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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hören die doch nicht auf, Crack zu verkaufen«, sagte er gerade zu einem hageren, wettergegerbten Mann mit einer John-Deere-Mütze.
    »Dann lassen Sie sie doch.«
    »Sie lassen?« Roy griff nach seinem Kaffee. Er war so drahtig und kahlköpfig wie immer. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Und ob das mein Ernst ist.«
    »Darf ich unterbrechen?« sagte ich und zog einen Stuhl hervor.
    Roys Unterkiefer klappte herunter, und einen Moment lang konnte er nicht glauben, wen er da vor sich hatte. »Also, das gibt's ja nicht.« Er stand auf und schüttelte mir die Hand.
    »Was um alles in der Welt machen Sie denn hier draußen?«
    »Ich suche nach Ihnen.«
    »Entschuldigen Sie mich bitte.« Der andere Mann tippte sich an die Mütze, stand auf und ging.
    »Sagen Sie bloß, Sie sind dienstlich hier«, sagte der Sheriff.
    »Aus welchem Grund denn sonst?«
    Meine Stimmung ernüchterte ihn. »Irgendwas, wovon ich nichts weiß?«
    »O doch, Sie wissen davon«, sagte ich.
    »Na, was ist? Was wollen Sie essen? Ich empfehle das Sandwich mit gebratenem Huhn«, sagte er, als eine Kellnerin erschien.
    »Heißen Tee.« Ich fragte mich, ob ich je wieder etwas essen würde.
    »Sie sehen nicht so aus, als würde es Ihnen besonders gut gehen.«
    »Mir geht es beschissen.«
    »Im Moment werden alle krank.«
    »Wenn's das nur wäre«, sagte ich.
    »Was kann ich tun?« Er beugte sich zu mir herüber und widmete mir seine ganze Aufmerksamkeit.
    »Ich werde die Kaution für Keith Pleasants hinterlegen«, sagte ich. »Leider geht das erst morgen. Aber ich möchte Ihnen begreiflich machen, Rob, daß es sich hier um einen Unschuldigen handelt, der reingelegt wurde. Investigator Ring versucht ihm etwas anzuhängen, weil er sich auf einer Art Hexenjagd befindet und sich unbedingt einen Namen machen will.«
    Roy machte ein verdutztes Gesicht. »Seit wann verteidigen Sie Häftlinge?«
    »Das tue ich nur, wenn sie unschuldig sind«, sagte ich.
    »Und dieser Mann ist ebensowenig ein Serienmörder wie Sie oder ich. Er hat nicht versucht, vor der Polizei zu flüchten, und vermutlich ist er noch nicht einmal zu schnell gefahren. Ring schikaniert ihn nur, und er lügt. Schauen Sie sich doch an, wie hoch die Kaution festgesetzt wurde - für ein Verkehrsdelikt!« Er hörte schweigend zu.
    »Pleasants hat eine kranke, alte Mutter, um die sich sonst niemand kümmert. Er ist drauf und dran, seinen Job zu verlieren. Ich weiß, daß Rings Onkel der Innenminister ist und dazu ein ehemaliger Sheriff«, sagte ich. »Und ich weiß, was das bedeutet, Rob. Ich brauche Ihre Hilfe. Irgend jemand muß diesen Mann stoppen.«
    Rob schob seinen Teller weg, denn sein Funkgerät rief nach ihm. »Meinen Sie das wirklich?«
    »Ja.«
    »Einundfünfzig hier«, sagte er ins Funkgerät und rückte seinen Gürtel mit dem Revolver daran zurecht.
    »Gibt es schon irgendwas Neues über den Raubüberfall?« kam eine Stimme zurück. »Wir warten noch drauf.«
    Er beendete die Verbindung und sagte zu mir: »Sie haben also keinerlei Zweifel daran, daß dieser Junge nichts angestellt hat.«
    Ich nickte wieder. »Nicht den geringsten. Der Mörder, der diese Frau zerstückelt hat, kommuniziert übers Internet mit mir. Pleasants weiß noch nicht mal, was das ist. Die Angelegenheit ist sehr viel komplizierter, als ich Ihnen jetzt erläutern kann. Aber eins dürfen Sie mir glauben - der Junge hat nichts mit der Sache zu tun.«
    »Und was Ring angeht, sind Sie sich ganz sicher, ja? Ich meine, wenn ich etwas unternehmen soll, muß ich mich schon darauf verlassen können.« Er sah mir eindringlich in die Augen.
    »Wie oft soll ich es denn noch sagen?«
    Er feuerte seine Serviette auf den Tisch. »Also, jetzt platzt mir aber der Kragen.« Er schubste seinen Stuhl zurück. »Wenn ich eins nicht abkann, dann ist das, daß ein Unschuldiger in meinem Gefängnis sitzt und irgendsoein Cop da draußen ein schlechtes Licht auf uns wirft.«
    »Kennen Sie Kitchen, den Mann, dem die Deponie gehört?« fragte ich.
    »Na klar. Wir sind in derselben Freimaurerloge.« Er zückte seine Brieftasche.
    »Jemand sollte mit ihm reden, damit Keith seinen Job nicht verliert. Wir müssen die Sache irgendwie wieder ins Lot bringen«, sagte ich.
    »Genau das werde ich tun, glauben Sie mir!«
    Er legte Geld auf den Tisch und ging forschen Schrittes zur Tür. Ich blieb so lange sitzen, bis ich meinen Tee ausgetrunken hatte und schaute mir derweil die Vitrinen voller geringelter Zuckerstangen, Barbecue-Sauce und aller erdenklichen

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