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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Anschlag stand, es wirklich ernst meinen müsse. Genau dieses Zeichen sollte dadurch gesetzt werden.  
    Wer immer hinter dem Anschlag stand, hatte ihm also im Stillen mit der Wahl des Ortes die besten Chancen geben wollen zu entkommen, nach außen hin und deutlich sichtbar aber durch die Anzahl der angeheuerten Attentäter die Ernsthaftigkeit hinter dem Anschlag zur Schau stellen wollen.
    Du mit deinem Inaim hier, Inaim da, hatte Jag zu Kudai gesagt. Dass Kudai Inaimist war, das war klar. Aber über Religion hatten sie, bis auf diese seltsame Unterhaltung zwischen ihm und Kudai auf dem Moniassum, nie miteinander gesprochen. Was jemand glaubte, war seine persönliche Sache, und Auric war auch kein Mensch, der besonders an religiösen Dingen interessiert war.  
    Kudai hatte bei der Besprechung mit einer Hand in der Tasche seines Mantels gekramt und mit Kenan-Steinen geklappert. Bei ihrem seltsamen Gespräch auf dem Moniassum hatte er ein Kästchen, in dem man den kompletten Satz Kenan-Steine aufbewahrt, aus dem Mantel gezogen und neben sich gelegt. Daraus hatte er schon damals geschlossen, dass er dem Aidiras-Mysterium, nicht dem Duomnon-Zweig zugehörig war. Er konnte also genau so gut Anhänger des Einen Weges und sogar Mitglied von dessen Loge sein.
    Aurics Blick gewann Fokus, und das Bild des Blutbads, dass sich vor ihm bot, trat wieder klar und deutlich vor seine Augen. Er tauchte aus der Versunkenheit seiner Gedanken auf und nahm wieder die tote Vikarin Berunian vor sich wahr.
    Wohin führte das alles?
    An welchen dunklen Ort führte ihn das selber?
    Er schloss die Augen, warf heftig den Kopf hin und her und schüttelte sich, als könnte er dadurch all diese Gedanken wie ein Spinnwebgeflecht loswerden.
    Unsinn, das konnte gar nicht sein. Was war nur mit ihm los?  
    Hatte dieses ganze finstere Gestrüpp der Politik, der Lügen und Intrigen ihn nun auch infiziert?
    Er war berauscht, er war im Fieberdelirium dieser Infektion. Er hatte Wahnvorstellungen. Das alles hörte sich, wenn man es so konstruierte, ganz plausibel an, und er war berauscht von der Logik seines eigenen Konstrukts. Aber das konnte alles unmöglich Wirklichkeit sein.
    Ein Schatten fiel in den Raum; etwas verdeckte das Licht, das durch die Tür einfiel. Der Schatten einer Gestalt schob sich über das Gesplatter von Blut, das die Decken des Betts besudelte.
    Auric nahm einen tiefen Atemzug, und – aus tiefstem Herzen hoffend, dass seine Ahnung, wer das sei, ihn trog – wandte er sich um.

    Es musste etwas in Aurics Blick gelegen haben, dass das ewige Grinsen um die Lippen zwar nicht erstarren, aber etwas in dem Blick der Augen sich verändern ließ.
    „Oh“, sagte der kleine Kudai. Es war offensichtlich, dass er damit nicht die tote Vikarin meinte.
    „Warum, Kudai?“, fragte Auric.
    „Das ist jetzt doch sowieso egal.“ Kudais Blick ging herum, als ließe er ihn über die Details des Raums gleiten, doch seine Aufmerksamkeit galt nicht dem kargen Zustand der einfachen Unterkunft. „Jetzt, wo du es begriffen hast. Aber ich musste es einfach wissen. Ich musste wissen, ob du es durchschaut hast“, sagte er in leicht geistesabwesendem Ton.“
    Er hob nachdenklich, mit ins Leere gehendem Blick die Brauen. „Hast du.“  
    Sein Blick fand wieder seinen Fokus, traf sich mit dem von Auric. „Ich hatte wirklich gehofft, das alles hier würde anders laufen. Aber die Bedingungen haben sich geändert, tut mir leid. Wie wir beide wissen, hat es auch keinen Zweck, dich zu irgendwas anderem bekehren zu wollen; du bist ein Überzeugungstäter.  
    Na ja, ich dachte, es ginge anders. Ich hatte darauf gesetzt, dass am Ende deine Vernunft siegen würde.  
    Aber ich bleibe bei all dem nicht auf der Strecke. Ich wähle meinen Weg. Ich komme als Sieger hier raus, nicht als jemand, der Macht erleidet. Ich bin bereit, Opfer dafür zu bringen. Wenn das hier eines davon ist – okay. Inaim ist bei mir.“
    Er atmete ein, knabberte an seiner Unterlippe, atmete aus. „Also: Du bist General der Sechzehnten. Du bist jetzt hier in Norgond. Es hat keine Stationierung einer Reserve hinter den Drachenrücken gegeben. Dann kannst du also genauso gut auf der Stelle sterben.“
    Der Fechtspeer sauste aus dem Holster. Kudai sprang, die Klinge blitzte durch die Luft, Auric warf sich zur Seite. Der lange Speerklinge zischte an ihm vorbei. Der Speerschaft schwang herum und das Gegengewicht traf Auric am Kopf, eine der Dornen daran riss ihm die Stirn auf. Er stürzte über

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