Der Katzenelf (German Edition)
voneinander.
„Komm geliebte Isa“, sagte Taras und nahm ihre kleine Hand in seine große sehnige. „Wir müssen nun eine weitere Aufgabe erfüllen!“
Und wieder schwangen sie sich in den Himmel und flogen weg von dem großen See, über die nächste Gebirgskette.
Isa schrie erstaunt auf, als sie sah, dass hinter den wohlvertrauten schiefergrauen Felsen und den schneebedeckten Gipfeln, plötzlich ein rotes Land vor ihnen lag. Berge, Straßen, Wiesen, Täler und Hügel schimmerten in abgestuften Rottönen von Scharlach bis Dunkelviolett.
Taras legte seinen Arm um ihre Hüfte und sie schwebten Seite an Seite einer purpurnen Sonne entgegen. Während sie sich noch behaglich an Taras schmiegte und die rotvioletten Berge bewunderte, verdüsterte plötzlich eine große scharlachrote Wolke das Licht.
Hunderte von riesigen Roten Drachen mit rollenden gelben Augen und Feuer speienden Mäulern mit lodernden Nüstern und furchterregenden, riesigen Schwingen, flogen auf sie zu. Sie bildeten einen Ring um sie und kreisten sie bedrohlich ein. Noch bevor sie angstvoll schreien konnte, krallte Taras seinen anderen Arm um ihre Taille und rief: „Nach unten, lass dich fallen!“ Und sie schossen, sich eng aneinanderklammernd, wie eine Rakete aus dem roten Himmel heraus, auf den weit unten liegenden grauen Felsen zu.
Die Drachen folgten ihnen nicht, sondern standen über ihnen am purpurroten Himmel. Sie schlugen leicht mit ihren Flügeln wie lauernde Raubvögel die Beute gesichtet hatten.
Taras segelte mit ihr über den Felsen und dann fielen sie in eine enge Schlucht tiefer und tiefer. Die Drachen waren fort, statt ihnen bedeckten dicke Wolken einen bleigrauen Himmel und es roch nach Regen.
Sanft landeten sie auf einem schmalen Felsvorsprung.
Tief unter ihnen war eine enge Klamm mit einem silbernen Wasserfall aus dem ein rauer Gebirgsbach toste, der mit zornigem Gebrüll, Steine, Geröll und Äste mit sich riss.
Taras legte sich auf den Bauch und robbte vorsichtig nach vorne. Sie tat es ihm gleich. Es war eine steile hohe Schlucht, an deren Wänden sich kleine Felsenplateaus untereinander wie Balkone schmiegten. Auf deren nassen und rutschigen Boden lag noch braunes verwelktes Laub vom vorhergegangenen Herbst, aber es drängten sich bereits frisches grünes Moos und kleine Pflanzen durch.
Unten am Fluss stand ein Mann von kraftvoller sehniger Gestalt mit spitzen Ohren und einem langen, grau wallendem Bart, gekleidet in einen schweren Brustpanzer und bewaffnet mit einem riesigen Schild, beides gefertigt aus grauem, metallisch glänzenden Hämatit. Ein Krieger aus einer fernen Zeit, der Köcher, Pfeile, Lanze und Schwert bei sich trug. Er sah zu ihnen auf und hielt ihnen einen großen hellgelben Stein hin, der wie eine kleine Sonne leuchtete und das Grüngrauschwarz der Schlucht vergoldete. Er rief etwas, doch sie konnte durch das laute Brüllen des Wassers nichts verstehen. Dann wandte er sich traurig ab. Zartgelber Nebel hüllte ihn unten in der Schlucht und sie beide oben auf dem Felsen ein.
Bekümmert fühlte sie, dass der Traum zu Ende ging. „Wann sehe ich dich wieder Taras?“ flüsterte sie und versuchte seine Hand zu erreichen. Doch es war niemand da, sie konnte nichts mehr von ihm erspüren. Seine nach Moos und Lavendel duftende Haut und sein warmer Körper waren fort, nur seine zärtliche Stimme klang weit entfernt aus den gelben Nebelschwaden: „Bald Geliebte, bald!“ Und dann war sie plötzlich alleine, eingehüllt in nachtschwarzes Dunkel und ein kalter Hauch überzog ihren Körper.
Isa erwachte und fand sich in ihrem eigenen Bett wieder.
Durch das geöffnete Fenster drang kalte Luft und mühsam stand sie auf und schloss es. Prinz war noch nicht von seinen nächtlichen Streifzügen zurückgekehrt, nur Wolf lag zusammengerollt am Boden und schnarchte leise vor sich hin.
Der Mond war fort und der Himmel bleiern und schwarzgrau. Die Dämmerung war noch nicht angebrochen, es war noch Nacht. Zitternd vor Trauer und Kälte kroch Isa wieder in ihr warmes Bett zurück.
Rubina stand im Erkerfenster ihres Salons und starrte über das Tal. Wie magisch angezogen, wanderte ihr Blick wieder und wieder zu dem kleinen Haus am See. Sie nahm ihr Fernglas und versuchte das Gebäude näher zu betrachten. Die Fenster waren alle geschlossen und sie sah niemanden. Voller Neugier beobachtete sie durch dieses Glas fast täglich die Menschenfrau. Seit sie Benno als Geliebten hatte, gefiel ihr das Leben hier bei den
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