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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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er nachdachte, hatte er sich langsam ein wenig von dem die Stockwerke mittig durchlaufenden hölzernen Treppenbau wegbewegt, zwischen das Defilee der Rahmen und Gestelle und des sie umgebenden Balkenwerks gelugt, dunkle, in die tiefe Düsternis gestaffelte sich durchkreuzenden Plankengitter, in denen das Auge sich verirren konnte, wenn sich zwischen ihrem Vexierwerk und dem stumpfen staubdurchwebten Dämmer das Gefühl für den Raum verlor. Der Hinweis, den er sich untergründig erhofft hatte – doch noch eine Bewegung oder ein verräterisch sich bewegender Schatten, der eigentlich ruhig stehen sollte – blieb aus.  
    Er wandte sich ab, um seinem Plan folgend wieder ins Erdgeschoss hinabzusteigen. Da –
    Ein kurzes mattes Aufblinken im Dämmergrau.
    Eine Verschiebung im Schattengittergeflecht der Gestelle und Rahmen, eine Wanderung von Formen – das Vexierspiel verwandelte sich zu einem anderen Zustand hin.
    Das Licht im mauerumfassten, düsteren Raum tat einen Schwenk zu einer blaudurchschimmerten Bleichheit hin.
    Draußen war dichtes Wolkenspiel gewandert, hatte einen blanken Vollmond enthüllt, der schon vorher unsichtbar hinter den Himmelsschleiern aufgegangen war. Sein Licht fiel durch die Fensteröffnungen in die Düsternis der verlassenen Räume der Manufaktur und veränderte von einem Moment auf den anderen die drinnen herrschenden Lichtverhältnisse.
    Jemand – jemand, der seine Klinge blank gezogen hatte – war davon überrascht worden, kurz nur, bevor er das Metall so wenden konnte, dass es nicht mehr reflektierte.
    Der erste Gedanke – sich unauffällig zu verhalten, so als hätte man es nicht bemerkt, beim ursprünglichen Vorhaben zu bleiben, ins Erdgeschoss hinabsteigen, in Bewegung bleiben, wachsam bleiben und dabei nach Nefraku spähen – wurde durchkreuzt von einer weiteren Bewegung, einem Huschen in den Rändern des Blickfelds.
    Über ihm.
    Mit scharrendem Singen fuhr sein Schwert aus der Scheide.
    Dann um ihn.
    Drei Gestalten schwebten von den Laufgängen zwischen den Gestellreihen zu ihm herab, katzenhaft, schattenhaft –; natürlich schwebten sie nicht, sie fielen, doch die Eleganz ihrer fließenden Bewegung ließ die Plötzlichkeit ihres Herabsinkens wie einen von seiner Natur her langsamen Vorgang erscheinen.
    Sein Schwert schwenkte suchend ihren Kreis ab.
    Ein gebellter Befehl in einer Sprache, die Auric nicht verstand, schnitt die gespenstische Lautlosigkeit ihrer Aktion ab, und von dort, wo er das Aufblinken bemerkt hatte, stürmten weitere Gestalten hervor. Und von anderswo am Rande seines Blickfelds. Und noch einer weiteren Stelle. Drei verschiedene Gruppen.
    Eines war offensichtlich. Dies war keine Reichsgarde.
    Das monddurchweichte Licht ließ bei den drei Gestalten um ihn herum vage orientalische Gesichtschnitte erkennen. Und bei jeder zwei gerade, schmale Klingen einer ihm unbekannten Art, von der Länge her wie Kurzschwerter. Sie schwenkten sie in einer einzigen, fließenden, synchron untereinander ablaufenden Bewegung von einer ihm unbekannten Ausgangshaltung in die nächste. Eine fremde Klingenführung, eine fremde Kampfschule.
    Und griffen an. Alle drei synchron.
    Klingen bissen durch die Luft, weißes Sausen. Zwei, drei Klingenpaare.
    Seine lange, dunklere Klinge flog hoch, fing zwei der Klingen ab. Eine weitere abgefälscht, eine andere pariert, ging er hindurch, zwängte sich blitzschnell huschend durch das schmale Gelegenheitsspalier, unter Klingen, zwischen Körpern hindurch. Ein scharfe gespaltene Zunge aus Schmerz schnalzte ihm über seinen Rücken hinterher.
    Es schien ihm, das Klirren der Klingen aufeinander, es folgte fast im Nachhall, wie bei einem Donnerschlag. Wie im Reflex ließ er abstoppend, in Rückwärtsdrehung, wieder seine eigene lange Klinge hochzucken, im Halbbewusstsein irgendwo die Projektion möglicher tödlicher Klingenbahnen. Erneutes Zwillingsklirren, diesmal sofort. Ein weiterer Schmerzstriemen, diesmal am Arm.  
    Wie in einem Fauchen der Luft zog er das Schwert herab und in den ausladenden Sensenschwung eines weiten Schnitterzirkels. Schattengleiche Körper wichen in gespensterhafter Schnelligkeit, die Klinge durchschnitt nur noch das Nachhuschen von Stoff. Doch ein sekundenlanger Bannkreis um ihn herum war zunächst geschaffen.
    Weg von ihrem Todesnetz!  
    Hier hatte er keine Chance zu bestehen. Vor allem nicht bei der jeden Sekundenbruchteil zu erwartenden Verstärkung aus den Nebenräumen. Er stand hoffnungslos gegen eine

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