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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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suchen. Die kamen aber nicht über seine Zunge, stattdessen vernahm man ein Klackern. Aurics Blick fuhr automatisch zur Quelle des Geräuschs und er sah, dass die Hand des Mannes in der Manteltasche nervös mit irgendetwas herumspielte, so als würden seine Finger dort irgendetwas umherwürfeln.
    Es waren Kenan-Steine gewesen, die da geklappert hatten. Die Finger des Mannes hatten mit den Einzelsteinen eines bestimmten Wurfes gespielt, der für ihn einen gewissen Symbolwert hatte oder ihm zur Maxime geworden war. Dass war damals gewesen, als er im Haus Trevante angeworben war, damals im Saikranon, als sie den Senphoren eskortieren sollten, damit der eine Alarmbotschaft an General Kelam senden konnte.  
    Damals, als sie tief unter dem verlassenen Bauwerk im Saikranon einem Kyprophraigen begegnet waren.
    Da war, als er den Fliehenden in den Nebenraum verfolgte, ein weiterer Mann gewesen, in ähnlichem weißem Gewand wie der erste, auch von ähnlichem Typ wie dieser. Und hinter der nächsten Tür, durch die beide schließlich schließlich geflohen waren, als der Kyprophraig den Raum betrat, hatte sich etwas geregt, ein Huschen, wie von aufgeschreckten Gestalten, fliehend, nicht in seine Richtung hin.  
    Fliehend, weil sie nicht entdeckt werden wollten.  
    In ihren weißen Gewändern.
    – Im Gegensatz zu den anderen Häusern ringsumher waren die schmalen, schartenartigen Fenster des Logenhauses hell erleuchtet gewesen. Eine Menge von Menschen in weißen Gewändern hatte eine Barriere quer über die Straße gebildet. Obwohl die Kutten ihre Tiere hart und unerbittlich auf die Menschenkette zutrieben, schien die Menge mit den Ketten eines fanatischen Willens miteinander verwoben. „Wahnsinn, das ist Wahnsinn“, hörte er Schwert murmeln.
    – Eine geschlossene, diszipliniert aufgestellte Menschenmenge hatte sich am Rande ihres Weges versammelt, als er Jag und Kudai an der Spitze sein Schwert-Bataillons bei ihrem Auszug aus Idirium begleitete. Viele von ihnen in einheitliche weiße Gewänder gekleidet. Den Logos in die Wildnis tragen. Symbole, die Sprache Inaims. Das waren ihre in choralartigen Sprechchören vorgetragenen Schlagworte gewesen.
    „In seinen Symbolen liegt der Schlüssel, wie der Text der Welt umzuschreiben ist“, hatte Vikarin Berunian in Bezug auf das Kenan gesagt, in jenem schummrig engen, holzumschlossenen Raum, umfangen vom Wüten von See und Wind. „Ihn neu zu schreiben und dadurch die Realität zu manipulieren“, hörte er die Kutte Silgenja in seinem Kopf sagen.
    Mit Verwunderung und einem seltsam schwerelosen Gefühl in seinen Eingeweiden war er zwischen Reihen von Stehpulten, von Buchgestellen hindurch gegangen, hatte seine Hände entlang Blättern aufgeschlagener Folianten gleiten lassen, damals auf ihrer Mission im Saikranon, als sie auf den Kyprophraigen getroffen waren. Schließlich hatte er auf eine an der Stirnseite zwischen Buchvitrinen eingerahmte wandgroße Tafel geblickt, über und über mit Schemata und Tabellen in fremdartigem Zeichenskript beschrieben. Gerade Striche, offene und gefüllte Punkte, Kreuze oder Sterne, wenig Haken, wenig Schnörkel. Kreide lag noch schief darunter in einer Griffleiste, als hätte soeben noch jemand das Tafelbild vervollständigt. Der Geruch von Papier und Pergament hing schwer in der Luft.
    – Die letzten der Kutten sprangen gerade von der Mauer zu Boden, als vom Torhaus her erneuter Lärm erscholl und Aurics Befürchtungen bestätigte. Auric hatte hinüber geblickt und gesehen, wie aus dem Torweg Berittene hervor quollen. Die an ihrer Spitze stachen hell aus dem Dunkel der Nacht hervor – durch die weißen Gewänder des Einen Weges, die sie trugen.
    „Zuletzt hat die Vikarin ihr Geheimnis erfahren. Und wir nun auch. Die Loge des Einen Weges betreibt in ihrem Kern eine geheime Schule.“  
    Ein Schulraum mit einer Tafel an der Stirnseite, wandgroß, zwischen Buchvitrinen eingerahmt, über und über mit Schemata und Tabellen in fremdartigem Zeichenskript beschrieben. Gerade Striche, offene und gefüllte Punkte, Kreuze oder Sterne, wenig Haken, wenig Schnörkel.  
    Gerade Striche, offene und gefüllte Punkte, Kreuze oder Sterne, in einer Anordnung, die hierarchisiert geschachtelt und miteinander verwoben wirkte. Nach dem blitzschnellen huschenden Durcheinander zwischen den Händen von Kelams Majordomus Daruun hatte er zum ersten Mal einen Blick auf die auf den Kenan-Steinen aufgemalten Symbole erhascht.  
    „Die Loge des Einen Weges bildet

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