Der Keil des Himmels
klapperten in seinem Rücken gegen Mauerwerk.
Eine Weile galoppierten sie so in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Vorstadtstraßen dahin, und kein Langsamerwerden, kein Befehl zum Nachlassen der Flucht, zum Schonen der Pferde gab das Zeichen dafür, dass ihre Verfolger in ihrer Jagd nachließen. Innerhalb ihrer Gruppe, abgeschirmt an ihrer Spitze, konnte er wenig von ihnen sehen, doch jedesmal, wenn er zurückblickte glaubte er das tanzende Huschen von in die Farben des Einen Weges Gewandeten auf Pferderücken zu erkennen. Die Rufe ihrer Verfolger drangen unablässig an sein Ohr. Immer wieder hörte er das Klappern von Pfeilen, aber kein Schrei oder anderes Anzeichen deutete darauf hin, dass einer aus ihrer Gruppe ernsthaft getroffen worden war. Der Loge des Einen Weges war es anscheinend todernst damit, sich mit der Kutte anzulegen. Passanten sprangen ihnen panisch aus dem Weg und pressten sich gegen Häuserwände; sie kamen jetzt in belebtere Bereiche. Ihre Verfolger schien das nicht zu stören: Der Eine Weg trug seine Kriegsansage geradewegs unter Zeugen.
Sie mussten sich auf dem letzten Viertel ihres Rückwegs zum Quartier der Kutte befinden, als er am Pferdehals vorbei, zwischen den Reitern an der Spitze ihrer Hatz hindurch, flackerndes Licht, wie von Fackeln her, entdeckte. Durch das heftige Schwanken des Reitens erkannte er erst, als sie sich schon ziemlich weit genähert hatten, klarer, dass sich dort vor ihnen tatsächlich Menschen mit Fackeln befanden. Es schien, als bildete eine Menge von Menschen eine Barriere quer über die Straße.
„Was ist das?“, hörte er Rufe von der Kutte, die vor ihm galoppierte.
Jetzt sah Auric im Fackellicht die Helligkeit der Gewänder.
„Ein Ordenshaus des Einen Weges! Dort vorn ist eines!“, hörte er von seiner Seite her die Stimme von Schwert, blickte hinüber und sah ihn aufschließen.
Das von Schwert bezeichnete Ordenshaus war deutlich vor ihnen erkennbar. Es war eines jener altertümlich strengen post-klassischen Gebäude. Doch im Gegensatz zu den anderen Häusern ringsum waren alle seine schmalen, schartenartigen Fenster hell erleuchtet.
„Was tun? Sie blockieren die Straße!“
„Hindurch! Wer sich uns entgegenstellt wird niedergeritten!“
Schwert trieb sein Pferd an ihnen vorbei, und Auric drängte sein eigenes Reittier vorwärts, hängte sich an ihn an.
Anhänger des Einen Weges versuchten ihnen den Weg zu verstellen? Wie konnten sie von ihnen erfahren haben? Gab es tatsächlich ein Spinnennetz unterirdischer Verbindungen, wie es ihm vor einige Zeit in einem Moment ausufernder Phantasie erschienen war? Doch selbst dann konnte niemand die Entfernung zwischen der Villenfestung des Einen Weges und diesem Ordenshaus schneller überwunden haben als sie auf ihren galoppierenden Pferden. Oder es gab andere Alarmsysteme, etwa mit Glockenzügen oder anderen Signalen? Unwahrscheinlich. Offensichtlich wusste auch der Eine Weg viele Dinge und war an vielen Orten, nicht nur die Kutte. Woher nahm der Eine Weg nur die Unverfrorenheit sich so offen gegen eine anscheinend unantastbare Organisation des Idirischen Staates zu stellen? Ein Gedanke schoss in Auric hoch: Hatten sie sich vielleicht über Senphoren verständigt? Unmöglich. Senphoren waren eine strenge Gilde, die eng an den idirischen Staat angeschlossen einer strengen Kontrolle unterlag. Senphoren würden sich doch nicht für gegen den idirischen Staat gerichtete Aktionen hergeben? Damit würden sie sich selber die Existenzgrundlage entziehen.
Sie kamen jetzt auf fünfzig Meter heran, konnten jetzt Einzelne in der Menschenbarriere erkennen. Auric zog sein Kurzschwert, folgte damit dem Beispiel der Kutten. Die Menschen vor ihnen schwenkten wild und drohend ihre Fackeln, hauptsächlich wohl um ihre Pferde scheuen zu lassen. Einige von ihnen trugen sogar Waffen.
Die Kutten trieben ihre Tiere hart und unerbittlich auf die Menschenkette zu, und Auric bewunderte die Disziplin ihrer Ausbildung, die sie keinen Moment lang scheuen, stattdessen blind dem Willen ihrer Reiter gehorchen ließ. Andere Pferde hätten vor der Barriere aus wild tanzenden Feuern gezögert. Auric war mit Schwert fast an der Spitze, sah die Menschenbarriere näher kommen, konnte im Feuerschein erste Gesichter erkennen, hoffte, dass sie endlich auswichen, endlich zur Seite flüchteten. Doch die Menge schien mit den Ketten eines fanatischen Willens miteinander verwoben. Dann war er heran, trieb sein Pferd in den
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