weglaufen. Sich in die Republik absetzen. Und warum hat sie nicht erwähnt, dass was im Busch war? Noch nicht mal mir gegenüber, ihrer Schwester?«
    »Weil sie wusste, dass sie das Baby weggeben musste. Sie wollte keine Abtreibung, aber aus irgendeinem Grund konnte sie das Kind nicht behalten.«
    »Aus welchem denn?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Wir rauchten zu Ende.
    Unter uns auf der Irischen See tuckerte ein Tanker aus Lane Harbour in Richtung Glasgow davon und zog einen scharlachroten Streifen Dreck hinter sich her.
    »Hat sie je von Labyrinthen gesprochen?«
    »Von Labyrinthen? Nein.«
    »Oper? Rossini, Offenbach?«
    »Nein.« Sie sah mich an und lächelte ein wenig. »Sie glauben nicht, dass sie sich umgebracht hat, richtig?«
    Ich dachte sehr lange über meine Antwort nach.
    »Nein«,

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