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Der Kaufmann von Lippstadt

Der Kaufmann von Lippstadt

Titel: Der Kaufmann von Lippstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Maria Fust
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Gegenwart zurück.
    »Äh, ja. Hast du etwas gesagt?«, fragt Oliver, der noch nicht ganz aus seiner Fantasiewelt zurückgekehrt ist. Was für ein Tag, denkt er.
    »Was du jetzt vorhast, wollte ich wissen«, fragt Annika erneut.
    »Erzähle ich dir gleich in Ruhe.«
    Nachdem sie Essen und Getränke im ›Alten Brauhaus‹ bestellt haben, kommt Oliver auf ihre Frage zurück.
    »Also, ich bin jetzt Eigentümer des Overkamp’schen Hauses, Kirchgasse 2. Das fühlt sich noch total irreal an. Ich kann es selbst kaum glauben. Und weißt du, was mich am allermeisten erstaunt?«
    Annika schüttelt den Kopf.
    »Dass ich mir wirklich vorstellen kann, nach meinem Studium nach Lippstadt zu ziehen. Ich liebe Lippstadt – und dich«, sagt Oliver und blickt Annika in die Augen.
    »Ich dich auch«, erwidert sie leise und nimmt seine Hand. »Wie geht das denn jetzt mit dem Engerling weiter? Den musst du doch loswerden!«
    »Du, vielleicht ist es dem Overkamp damals genauso ergangen. Vielleicht wollte oder musste er den Engerling seinerzeit loswerden wie ich den jetzigen, und Overkamp hat den Engerling umgebracht«, überlegt Oliver. »Aber keine Sorge, ich bringe niemanden um!«
    »Overkamp kann den Engerling nicht ermordet haben, denn es hat doch auch noch später einen Engerling gegeben. Ich meine den, der in diesem Buch steht. Diese ›Alten Geschichten‹. 116 Der irgendetwas gespendet hat. Und die Sache mit den Ländereien. Die gehörten doch einem Engerling. Das steht meines Wissens in dem Festungsbuch 117 , oder irre ich mich jetzt? Ich glaube nicht, dass dein Overkamp einen Engerling umgebracht hat«, meint Annika. »Geht ja auch gar nicht. Er hat ja länger gelebt, als dein Overkamp in Lippstadt war.«
    »Dann hat er irgendjemand anderen umgebracht. ›Ich bin ein Mörder, aber kein Spieler‹, hat er ja selbst gesagt«, zitiert Oliver Overkamp.
    »Wahrscheinlich wirst du es nie erfahren. Also, was hast du jetzt vor – du hier in der Gegenwart, 2010?«, fragt Annika noch einmal.
    »Okay, Spaß beiseite: Seit heute Morgen, genau genommen, seit dem Augenblick, als ich den Zuschlag bekommen habe, bin ich der Eigentümer des Overkamp’schen Hauses. Acht Wochen haben Engerling und seine Frau nun Zeit, sich eine neue Wohnung oder so zu besorgen. Am 10. November müssen sie raus sein. Für diese acht Wochen müssen sie so eine Art Miete an mich zahlen. ›Nutzungsentschädigung‹ nannte der Rechtspfleger das. Cool, oder?«, findet Oliver.
    »Und dann?«
    »Ich werde wohl vermieten. Das Haus liegt in Top-Lage, da wird sich schon jemand finden. Vielleicht muss ich erst renovieren. Keine Ahnung, ich war ja noch nicht drin«, erklärt Oliver.
    »Wie? Du warst nicht drin?«, fragt Annika ungläubig.
    »Nein, das geht nur, wenn der Engerling das erlaubt. Hat er aber nicht. Der Engerling hat dem vor der Versteigerung nicht zugestimmt, und jetzt, wo es mein Haus ist, wird er es erst recht nicht zulassen. Er hat mich zu seinem Feindbild erkoren, dabei müsste es eigentlich anders herum sein. Es war schließlich ein Engerling, der dem Overkamp alles abgenommen hat. Aber das weiß ja dieser Blödmann nicht.«
    »Und du weißt immer noch nicht, wie es zu dieser ›Übernahme‹ gekommen ist, oder?«, hakt Annika nach.
    »Nein, es wurde alles versteigert, das habe ich dir ja erzählt, aber warum der Overkamp alles verloren hat, weiß ich nicht. ›Ich bin ein Mörder, aber kein Spieler‹, hat er gesagt. Ein Mörder. Mein Gott! Vielleicht wurde er erpresst?«, überlegt Oliver.
    »Ja, vielleicht. Aber der Engerling war ein Spieler. Der hat Haus und Hof verzockt.«
    »Du meinst den heutigen Engerling? Ja, zum Glück. Mir scheint, das hier ist etwas ganz Großes. Nicht nur, dass ich ein Haus habe, nein, ich habe das Haus. Das Overkamp’sche Haus«, freut sich Oliver und kann es noch immer nicht fassen.
    Während des Essens hängen beide ein bisschen ihren Gedanken nach. Oliver malt sich aus, wie das Leben in Lippstadt werden könnte, wie er aus dem Fenster der Bel Etage immer auf die Große Marienkirche schauen würde, welche Art Geschäft gut in das Ladenlokal im Erdgeschoss passe und wovon er überhaupt leben solle. Wenn er sich sputen würde, könnte er in zwei Semestern an der Uni Lübeck seinen Bachelor machen, und wenn es gut läuft, könnte er in Lippstadt an der HSHL 118 vielleicht seinen Master in Biomedizinischer Informatik machen. Er musste sich da unbedingt drum kümmern. Gibt es das überhaupt in Lippstadt? … Wie er je

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