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Der Kaufmann von Lippstadt

Der Kaufmann von Lippstadt

Titel: Der Kaufmann von Lippstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Maria Fust
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und Athene, hier links sehen Sie Ares, geflügelte Genien, Amor und Nymphen. Auf der Rückseite sehen Sie eine Dame mit Amor. 74 Paris soll ja von Zeus beauftragt gewesen sein, zu urteilen, für welche der streitenden Göttinnen der goldene Apfel mit der Aufschrift ›Für die Schönste‹ bestimmt war. Diesen Zankapfel hatte die Göttin der Zwietracht – Eris – in eine Hochzeitsgesellschaft geworfen, aus Ärger, weil sie nicht eingeladen war. Hera bot Paris die Herrschaft über die Welt, Athene bot ihm Weisheit an, aber gewählt hat Paris die Liebe der schönsten Frau, wie Aphrodite sie ihm versprochen hat. Doch die schönste Frau – Helena – war bereits verheiratet mit Menelaos, dem König von Sparta. Und so wurde Helena geraubt, und der Trojanische Krieg brach aus.«
    »Was für eine reizende Geschichte«, freut sich Johanna Overkamp. »Die Farben sind so kräftig, und das Gold, einfach entzückend! Was meinen Sie?«, fragt sie ihren Gemahl.
    »Hm«, macht dieser.
    »Madame, dieses hübsche und aussagestarke Motiv ist auf Schwanenhaut gemalt«, erklärt der Händler. »Die Stäbe sind aus Elfenbein, teils mit Perlmutt hinterlegt. Sehen Sie, wie fein sie geschnitzt sind!« 75
    »Ganz wundervoll!«, schwärmt Johanna. »Lieber Ferdi, bitte kaufen Sie mir diesen Faltfächer. Bitte!«
    Ferdinand Overkamp erwirbt für seine Gemahlin nicht nur die gewünschte Haubenschachtel und den Faltfächer, sondern auch noch einen silbernen Handspiegel, zwei neue Flohfallen und zwölf Perlmuttkämmchen, damit sie sich immer hübsch putzen kann. Johanna Overkamp ist unersättlich. Das reiche Angebot an Waren weckt bei ihr, wie bei allen Lippstädtern, Begehrlichkeiten.
    »Für den Winter brauche ich noch eine Enveloppe, einen Überwurf, damit ich nicht friere«, ergänzt sie ihre Wünsche.
    Bei jedem Kauf graust es Ferdinand Overkamp mehr. Sein Geldbeutel wird immer leichter. Sein Herz immer schwerer. Das nimmt kein gutes Ende!, befürchtet er. Auch seinen Plan, Caspar Engerling zu hängen, hat er noch nicht weiterverfolgt. Das Problem muss ich dringend lösen, schießt es ihm immer wieder durch den Kopf.
    »Ferdinand!«, ruft Johanna freudig aus. »Sehen Sie nur, dieser Kronleuchter. Wie wundervoll. Bitte kaufen Sie ihn für uns. Er würde in unsere gute Stube auf das Vorzüglichste passen. Der alte wirkt so ärmlich.«
    »Nein, jetzt ist es genug. Ich begleite Sie nach Hause«, beendet Ferdinand Overkamp den Jahrmarktsbesuch seiner Gemahlin.
    »Ferdinand! Bitte. Oder lassen Sie uns wenigstens noch einen Moment dem Tanzbären zuschauen. Er ist so possierlich«, fleht Johanna. »Ich würde auch so gerne noch einmal am Glücksrad drehen. Dort drüben, bei diesem zahnlosen Weib.«

    »Herr Christ, erbarme dich meiner!«, fleht Overkamp ganz leise, als er die Tür seines Kontors hinter sich geschlossen hat. »Jetzt habe ich keinen einzigen Taler mehr. Allein das Meißener Porzellan hat ein Vermögen gekostet.« Ein paar Lippstädter schulden ihm noch Geld, die offenen Rechnungen liegen in seiner Schublade. Insgesamt 8 Reichstaler und 19 Mariengroschen. Mit Wucht knallt Overkamp die Lade zu – Köpners toter Körper schlägt auf die Granatenkiste. 8 Reichstaler. Acht! Und Ferdinand Overkamp muss die Rechnung des Schneiders für die neuen Kleider noch bezahlen: ein vollständiges Manns-Kleid mit Silberbesatz: 2 Reichstaler und 27 Mariengroschen, ein ordinäres Manns-Kleid mit Weste und Beinkleidern: 2 Reichstaler, eine vollständige Livree: 1 Reichstaler und 24 Mariengroschen und noch viel mehr. Die große vollständige Schnürbrust mit Zubehör für sein Weib kostet allein 6 Reichstaler! Hinzu kommen die Kinderkleidung und das Reisekleid für Elisabeth: 19 Reichstaler und 24 Mariengroschen will der Schneider haben. Der Schuster – selbstredend nicht Engerling – verlangt für die neuen Manns-Stiefel von Englischem Leder 6 Reichstaler. 76
    Um seinem Besucher Hinrich Jost Matthiesen zu imponieren, hatte Overkamp für die ganze Familie neue Kleider und Schuhe anfertigen lassen. Das waren noch bessere Zeiten gewesen, als es Ferdinand Overkamp nicht in den Sinn gekommen war, die Waren nicht bezahlen zu können. Doch nun? Overkamp kann es nicht glauben. Wie schnell auch ein erfolgreicher Kaufmann wie er zahlungsunfähig werden kann. Für heute gibt er Johanna die Schuld. Sie hatte sich dem Kaufrausch hingegeben und verlangte immer mehr. Handspiegel. Haubenschachtel. Dieser Faltfächer mit den mythologischen Darstellungen. Und

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