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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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innerhalb der Krone des Moniassums herrschten, – etwa nachrangige Gebäude der Regierung und Verwaltung, ruhigere Außenstellen der Präfekterien. Doch auch die Gästehäuser der idirischen Regierung waren hier gelegen.
    Sie waren auf dem einzigen Felsvorsprung erbaut, der aus der ansonsten sanft ansteigenden Hügelkette hervorragte. In einer steilen Klippe stürzte er hinab zu den Dächern des Stadtteils unterhalb der Höhen, einem ebenfalls ruhigen Wohngebiet für eine gut situierte, gediegene Oberschicht. War man schwindelfrei und trat ganz nah an den Klippenrand heran – wie Auric es am Vortag getan hatte – und blickte über die Kante in die Tiefe hinunter, dann stellte man fest, dass knapp unterhalb der Kante des Felssturzes – gerade tief genug unterhalb des Niveaus der Parkanlage, um für einen arglos die Aussicht auf die Stadt genießenden Spaziergänger unsichtbar zu bleiben – ein gefährlich aussehender Befestigungskranz in den glatten Stein der halsbrecherisch steil abfallenden Klippenwand getrieben worden war. Zwei Meter lange, glitzernde Stahlpfähle ragten in regelmäßigen Abständen in die Luft heraus. Sie waren, besonders an ihrer Spitze, mit langen eisernen Stacheln und Dornen versehen, die – falls es tatsächlich jemand schaffen sollte diese Wand zu ersteigen – das Überklettern verhindern sollten. Die einzelnen Pfähle waren durch eine Bespannung aus Stacheldraht miteinander verbunden, einer bösartig aussehenden Kombination von zentimeterlangen, spitzen Stacheln mit rasiermesserscharfen Klingen. Diese Befestigung zog sich wie ein mörderischer Saum komplett um das ganze auskragende Knie der Klippe herum, bis dorthin, wo das Gefälle der Hänge schließlich sanfter wurde.
    Nur wenige Wachen patroullierten daher diskret an der klippenwärtigen Seite der Anlagen. Die hügelwärtige Seite dagegen, die durch hohe Mauern, das Frontgebäude und einen breiten Bannstreifen von der Straße abgetrennt war, wurde von einer großen Anzahl finster aussehenden Soldaten der Kentarkianer-Garde in ihren stahlfunkelnden Rüstungen und rauen Wolfsfellumhängen streng bewacht.
    Die einzelnen Gästehäuser waren entlang des Hanges über eine wunderschöne, sorgsam gepflegte Anlage verteilt. Am diesem Morgen wurde Auric vom Klappern der Scheren des Gärtners geweckt, Licht strahlte durch die Fenster ein, und dies alles war dazu angetan, das Brummen seines Schädels in eine friedvollere, besänftigende Perspektive zu rücken, es eingebettet zu wissen in das Fließen eines lichten weißen, begütigenden Strömens von Unabänderlichkeit und Weltvertrauen, in dem dieses Pochen nur ein paar Kiesel im Strom waren, bald glattgerieben und blank und eigentlich doch an ihrem rechten Ort.  
    Auric badete eine Weile im Licht und den Laken, glatt und weiß wie sie waren, kühl und wärmend zugleich.
    Morgen wie dieser waren ihm rar geworden.
    Selbst die Erinnerung an den unseligen Ausgang der letzten Nacht – den Überfall, den Kampf und ihren Streit danach – schien ihm nur wie der Nachhall eines schlechten Traums. Kurz spukten in ihm noch die Schatten umher, Gewissensbisse etwas Falsches getan zu haben aus Loyalität zu einem Kameraden heraus.  
    Die Sechzehnte ist der Alptraum ihrer Feinde. Solche Leute bekam man wohl nicht, wenn man sie aus einem Haufen von Betschwestern rekrutierte. Vielleicht lag ja in Jags alkoholgeschwängerten Tiraden ein Funken Wahrheit.
    Schon am Tag zuvor hatte Auric erfahren, dass sich General Kelam in einem der benachbarten Gästehäuser aufhielt, doch hatte er ihn bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Er selber hatte einige Termine, und Kelam, so hörte er, war auf dem Moniassum, um dort Amtsgeschäften nachzugehen. Also hatte er eine Nachricht für den General in dem die Straße säumenden Pförtner- und Versammlungsgebäude abgegeben.  
    Gegen Mittag dieses Tages kam ein Soldat mit der Nachricht zu ihm, wenn es ihm recht und passend wäre, würde der General ihn gerne empfangen.

    Von der Terrasse des Kelam zugewiesenen Gästehauses hatte man hangabwärts, entlang einer geschickt geplanten Sichtachse, zwischen Büschen, Hecken, sorgfältig angelegten Hainen hindurch, einen hervorragenden Durchblick auf die darunter liegenden, weithin sich erstreckenden Stadtteile Idiriums. Die Stadt lag im mild durchschienenen Dunst eines Apriltages, der verführerische Versprechen des Frühlings in die Lüfte webte.
    General Kelam befand sich für ein paar Wochen in Idirium, um dann wieder nach

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