Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
Erdnußsorten an. Als ich an der 460 einen Lebensmittelladen fand und anhielt, um Milch, Hershey's-Sirup, frisches Gemüse und Suppe einzukaufen, tat mir der Kopf weh, und meine Haut glühte.
    Ich stürmte die Gänge auf und ab, und ehe ich mich's versah, war mein Einkaufswagen bis obenhin voll mit allen möglichen Artikeln von Toilettenpapier bis Aufschnitt. Als nächstes holte ich eine Landkarte und die Adresse hervor, die Pleasants mir gegeben hatte. Seine Mutter wohnte nicht allzuweit von der Hauptverkehrsstraße entfernt, und als ich ankam, schlief sie schon.
    »Oje«, sagte ich von der Veranda aus. »Ich wollte Sie nicht aufwecken.«
    »Wer ist da?« Sie blinzelte kurzsichtig in die Nacht hinaus und entriegelte die Tür.
    »Dr. Kay Scarpetta. Sie brauchen wirklich nicht ...«
    »Was für ein Doktor sind Sie?«
    Mrs. Pleasants war eine verschrumpelte, gebeugte alte Frau, das Gesicht runzlig wie Kreppapier. Lange, graue Haare hingen ihr ums Gesicht wie Spinnweben im Altweibersommer, und ich mußte wieder an die Müllhalde denken und an die alte Frau, die deadoc umgebracht hatte.
    »Sie können hereinkommen.« Sie stieß die Tür auf und schaute mich ängstlich an. »Geht es Keith gut? Es ist ihm doch nichts zugestoßen, oder?«
    »Ich war vorhin bei ihm. Es geht ihm gut«, beruhigte ich sie.
    »Ich habe für Sie eingekauft.« Ich hatte immer noch die Taschen in der Hand.
    »Dieser Junge.« Sie schüttelte den Kopf und winkte mich in ihre kleine Behausung, in der es sauber und ordentlich war.
    »Was soll ich denn bloß machen? Wissen Sie, er ist alles, was ich auf dieser Welt habe. Als er geboren wurde, habe ich gesagt: >Keith, du bist alles, was mir geblieben ist.<«
    Sie war unruhig und verängstigt, aber sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen.
    »Wissen Sie, wo er ist?« fragte ich sanft.
    Wir traten in ihre Küche mit dem alten, bulligen Kühlschrank und dem Gasherd. Sie gab mir keine Antwort und begann statt dessen, die Lebensmittel wegzuräumen. Unbeholfen hantierte sie mit den Dosen und ließ Sellerie und Karotten auf den Boden fallen.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen«, bot ich an.
    »Er hat doch gar nichts angestellt.« Sie begann zu weinen.
    »Das weiß ich ganz genau. Und dieser Polizist läßt ihn einfach nicht in Ruhe. Ständig kommt er her und hämmert an die Tür.«
    Sie stand in der Mitte der Küche und wischte sich mit beiden Händen die Tränen ab.
    »Keith sagt, Sie mögen Schokoladenmilch. Ich werde Ihnen eine machen. Das tut Ihnen bestimmt gut.«
    Ich nahm ein Glas und einen Löffel vom Geschirrständer.
    »Morgen ist er wieder zu Hause«, sagte ich. »Und von Investigator Ring werden Sie nie wieder etwas zu hören bekommen.«
    Sie starrte mich an, als wäre ich ein guter Geist.
    »Ich wollte nur sichergehen, daß Sie alles haben, was Sie brauchen, bis Ihr Sohn wiederkommt«, sagte ich und reichte ihr das Glas Schokoladenmilch in mitteldunkler Konzentration.
    »Ich überlege schon die ganze Zeit, wer Sie sind«, sagte sie schließlich. »Mmmh. Es gibt doch nichts Besseres als Schokoladenmilch.« Bedächtig nippte sie an ihrem Glas und lächelte.
    Ich erklärte kurz, woher ich Keith kannte und was ich beruflich machte, aber sie begriff nicht. Sie glaubte, ich sei in ihn verschossen und verdiene meinen Lebensunterhalt, indem ich Approbationen für Ärzte ausstellte. Auf dem Heimweg drehte ich laut Musik auf, um mich auf der Fahrt durch die tiefe Dunkelheit wachzuhalten. Über weite Strecken waren die Sterne das einzige Licht. Ich griff nach dem Telefon.
    Wingos Mutter nahm ab und sagte mir, er liege krank im Bett.
    Sie holte ihn trotzdem an den Apparat.
    »Wingo, ich mache mir Sorgen um Sie«, sagte ich mit Nachdruck.
    »Ich fühle mich schrecklich.« Das war ihm anzuhören. »Na ja, gegen die Grippe kann man halt nichts machen.«
    »Ihr Immunsystem ist geschwächt. Als ich das letztemal mit Dr. Riley sprach, ließ Ihr CD4-Zellstatus sehr zu wünschen übrig.« Ich wollte, daß er den Tatsachen ins Auge sah. »Beschreiben Sie mir Ihre Symptome.«
    »Ich habe mörderische Kopfschmerzen, und auch mein Hals und mein Rücken tun höllisch weh. Als ich das letztemal Fieber gemessen habe, hatte ich vierzig Grad. Und ich habe die ganze Zeit schrecklichen Durst.«
    Seine Worte ließen bei mir die Alarmglocken klingeln, denn all diese Symptome traten auch im Frühstadium von Pocken auf. Aber falls er sich bei dem Rumpf angesteckt hatte, wunderte es mich, daß er nicht eher krank geworden war,

Weitere Kostenlose Bücher