Der Kaufmann von Lippstadt
von Lippstadt . 1788. [1973]. S. 262.
93 Möller: Alte Nachrichten von Lippstadt . 1788. [1973]. S. 262.
94 Möller: Alte Nachrichten von Lippstadt . 1788. [1973]. S. 262.
95 Möller: Alte Nachrichten von Lippstadt . 1788. [1973]. S. 262.
27ter November 1764
Nach dem Frühstück hat sich Ferdinand Overkamp unverzüglich in sein Kontor begeben. Verdrießlich blickt er nun auf seine Unterlagen und überlegt, welches Vorgehen das richtige sei. Seit gestern weiß nun ganz Lippstadt, dass ihm, dem angesehenen und erfolgreichen Kaufmann, das Geld ausgegangen ist. Pedell Strenger hat es in der ganzen Stadt herumposaunt; auf Geheiß des Magistrats ist er wie üblich durch die Straßen und Gassen Lippstadts gegangen, hat hie und da an Türen geklopft und die Lippstädter davon in Kenntnis gesetzt, dass Ferdinand Overkamp sein Land am Wein Garten verkaufe, verkaufen müsse, um seine Schulden zu begleichen. Es sind für Ferdinand Overkamp ganz unangenehme Nachmittagsstunden gewesen, von denen noch zwei folgen werden, denn solcherlei Angelegenheiten werden immer drei Mal verkündet. So hat auch seine Gemahlin Johanna von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihres Mannes erfahren. Heute Morgen steht es nun zum ersten Mal in der › Lippstädtischen Zeitung ‹. Auch hier werden noch zwei Benachrichtigungen folgen.
Avertissement.
Zur Bezalung der Gläubiger wird Ferdinand Overkamp unter Assistenz de s Magistrat s einen Morgen Land im Wein Garten den 11ten December, 17ten und 21ten December feil bieten und in letzteren Termin zuschlagen. Creditore s müssen sich längsten s den 11ten melden, und ihre Bezalung gewärtigen. Lippstadt am Rathause den 10ten December 1764.
Migistratu s regen s . 96
Ferdinand Overkamp ahnt bereits, dass der Verkauf des Wein Gartens nicht ausreichen wird. Engerling stellt immer mehr Forderungen und macht keinen Hehl daraus, alles, wahrhaft alles zu wollen. Overkamp fragte vor ein paar Tagen, wie er, Engerling, in Lippstadt erklären wolle, warum er immer mehr Geld und Waren von ihm, Overkamp, bekomme, ohne selbst ins Gerede zu geraten. Natürlich sei ein Mord strafbar, und falsch sei es auch gewesen, das wäre ihm, Overkamp, bewusst. Doch Erpressung sei ebenfalls ein Delikt, welches geahndet würde. Beide würden sie untergehen.
Engerling ist zwar nur ein armer Schuster, doch er ist weder dumm noch auf den Mund gefallen. »Sie werden Spielschulden bei mir haben. Und damit sich das in Lippstadt herumspricht, werden wir von Zeit zu Zeit im ›Goldenen Hahn‹ beisammensitzen und Karten spielen. Ich gewinne, Sie verlieren. Niemand wird es wagen, an Ihrem Worte zu zweifeln. Sie sagen, Sie spielen zu viel und zu schlecht. Sie können mein Spiel gar nicht gewinnen. Entweder Sie verraten meinen Plan, dann lasse ich Sie als Köpners Mörder auffliegen, Sie werden verurteilt und verlieren alles. Auch Ihr Leben, Ihren Kopf, zack und ab.« Mit einer Handbewegung deutet Engerling das Köpfen an, denn Mörder werden immer geköpft. »Das ist dann ähnlich dem, was Sie dem Köpner angetan haben. Köpners Kopf muss auch beinahe abgeschlagen gewesen sein. Also: Entweder Sie werden als Spatenmörder in der Stadt bekannt, oder Sie geben mir die Summen, die ich beim Spiel gegen Sie gewinne. Dann verlieren Sie ebenfalls alles, werden aber nicht als Mörder angeklagt.« Auf Engerlings Gesicht mischen sich Verachtung für Ferdinand Overkamp und Freude über seine eigene Gerissenheit. Er, Engerling, wird alles bekommen und es zu Ansehen und Ehre in Lippstadt bringen.
Ferdinand Overkamp fragt sich immer öfter, wie er sich so hat verstricken können. Im Eifer des Gefechtes war ihm das Explodieren des Pulverschuppens als gute Lösung erschienen, um seiner Sorgen ledig zu werden – und abgesehen von den Verwüstungen in der Stadt schien es anfangs so, als ginge diese Rechnung auf. Doch dann kam Köpner und stellte Forderungen. Geringe nur im Vergleich zu Engerling, der ihm nun das Leben schwer macht. Ich bin kein gerissener Mörder, denkt Overkamp oft voller Gram. Diese Erkenntnis stimmt ihn verzweifelt und dennoch freudig. Segen und Fluch zugleich. Zu wenig umsichtig und zu dünnhäutig ist er. Bei geschlossenen Lidern sieht er den Spaten in Köpners Hals stecken. An den Händen, so glaubt er, könne er noch das durch die Finger rinnende warme Blut fühlen. Des Nächtens wacht er schweißgebadet auf, weil er im Traum den Aufschlag von Köpner auf die Granatenkiste gehört zu haben glaubt. Er hat einem Mann seinen
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