Der Keil des Himmels
erschloss sich ihm sofort, mit der ganzen Klarheit, die einer solchen Schau eigen war.
Ja, dort zeigte sich ihnen ihr Schicksalsmuster, wie es sich in dieser Zeit manifestierte. Es war eine verwobene, einheitliche Form. Also war ihr Schicksal tatsächlich von dieser Zeit her miteinander verknüpft.
„Es breitet sich aus“, sagte Cedrach neben ihm.
Das tat es tatsächlich. Das Muster wuchs, verzweigte sich, griff von der einem Kristallring ähnlichen Zusammenballung nach außen, bildete von Punkt zu Punkt weitere Verästelungen.
„Nadragír hatte Recht damit, mehr aus unserer Gemeinschaft zu unseren Forschungen zuzulassen“, sagte Bruc. „Wir sind der Kern, aber es geht über uns hinaus.“
„Aber was ist es?“, hörte er Nadragír fragen. „Warum bleibt uns der Blick darauf verstellt?“
„Es hat etwas mit freiem Willen zu tun“, kamen die Worte, fast ohne Darachels Zutun aus seinem Mund. „Es geht um Entscheidung. Um eine Entscheidung, die unseren Kern berührt. Sie muss von uns getroffen werden, ohne dass wir einer Beeinflussung erliegen.“
„Also offenes Schicksal.“ Er hörte es Lhuarcan sagen. „Es ist noch nichts entschieden. Das ist gut. Es ist noch alles offen.“ Lhuarcan blickte ringsum. „Es kommt auf die Entscheidung von jedem einzelnen an. Jeder kann für sich entscheiden.“ An Darachels Gesicht blieb er hängen.
„Freier Wille“, sagte er und blickte Darachel fest und trotzig in die Augen. „Keiner trifft die Entscheidungen für die anderen. Jeder hat sein eigenes Schicksal in der Hand. Es ist noch nichts entschieden.“
Zur Schlacht hin
Die Richtung der Kämpfe zog sich nach Norden, in Richtung der Höhen des Elsternforsts.
Es waren hautsächlich drei große Kriegshaufen von Suevaren, mit denen sie es jetzt zu tun hatten.
Rund um die Ruinen von Sayurkaimen-Khrang fanden ausgedehnte Kämpfe statt. Eine Kompanie von Jags Brigade geriet im Felsengewirr der Hochebene von Saltem-Kereig in einen Hinterhalt, bei dem sie ernste Verluste erlitt. Es kam zu einem schweren Zusammentreffen von gemischten Kräften aus idirischen Soldaten und Kinvarda mit Saphatraken im Tal von Kaphnacht.
Die idirische Armee ging aus den wichtigsten Auseinandersetzungen siegreich hervor, und die valgarischen Stämme setzten sich nach Norden ab. Auf ihrem Rückzug hart bedrängt von den Truppen der Sechzehnten.
Ein unter den Kinvarda bekannter und geachteter Than der Suevaren wurde von einem Trupp von Jags Kundschaftern aufgegriffen und in Jags Lager gebracht. Er war ohne Widerstand mitgekommen. Er wollte sich ergeben. Er wollte überlaufen. Er wollte reden.
Der Mann kämpfte.
Tiefe schwarze Schatten hatten sich unter seinen Augen gebildet. Seine Wangen waren hohl und eingefallen. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht eingegraben. Seine Gesichtshaut war mit seltsamen schwärzlich violetten Flecken wuchernd überzogen. Er wirkte, als würde etwas ihn von innen heraus verzehren. Eines war offensichtlich: Der Mann kämpfte nicht erst seit er sich in diesem Zelt befand.
Schwarzfuchs, Ni-Konnacht und zwei von Jags Leibgarde standen steif und befremdet um das Feldbett herum, auf dem der Suevaren-Than saß. Auch Jag war anzusehen, dass er nicht recht wusste, was er mit dieser Situation anfangen sollte.
Was geht hier vor? Hat jemand diesen Mann vergiftet? Mit irgendeiner Substanz, die zuerst das Sprachzentrum lähmt?
Doch das konnte nicht sein, denn eben noch hatte er mit ihnen nach ihrem Eintreten Belanglosigkeiten ausgetauscht, die üblichen Floskeln, mit denen man ein solches Gespräch eröffnet, wenn man über den heiklen Charakter einer solchen Situation hinwegtäuschen will.
Der Mann war breit gebaut und in schwarzes Leder gekleidet. Ein großer Teil seines grau-sandblonden Schopfes bestand aus dünnen Zöpfen, in die aus Knochen geschnitzte Schmuckstücke und Holzperlen eingeflochten waren.
Der Mann wollte etwas sagen, aber er konnte nicht. Schließlich bekam er – unter Zucken und Mahlen der Kiefermuskeln wie bei einem Stotterer – seinen Mund auf, eine dunkel gähnende Höhle, in der auch das Zahnfleisch sich schwärzlich violett verfärbte, so dass die Zähne unnatürlich weiß hervorstachen. Seine Zunge zappelte. Er rang, als wollte er die Worte hochwürgen. Fast traten in der Anstrengung und Verzweiflung seine Augen aus den Höhlen.
Seine Hände zitterten, obwohl er dagegen ankämpfte. Ein Mann seiner Statur. Ein hartgesottener Than aus dem Suevarenland. Er rang um Worte und um
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