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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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merkliche Pause fort, den Blick jetzt wieder von Auric abgewandt, seine Lippen kaum bewegt, gerade so als spräche er für sich selber, als trüge nur sein Atem das Geräusch des surrenden Spinnrads eines inneren Diskurses über das Gehege der spaltweit geöffneten Zahnreihen hinweg, ein leise vor sich hingrollender Wolf, „Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich halte den Osten nach wie vor für imminent gefährdet. Die Kinphauren, egal ob ihre Allianz zerfallen ist oder nicht, lauern hinter dem Saikranon. – Gut, das tun sie schon immer …  
    Größer ist die Gefahr durch einen wiederaufflammenden großangelegten Aufstand der Ostprovinzen. Sie sehen sich als Rohstofflieferanten missbraucht und glauben als eigenständige Staaten besser da zu stehen. Die Separationsbestrebungen sind nicht erloschen oder ausgemerzt, nur weil sich dieser Eisenkrone in die Berge verzogen hat.  
    Kvay-Nan, was ist mit Kvay-Nan? Ich trau dem Frieden dort nicht. Was, wenn sich die Krone von Lysdocha mit den Kvay-Naun verbündet. Dieser Vanwe und die bleichen Spitzohrenhexer würden sich doch bestens verstehen. Die Parteigänger des Blauen Kreises sind zwar sorgfältig von allen Posten entfernt worden und dahin verfrachtet, wo man nichts mehr von ihnen hört. Und jetzt sitzen in der Provinzregierung lauter loyale und linientreue Spitzohren. So sagt man. Aber so viele Spitzohren wie es Aufständische gab, kann man gar nicht festgenommen haben. Wenn Sie mich fragen: Der Blaue Kreis ist nur in den Untergrund gegangen und leckt seine Wunden. Ich fürchte, die Separatisten in Kvay-Nan haben jetzt eher mehr Zulauf als vor dem Eingreifen unserer Truppen dort. Wenn dort noch einmal der Widerstand ausbricht, dann kann er auf breite Schichten der Bevölkerung bauen. Nach den Vorfällen des Bürgerkriegs hat für sie das vorher nur vage Feindbild Idiriums ein Gesicht bekommen.
    Und einer von denen sitzt direkt hier in Idirium und ist der engste Berater des Konsuls. In Zeiten wie diesen gelten andere Regeln, Konsul Adverian sollte das wissen. Ein Kvay-Naun in unmittelbarer Nähe zum Zentrum der Macht. Falls es sich ergibt, dass diesem d‘Vhaun schließlich doch die Loyalität zu den Wurzeln seines Volkes wichtiger ist als zu den Werten des Idirischen Staates, deren Lied er so eifrig singt, dann wäre das eine Katastrophe.
    Aber die Entscheidungen des Konsuls sind nun einmal unantastbar. Der gute Konsul Adverian.“
    Kelam starrte stumm geradeaus, und Auric sah, dass seine Kiefer dabei mahlten.
    Ihm war nicht klar gewesen, dass Kelam so sehr ein Mensch der Politik war. Bei ihren bisherigen Treffen hatte er ihn ausschließlich als einen Militär erlebt, der sein Handwerk verstand und seinen Dienst mit Gewissenhaftigkeit und Pflichtgefühl ausfüllt. Solche Zweifel an bestimmten Erscheinungen in der idirischer Politik, wie sie hier in seinen Äußerungen anklangen, hatte er bisher von ihm niemals zu hören bekommen. Vielleicht war er selber jetzt erst durch seine in Aussicht gestellte Beförderung in einen Kreis gelangt, in dem man untereinander über dergleichen in Diskurs trat.
    Aber der General fuhr schon in seinem Monolog fort. Vielleicht hatte sich während der Gespräche auf dem Moniassumsberg so viel in ihm angesammelt, dass er froh war, mit jemand anderem – oder nur laut mit sich selber – darüber sprechen zu können.
    „Aber nicht nur den Konservativen geht ihr Rückgratende auf Grundeis. Bei dem, was gerade mit den Föderierten-Brigaden passiert, werden auch die liberalen Konföderalisten unruhig. Die Föderierten-Brigaden in die Sechzehnte zu integrieren ist nicht nur ein Teil einer tiefgreifenden Umgestaltung des Heeres, sondern tangiert auch den Status der föderierten Staaten im Allgemeinen. Bisher haben sie nur im Gefahrenfall unabhängige und autonome Armeen zum idirischen Kontingent beigesteuert. Teile davon in die idirische Heeresstruktur fest zu integrieren weist auf eine engere Kontrolle der föderierten Staaten und eine Entwicklung zu reinen Vasallenstaaten ohne wirksame Vertretung im Parlament hin.“  
    Auric musste an Kudai denken. „Also ist einer meiner Mit-Offiziere in der Sechzehnten und ein langjähriger Weggefährte, der soeben zum Oberst der Föderierten-Brigade befördert wurde, bereits unbewusst ein Instrument machtpolitischer Intrigen geworden. Wie ich es auch sein werde, wenn ich Makuvans Angebot annehme.“
    Auric blickte in seiner Rede auf. Ein Bediensteter trat aus dem Gästehaus heraus schweigend zu

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