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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Kudai hatte von seinem Zuträger lediglich die nackte Tatsache erfahren, dass die Reichsgarde Nefraku heute Abend in diesem Gebäude hochnehmen wollte. Auric hatte keine Ahnung, mit wem Nefraku sich traf, noch, wer möglicherweise bei ihm war, ob irgendwelche Kontaktleute, irgendwelche Helfershelfer oder Komplizen zugegen waren. Er wusste verdammt noch mal nichts über diese dunkle Seite von Nefrakus Leben.  
    Das Schwert auf seinem Rücken zu spüren, war immerhin ein vertrautes Gefühl. Er durfte es zwar auf keinen Fall gegen Mitglieder der Reichswehr einsetzen, trotzdem hatte er sich aus einem Instinkt heraus dafür entschieden, es mitzunehmen – gegen die Stimme der Vernunft, die ihm sagte, dass in dieser Umgebung, in der Zivilisation, in dieser Stadt die vertraute Waffe sein Verderben bedeuten konnte. Außerdem, für Nefrakus Machenschaften die Klinge ziehen und Menschen verletzen oder töten? Das eine Mal, als er dachte, es ginge um den simplen Überfall einer Räuberbande, die es auf ihr Leben abgesehen hatte, war schon einmal zu viel gewesen.
    Wut und Frustration kochten in ihm hoch. Er stemmte die Füße in den Boden und spürte, wie sich ein erbittertes Grollen in seiner Kehle ballte und heraus wollte. Was er schließlich zwischen seinen gebleckten Zähnen hervor presste, war nur noch ein ersticktes, kehliges Fauchen.
    Es half nichts: Er musste in dieses Gebäude rein; er musste Nefraku warnen.

    Mit zu höchster Aufmerksamkeit angespannten Sinnen stieg Auric über die Haupttreppen durch die Düsternis der einzelnen Stockwerke. An jedem erneuten Treppenabsatz blieb er stehen, blickte sich aufmerksam nach allen Seiten hin um, suchte die schattenhaften Tiefen des jeweiligen Geschosses ab. Er wollte sich einen Überblick verschaffen, ohne aber tiefer in Räume vorzudringen.  
    Nichts regte sich. Die Treppenstufen unter seinen Stiefelsohlen knarrten, Staub rieselte unter seinem Tritt in eine von Dunkelheit und Halbschatten erfüllte Tiefe. Ansonsten kein Geräusch, keine Bewegung, nicht einmal der huschende Schatten einer Ratte. Dem ersten Anschein nach erschien das Gebäude menschenleer.
    Die drei überhohen Stockwerke des Gebäudes boten sich ihm als verschachtelt und unübersichtlich dar, voller Bottiche und unterschiedlichster Geräte, die der Diaphanum-Verarbeitung dienten, voller Laufgänge, Podeste und Stiegen, welche die Stockwerke zusätzlich in Ebenen unterteilten und den Überblick erschwerten.
    Es gab lange Reihen mit Gestellen, in denen mit der breiigen Grundsubstanz gefüllte Formen zum Trocknen und Aushärten aufgestellt wurden, Walzwerke, in denen der Ausgangsstoff zu langen dünnen Platten geformt wurde, die dann in langen Reihen von riesigen Blöcken mit schmalen Korridoren dazwischen zum Trocknen gestapelt wurden. Irgendwo im Halblicht erkannte man die Schneidemaschinen für die bereits getrockneten Platten. Anderswo reihte sich Bottich an Bottich, darüber hingen an Ketten und Schienen, die an der Decke entlangliefen, erreichbar durch Laufgänge und Emporen, Körbe und Gestelle, um die ausgehärteten Teile in die verschiedenen Flüssigkeiten hinab zu lassen, in denen sie erst, durch die Wirkung dieser Chemikalien verändert, ihre Transparenz und schließlich die notwendige Härtung erhielten.
    Anderswo stapelten sich dann Paletten mit den zum Abtransport bereiten Teilen, fertigen Diaphanum-Platten für Fenster, Gläser und Abdeckungen aller Art, die zylindrischen Schalen von Ölfackeln und unzählige andere Gegenstände, die einfacher und kostengünstiger in Phanum als in Glas hergestellt werden konnten.
    Sollte wahrhaftig gegen alle Wahrscheinlichkeit die Reichsgarde noch nicht das Gebäude gesichert haben? Es hätte ihn verwundert; das wäre dumm und fahrlässig gewesen.  
    Vielleicht waren sie gut, hatten ihn bei seinem ersten Umherstreifen bemerkt, ohne dass er selber sie entdeckt hatte und behielten ihn jetzt sorgfältig im Auge. Sie konnten ihm nichts anhaben, so viel war klar – er hatte nichts zu verbergen, und das Tragen eines Schwertes war ihm als hochrangiger Offizier keinesfalls zu verwehren –, doch hätten sie verhindern können, dass er Nefraku rechtzeitig warnte.
    Das Beste war, unauffällig im Erdgeschoss auszuharren, in Bewegung und wachsam zu bleiben. Über das Erdgeschoss musste Nefraku höchstwahrscheinlich das Gebäude betreten. Stand zu hoffen, dass er ihn rechtzeitig entdecken und zum Umkehren bewegen konnte, ohne dass sie in Schwierigkeiten gerieten.
    Während

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