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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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keine ihn entlastenden Beweise gab, die Unschuldsvermutung nicht durch Fakten zu unterfüttern war. Also musste er für die Öffentlichkeit noch immer als Verdächtiger gelten. Auch für die Parlamentarier, die daraufhin die Forderung nach der Umverlegung von Teilen der Dritten zurückzogen.
    Außerdem: Jemand hatte gezielt die Information, dass Genarion unter Verdacht stand, in die Öffentlichkeit sickern lassen – eine Information, über die eigentlich bis dahin nur die Kutte hätte verfügen sollen. Wenn es nicht die Kutte selber gewesen war, die diese gezielte Indiskretion zu verantworten hatte, dann konnten die Informationen nur von einer einzigen anderen Seite kommen. Von der einzigen Seite, die über die Hintergründe des Anschlags weit besser Bescheid wissen musste als selbst die Kutte. Weil sie es war, die das Attentat selber initiiert hatte. Was konnte es bedeuten, wenn ein Täter selber Informationen über seine Tat ausstreute? Er wollte die Aufmerksamkeit in eine falsche Richtung lenken. Er wollte die Aufmerksamkeit lenken.  
    Die Tat sollte eine Botschaft sein. Genau das.
    Er knetete seine Stirn mit salzfeuchten Händen.
    In seinem Rücken hörte er Keuchen und Waffenklirren, durchbrochen von gelegentlichen Befehlsrufen. Die Fläche des Decks war klein, aber er ließ die Soldaten seines Schwert-Bataillons in kleinen Gruppen antreten, um auch während der Überfahrt ihre gewohnten Waffenübungen zu absolvieren, damit er mit einer aufs Beste durchtrainierten Truppe in Norgond eintraf. Auch die Offiziere auf den anderen Schiffen würden das, seinen Befehlen entsprechend, so halten. Aus Czands Senphoren-Botschaften wusste er ja bereits, dass sein Stab auch auf dem Zug nach Zephrenaic kein Erschlaffen der Trainingsdisziplin einreißen ließ.  
    Aurics gedankenerfüllt schweifender Blick zeigte ihm nichts als Meer und Himmel ringsumher. Jag und Kudai hatte er schon nicht mehr in Baraneum angetroffen. Sie mussten also mittlerweile längst zum Rest seiner Truppen aufgeschlossen haben. Der Süden Norgonds und die Bleiche Küste, an der er einst als Achtzehnjähriger auf dem Weg nach Idirium entlang gereist war, lagen im Osten hinter dem Horizont. Bald würde die südliche Küste Norgonds in Sicht kommen. Er brannte darauf, wieder mit seinem Stab zusammenzutreffen. Es war schon zu lange her, dass er sie alle beieinander gesehen hatte. Es war schon zu lange her, dass er Czand gesehen hatte.
    Wenn man eine Gewalttat beging, um eine bestimmte Sicht auf die Wirklichkeit als Wahrheit zu etablieren, dann war es wahrscheinlich, dass man vom Gegenteil ablenken wollte, dass das Gegenteil dessen, was man glauben machen wollte, tatsächlich den Tatsachen entsprach.
    Die tatsächliche Wahrheit.
    Sein Feldzug war aufs Äußerste gefährdet.  
    Und eine unbekannte Partei arbeitete daran, ihn zu einer vernichtenden Niederlage werden zu lassen.  
    Das war die Wahrheit.
    Nachdem die Botschaft, die der Attentatsversuch gegen ihn vermittelte, angekommen war, hatte man die Forderung aufgegeben, einen Teil der Vierten Armee für den Fall seines Scheiterns hinter den Drachenrücken in Stellung zu bringen.  
    Er sollte keine Unterstützung durch die Dritte in seinem Rücken haben.
    Eine unbekannte Partei arbeitete an seinem Untergang. Und sie wollte dabei absolut sichergehen.
    Was hatte Silgenja, was hatte Kelam gesagt?
    Feinde von außen, Feinde von innen. Und sie hatten damit nicht einmal die Suevaren gemeint, denen eigentlich sein Feldzug galt. Die wahrscheinlich nur für den unbekannten Feind die Arbeit erledigen sollten.
    Vorher hatte er die Möglichkeit verdeckter innerer Feinde lediglich in Erwägung gezogen. Jetzt wusste er, sie waren da.

Die Hallen der Schriften

    Riesige Säulen, die Zahnräder waren, breit wie Türme, hoch wie Türme, die sich in der Tiefe des Raumes, im Blick dorthin, wo man die Decke glaubte, verloren. Blau rauchender Raum dazwischen.
    Jede dieser Strukturen barg von oben bis unten, entlang all ihrer Flächen Regale mit Büchern und Folianten.
    Auric verschlug es den Atem, als er zum ersten Mal die Bibliothek von Himmelsriff betrat.
    Er ging mit Darachel über die Stege und Brücken, die zu den Büchertürmen führten, und sein Blick schweifte hoch, entlang ihrer Fluchten, und fand kein Ende. Mein Gott, dass es so viele Bücher auf der Welt geben sollte. Der Raum war immens, man fühlte sich darin verloren. Die Orientierung verwirrte sich in den Durchblicken durch die endlos verlängerten Säulen

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