Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
Vom Netzwerk:
zwar bei ihm, aber wenn er gemeinsam mit Nefraku … Besser Czand ist ebenfalls da. Er blickte im Kreis umher, die Augen hoch zu den Kasernendächern gerichtet. Keine Spur einer Bewegung zeichnete sich gegen den Nachthimmel ab. Er ließ seinen Blick noch eine Weile, während er sich bald hierhin, bald dorthin drehte, ruhelos umherschweifen, suchte, den Kopf im Nacken, nach einer schlankgliedrigen, dunklen menschenähnlichen Gestalt – oder nach irgendetwas, irgendetwas was über die Dächer floh.
    Der Lärm der Aufregung erstarb allmählich, wich einer beklommenen Stille, nur unterbrochen von vereinzelten Stimmen und Rufen, verwirrt und verloren und vergeblich.

    Niemand, der noch am Leben war, hatte den Mörder der Senphoren gesehen.
    Als die ersten Wachen die Unterkünfte der Senphoren erreichten, war das Massaker schon angerichtet. Alles musste wahnsinnig schnell gegangen sein. Kein Senphore, kein Skopai hatte überlebt. Niemand hatte gesehen, dass sich jemand dem ehemaligen Waffenmagazin genähert hätte. Niemand hatte jemanden von dort fliehen gesehen. Man fand eine aufgebrochene übertünchte Zugangsklappe. Das war alles. Durch die musste der Mörder in die Quartiere gelangt sein. Wer konnte davon gewusst haben?
    Eine Welle der Panik überkam ihn.
    In Idirium überstehe ich zwei Attentate, geh mit der Kutte ins Logenhaus des Einen Weges rein, hol einen Aussteiger raus, und alles gelingt. Ich komme hierher, nach Norgond, in den Norden zurück, und alles läuft schief.
    Den Tode des Senphoren, der mit seinen Drillingsbrüdern in dem Bruchsteinturm lebte, kann ich nicht verhindern, den Mord am Rest der versammelten Senphoren von Norgond nicht, obwohl sie mitten in der Menge meines Heeres sind; beides geschieht praktisch unter meinen Augen.  
    Was geht hier schief?
    Was er nicht einmal im Stillen aussprach, nicht einmal in nur geistigen, gedachten Worten ins Buch seiner Gedanken schrieb, was nur als untergründige, ungeformte Wolke existierte, war: Holen mich jetzt meine Sünden ein? Hatte er vor zehn Jahren würgend in einer Hinterhofgasse etwas geboren, das als eine zerplatzte weiße Qualle sein Leben begann, doch weitab von seiner weiteren Existenz im Stillen zu etwas heranwuchs, das ihn jetzt heimsuchte?
    Hätte so etwas den Weg in sein Bewusstsein gefunden, hätte er es weit von sich gewiesen.

    Der Abbruch des Lagers und das Formieren der Truppen zum Aufbruch fand in gestaffelten Schüben statt. Während die eine Einheit schon Aufstellung nahm, damit sich aus ihr mitsamt ihrem Tross eine geordnete Kolonne bilden konnte, war die andere damit beschäftigt, Zelte abzubauen und Material auf Karren zu verstauen. Auric hatte vor all dem Durcheinander Ku Zwei bei einem ausgemusterten Veteranen im Tross untergebracht, der manchmal mit ihm spielte und ihm Leckereien gab.
    Der stetig fallende Regen erschwerte die Arbeit, indem er den in den Tagen ihres Campierens aufgewühlten Grund, rasch in eine glitschige Schlammschicht verwandelte. Der Regen dämpfte aber auch wie ein Laken den Lärm des Aufbruchs eines gewaltigen Heerbanns, der die ganze Ebene östlich der Stadt erfüllte. Die Sechzehnte war in Bewegung geraten. Das Sammeln und Warten hatte ein Ende. Jetzt brachen sie auf, ein einziger vielgliedriger Organismus, dem Feind entgegen.
    Ein behelfsmäßiger Pavillon war auf die Schnelle für ihre Besprechung errichtet worden. Seine in Zephrenaic verbliebenen Brigadeleiter und ihre Majore sollten nicht beim Aufbruch zu ihrem Feldzug wie nasse Hunde im Regen stehen. Der Regen trommelte auf seinen bleichen Himmel, und man sah wie sich das Wasser darauf zu Bächen sammelte, bizarre Flussgeflechte und Deltanetze bildete, welche quecksilbrig von einem Moment auf den anderen ihre Konstellation wechseln konnten. Von den Seiten wehte ein kalter, feuchter Hauch flach unter den Rändern hinweg zu ihnen hinein in den hellen, planenüberspannten Raum.
      Czand, Kudai, Crussav, Perei Doranth, und ihre Unteroffiziere standen vor ihm versammelt. Ihr Stab aus direkter Leibgarde, Signalisten und Kurieren warteten aufgesessen jenseits der Stangenreihen, die ihr provisorisches Zeltdach hielten. Das Stampfen und Schnauben ihrer Pferde, das Klirren des Zaumzeugs drang unter dem Trommeln des Regens auf die Plane zu ihnen herein.
    „Das heisst also, dass wir in zwei Marschsäulen reisen, und wir werden uns auf konventionelle Nachrichtenübermittlung verlassen“ wandte Auric sich seine Zusammenfassung abschließend an den versammelten

Weitere Kostenlose Bücher