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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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einflussreich wie sie nicht offen vorzugehen gewagt hatte? Dass jemand wie sie nach einer solchen Befreiung tatsächlich um sein Leben fürchtete? Was für eine Macht hatte dann die Loge des Einen Weges wirklich unter der Oberfläche?
    „Sie wollen also tatsächlich in meinem unkonventionell zusammengeschusterten Heerhaufen Zuflucht suchen?“
    Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen und gespitztem Mund an.
    „Wer würde mich denn ausgerechnet dort schon vermuten?“
    „Für so etwas ist jetzt keine Zeit. Wir müssen hier fort“, kam die Stimme von Schwert aus Aurics Rücken. „Schnell, legen Sie das Geschirr zum Abseilen an, Vikarin. Morante, helfen Sie ihr … Nein, Dolch, hilf du ihr dabei.“
    Eine der Kutten trat an Auric vorbei – der sich beeilte, Maske und Kapuze wieder anzulegen – und streckte der Vikarin ein Gurtgeschirr entgegen, in das sie mit ihren Armen schlüpfte. Nachdem er Schnallen und Gurte justiert hatte, schob er sie rasch zum Fenster, brachte dort den zum Geschirr gehörigen Rollenzug an. Ohne Zögern stieg Berunian über die Fensterbank nach draußen. Durch ein Seil gesichert oder nicht, für einen Zivilisten und Politiker, zeigte sich die Vikarin erstaunlich kaltblütig, das musste Auric zugeben. Eine Kutte folgte, die andere schickte sich an, die Vikarin abzuseilen, als ein Klopfen an der Tür erklang.  
    Auric schreckte herum. Die Kutten wandten ebenfalls die Köpfe, kurz nur, die eine Kutte beschleunigte ihr Abseilen. Schwert stupste Auric an, wies wortlos zum Fenster. Das zweite, freie Seil. Ich soll zusammen mit der Vikarin als erstes hinab. Er war ihrer Obhut anvertraut, rief er sich diese ungewohnte Tatsache ins Gedächtnis, ein General der Idirischen Armee. Bei diesem Unternehmen hafteten sie für die Sicherheit dieses Außenseiters, der eine wichtige Persönlichkeit war.
    Er war schon draußen und hing am Seil, als er aus dem Zimmer, in dem die Vikarin festgesetzt worden war, erneutes Klopfen an der Tür hörte. Er löste seine Füße von der Hauswand, ließ das Seil gerade so schnell, dass es nicht zu einem unkontrollierten Sturz wurde, durch seine behandschuhten Finger gleiten, sah den Schatten unter sich, kam fast gleichzeitig mit der Vikarin am Boden auf. Die beiden hier unten verbliebenen Kutten nahmen sie in ihre Mitte.
    Er blickte hoch, sah Schwert und die letzte Kutte sich aus dem Fenster schwingen, gerade in dem Moment, in dem von drinnen der Lärm von Stimmen erklang. Mehr Licht flammte im Inneren des Raumes auf, ein Kopf schoss aus dem Fenster. Der Mann brüllte „Wachen!“, und gleichzeitig sah Auric in seinen Händen das Aufblitzen einer Klinge, mit der er auf die Seile der Herabkletternden einsäbelte.
    Auf halber Höhe abgeseilt, ließen die beiden Kutten ihre Seile los und sprangen herab. Er sah sie, zwei Schatten gleich, den Boden berühren und sich in einer fließenden Bewegung abrollen.
    Oben erhob sich mehr Gebrüll, man rief nach Wachen. Man sah das Flackern von Flammen die Reihen der schartenähnlichen Fenster entlang springen. Das Gebäude erwachte aus seiner Stille und immer mehr Lichter wurden angezündet.
    In ihrer Beleuchtung erhaschte Auric über die sanfte Kuppe des Rasens den Blick auf verhuschte, auf sie zu rennende Gestalten, welche die Rufe aus dem Haus beantworteten. Irgendwo im in der Dunkelheit undurchdringlichen Hintergrund erhob sich Lärm. Er kam wahrscheinlich vom Torhaus her, dessen Licht für sie von Bäumen und Büschen verdeckt wurde.  
    „Morante, Berunian, alle beieinander bleiben“, rief Schwert ihnen zu und rannte schon über den Rasen los. Auric folgte ihm und den anderen, die ebenfalls in diese Richtung eilten, wobei einer nah bei der Vikarin blieb, sie mit sich zog.
    Licht flammte jetzt auch aus der vermuteten Richtung des Torhauses her auf, verschiedene, sich bewegende Lichtquellen gefiltert von Laubwerk.
    Überall um sie herum sah er die Gestalten von Wachen sich aus der Dunkelheit herausschälen und sich ihnen rasch nähern. Eine der Kutten zog im Laufen ihre Kompakt-Armbrust hervor, dann etwas anderes Kleineres, ließ es deutlich vernehmbar einklacken. Er hörte das dumpf peitschende Tunk! einer Armbrustsehne, hörte einen Schrei aus der Dunkelheit, sah eine der Gestalten stürzen. Dann ein zweites Tunk! . Von der gleichen Armbrust. Ein zurückschnellender Schemen in der Nacht markierte einen weiteren Treffer. Eine tragbare Repetierwaffe? Die Kutte war voller Überraschungen.
    Von der Seite kam ein dunkler,

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