Der Keil des Himmels
entsprechende Vergangenheit richten. Jeder von euch hat schon einmal in einer außerhalb des eigenen Schicksalgewebes geschaffenen Schau einen Blick auf die Verpflichtungsbindungen des ghean-whe‘ geworfen. Mir ist aus einem Schicksalsgesetz heraus leider die Sicht auf diese Zeit verwehrt. Aber ihr könnt euren Blick darauf richten. Ihr könnt allem nachspüren, was als Anzeichen für Magie an diesem Ort der Vision deutlich wird. Ihr könnt in der Tiefe nach Spuren dafür suchen, ob es in unserer Vergangenheit ein Beherrschen magischer Praktiken gegeben hat.“
Er sah, wie die Gesichter eines nach dem anderen entlang der Reihe starr und konzentriert wurden, wie sie die Glieder und Verzweigungen ihrer Selbstschichten in die Tiefe ausstreckten.
Schon bald nachdem er und Auric die ersten der Apokryphen studiert hatten und ihnen klar wurde, welche ungeheuren Implikationen das hatte, was sich hier in diesen Bänden fand, hatte er daran gedacht, auf diese Art zu prüfen, welche der Schriften schließlich Recht hatten.
Sie mussten direkt im Geisterland, in den Wisperschichten und ihren Prägeschleiern nach der Wahrheit suchen. Ihnen prägte sich schließlich alles ein, was geschah, und in solchen von Silaé geschaffenen Orten der Vision bekam man einen bildhaften Blick auf bestimmte Regionen dieser Reiche und auf die Spuren der Vergangenheit.
Wenn die Ninraé in der Vergangenheit die Magie beherrscht hatten, mussten zumindest schwache Spuren davon an diesem Ort zurückgeblieben sein. Der Elmssog konnte nicht alles davon getilgt haben. Irgendwo in den tiefsten Prägeschleiern lag auf ewig und unveränderlich die Wahrheit eingegraben.
Mit Spannung beobachtete Darachel seine Gefährten, da der Ausblick in die Tiefe für ihn keine Enthüllungen mehr bot. Nach und nach sah er eine wachsende Irritation in ihre Mienen treten.
„Ich sehe gar nichts.“ Béal war der Erste, der seiner Enttäuschung Ausdruck verlieh.
„Ich ebenfalls nicht“, pflichtete Fianeike ihm bei. „Alles was ich wahrnehme, ist eine verhüllte Schau, wie aus großer Höhe heraus, höher als ein Vogel fliegen kann. Ich sehe nur weit entfernte Landschaften in der Tiefe, wie von Rauch verhüllt, Städte, Heere und Menschenmassen. Eindrücke eines grauenvollen Kriegsgeschehens. Aber keine Einzelheiten. Nirgendwo.“
„Mehr erschließt sich mir auch nicht“, meinte Siganche. „Auch der Blick auf das ghan ist verhüllt, bis auf eine einzige langsam hervortretende Konstellation.“
Darachel sah den Mienen der anderen an, dass es bei ihnen nichts anders war. „Also nichts, für keinen von uns.“ Ein tiefes Gefühl der Enttäuschung überkam ihn. „Also werden wir auf diesem Wege nichts darüber herausfinden, ob es Magie in unserer Vergangenheit gegeben hat. Nichts, als dass wir offenbar alle ein gemeinsames Schicksal teilen, das uns einen genaueren Blick auf diese Zeit verwehrt.“
„Nichts, bis auf diese ghan -Webung dort unten.“ Siganches Stimme ließ ihn herumfahren. „Es ist nur eine Spur, aber sie wird tatsächlich immer deutlicher, je länger ich sie betrachte.“
Darachel folgte der Richtung ihres Blicks und war erstaunt, tatsächlich dort den Hauch einer ghan -Schau wahrzunehmen. Es war nur eine Spur, nur ein schwaches, geisterhaftes Glimmen, doch indem er seine Sinne darauf richtete, sah er, wie es mit einem Mal sprunghaft heller wurde. Und wieder. Und wieder. In Sprüngen gewann es an Klarheit, wob sich über das verrauchte Panorama zu einem einzigen Muster. Sein Blick streifte die Reihe seiner Begleiter entlang und sah, wie sie nach und nach ebenfalls ihre Blicke auf das Phänomen richteten. Und mit jedem von ihnen, der es mit seiner Wahrnehmung erfasste, wurde es deutlicher, bildete es sich stärker heraus.
Die ganzen schroffen Schatten von Gebirgszügen, er sah sie immer noch wie in großer Tiefe, die Feuer von Städten, die wimmelnden gegeneinander wogenden Heerscharen, das ganze Grauen und der Brand des Krieges, das alles war für ihn immer noch ein weit entferntes Gewimmel, von dem er keinerlei Einzelheiten ausmachen konnte, doch auf der Ebene des ghan trat ein Muster hervor, Stränge, die sich miteinander verbanden, wie zu einem Kristallgitter, einer webenden, wuchernden Konstellation, die zwar sichtbar wurde, aber für ihn nicht zu lesen war.
„Das sind wir“, hörte er Fianaike sagen, und er starrte nur weiter wie gebannt auf das Muster. Er versank darin, und die Wahrheit dessen, was Fianaike gesagt hatte,
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