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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Person einen gewissen Symbolwert hat oder ihr zur Maxime wird, in seiner Tasche zu bewahren und ständig bei sich zu führen.“
    „Vielleicht ist es gar nicht so überraschend, dass es ausgerechnet ihre sich so rational gebende Lehre ist, die zur Magie findet“, kam es Auric in den Sinn. „Unter all dem Beschwören der Dominanz von Logos und Vernunft scheint doch etwas zutiefst Abergläubisches zu liegen.“ Er grinste sie an. „Das sagt ihnen der Barbar aus dem Norden.“
    Ihre Unterhaltung wandte sich wieder anderen Themen zu. Trotzdem kehrten in dem schummrig engen, holzumschlossenen Raum, den es unter dem Licht einer unsteten, blakenden Laterne, umfangen vom Wüten von See und Wind, schwankend umher warf, Aurics Gedanken immer wieder zu jenem Geräusch zurück, einem Klappern, einem Klackern in der Tasche eines Mantels. Es rührte an etwas, was sich in Schatten zaghaft regte. Noch dem Blick entzogen. Bohrend und scheu durchnervt, ein Tier mit Fluchtreflex.
    Irgendetwas. Irgendetwas.

    „Weil ich nicht aufgrund von vagen Gerüchten und Befürchtungen zur Hysterie aufrufen will. Weil etwas Substanzloses substanzlos bleiben sollte, und ich ihm keine Macht geben will.“
    „Sie geben also zu, dass da mehr ist, als Sie der Kutte verraten haben?“
    Schließlich hatte ihn die Geduld verlassen und er hatte sie direkt darauf angesprochen.
    „Da ist immer mehr. Da sind die Phantome und Gespenster, die durch meine Seele ziehen. Aber die haben nichts mit dem zu tun, was die Kutte von mir will. Der Kutte will Fakten.“
    „Ich bin nicht die Kutte“, erwiderte er und lehnte sich weit über die Reling ganz vorne am Bug, dort, wo sie unter dem Brausen des Windes niemand anders hören konnte. „Bei mir müssen sie nicht fürchten, dass ich als Konsequenz bloßer Gedankenspielerei ihre Befürchtungen postwendend in handfeste Maßnahmen umsetze.“
    „Nein“, entgegnete Berunian, hob ihm spitz ihr Kinn entgegen und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen musternd von oben herab an. „Sie sind ein Valgare aus dem Norden, die Schachfigur unserer Gegner, ein Emporkömmling aus den Reihen des Militärs, der für das Prinzip des Beamtenoffizierstum und all die Grundsätze, für die ich und meine Partei eintreten, eine ernste Gefahr darstellt.“
    „Wenn mein Feldzug ein Erfolg wird.“
    „Ich bitte Sie, General Morante. Der Erfolg ihres Feldzugs galt von Anfang an als sicher.“

    Der Erfolg ihres Feldzugs galt von Anfang an als sicher.
    So hatte sie nicht im Parlament gesprochen.
    So hatte sie nicht vor dem Anschlag gesprochen.
    Der Erfolg seiner Mission galt als sicher.
    Vom weiten Zirkel einer behäbig wogenden See umgeben, unter von innerem gelblichen Schwelen erfüllten, auf ihrer Unterseite dagegen vom Tiefenglühen des Meeres blau, und grau druchstrukturierten Wolken, die zu einer bauchigen Decke zusammengeschoben über den Himmel rollten, kam ihm die Erkenntnis.
    Der Erfolg seines Feldzuges galt als sicher: Das war die gemeinsame Prämisse, die hinter all den Theorien zu den Motiven des Anschlags auf ihn stand. Egal ob man von Genarion als Einzeltäter ausging oder eine Gruppierung als Drahtzieher hinter dem Attentat vermutete.
    Nach dem Anschlag auf ihn hatten sie nicht mehr wagen dürfen anders zu reden, wollten sie sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben.
    Man hatte im Gefolge des Anschlags auf ihn die Forderung fahren lassen, einen Teil der Vierten Armee für den Fall seines Scheiterns hinter den Drachenrücken in Stellung zu bringen. Diese Forderung wäre nicht mehr glaubwürdig erschienen. Warum?
    Wegen des Anschlags. Weil er die Aufmerksamkeit darauf lenkte und für jeden deutlich sichtbar dem Blick preisgab, was danach als Fakt gelten musste: Der Erfolg seines Feldzugs galt als sicher. Weil der Verdacht der Täterschaft in eine Richtung gelenkt worden war, in der die sich aufdrängenden Motive genau diese Annahme wie mit brennender Schrift buchstabiert an die Wand warfen: Es ging darum, die Früchte einer sicheren Unternehmung zu ernten und zum eigenen Vorteil zu nutzen.
    Ein Attentäter der bei dem Attentat einen von seinem angeblichen Auftraggeber unterzeichneten Brief in der Tasche bei sich führt. Was für ein überdeutliches Zeichen. Was für ein gewaltiger, glücklicher Zufall. Zu gut, um tatsächlich ein Zufall zu sein. Hier war ihre Aufmerksamkeit gezielt auf etwas hingelenkt worden. Ihn und Silgenja hatte Genarion von seiner Unschuld überzeugt, aber er stand noch immer unter Hausarrest, weil es

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