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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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miteinander Kontakt aufnehmen und pornographische Werke austauschen. Das FBI konnte nichts dagegen tun. Es war alles legal.
    Niedergeschlagen saß ich da, in meine Kissen gestützt, und döste ein, ohne es zu wollen. Als ich eine Stunde später wieder die Augen öffnete, befand ich mich in einem Chat-Raum mit dem Titel ARTLOVE. Eine Nachricht für mich harrte geduldig auf meinem Bildschirm. Deadoc hatte mich gefunden.
    DEADOC: ein bild ersetzt tausend worte
    Ich schaute hastig nach, ob er immer noch online war, und fand ihn. Still und reglos hockte er im Cyberspace und wartete auf mich. Ich tippte meine Antwort ein.
    SCARPETTA: Was haben Sie anzubieten?
    Er antwortete nicht sofort. Drei oder vier Minuten saß ich da und starrte auf den Bildschirm. Dann war er wieder da.
    DEADOC: mit verrätern mache ich keine geschäfte ich verschenke was ich habe was passiert ihrer meinung nach mit solchen menschen
    SCARPETTA: Sagen Sie es mir!
    Schweigen. Ich sah zu, wie er den Raum verließ und eine Minute später zurückkam. Er verwischte seine Spur. Er wußte genau, was wir vorhatten.
    DEADOC: das wissen sie doch
    SCARPETTA: Nein.
    DEADOC: dann erfahren sie es noch
    SCARPETTA: Ich habe die Fotos gesehen, die Sie mir geschickt haben. Ich konnte daraus nicht viel ersehen. Was wollten Sie mir damit mitteilen?
    Aber er antwortete nicht. Ich kam mir langsam und schwer von Begriff vor. Ich hatte ihn vor mir und konnte ihn doch nicht festhalten. Ich war nicht in der Lage, ihn in ein längeres Gespräch zu verwickeln. Ich war frustriert und entmutigt, als wieder ein Telegramm auf meinem Bildschirm erschien, diesmal von der Squad 19.
    QUINCY: A.K.A. Scarpetta. Ich muß noch diesen einen Fall mit Ihnen durchgehen. Die Selbstopferung.
    Damit war für mich klar, daß Quincy Lucy war. A.K.A. stand für Aunt Kay Always. Das war ihr Codename für mich. Sie wachte über mich, wie ich all die Jahre über sie gewacht hatte, und sie signalisierte mir, daß sie bei mir war. Ich antwortete ihr.
    SCARPETTA: Ja, richtig. Das wird nicht leicht für Sie. Wie werden Sie verfahren?
    QUINCY: Warten Sie ab, was ich vor Gericht aussage. Später mehr.
    Ich lächelte, als ich mich ausloggte und in die Kissen zurücklehnte. Jetzt fühlte ich mich nicht mehr ganz so hilflos und allein.
    »Guten Morgen.« Die erste Schwester war wieder da.
    »Gleichfalls.« Meine Stimmung sank.
    »Dann wollen wir mal Fieber und Blutdruck messen. Wie geht's uns denn heute?«
    »Gut geht's uns.«
    »Möchten Sie Eier oder Cornflakes?« »Obst«, sagte ich.
    »Das stand nicht zur Auswahl. Aber eine Banane können wir wohl noch irgendwo auftreiben.«
    Schon hatte ich das Thermometer im Mund und die Manschette um den Arm. Sie redete in einem fort.
    »Draußen ist es so kalt, als würde es bald schneien«, sagte sie.
    »Null Grad. Ist das nicht unglaublich? Meine Windschutzscheibe war sogar vereist. Die Eicheln sind in diesem Jahr groß. Das deutet auf einen strengen Winter hin. Sie haben immer noch unter siebenunddreißig Grad. Was ist bloß los mit Ihnen?«
    »Wieso hat man mir das Telefon weggenommen?« fragte ich.
    »Ich werd' danach fragen.« Sie nahm mir die Manschette ab.
    »Ihr Blutdruck ist auch zu niedrig.«
    »Fragen Sie bitte Colonel Fujitsubo, ob er heute morgen vorbeikommen kann.«
    Sie trat einen Schritt zurück und musterte mich argwöhnisch.
    »Wollen Sie sich etwa über mich beschweren?«
    »Du liebe Güte, nein«, sagte ich. »Ich muß nur hier raus.«
    »Tja, es tut mir ja sehr leid, aber darauf hab' ich keinen Einfluß. Manche Leute müssen sogar zwei Wochen hierbleiben.«
    Ich dachte, ich würde gleich den Verstand verlieren.
    Bis zum Mittagessen - gegrillte Hühnerbrust, Karotten und Reis - ließ der Colonel sich nicht blicken. Ich aß kaum etwas, und meine Anspannung stieg. Der Fernseher flimmerte stumm im Hintergrund. Ich hatte den Ton abgestellt. Um zwei Uhr nachmittags kam die Schwester und verkündete, ich hätte wieder Besuch. Also setzte ich wie gehabt die HEPA-Filtermaske auf und folgte ihr den Flur hinunter in die Ambulanz.
    Diesmal kam ich in Kabine A, und auf der anderen Seite wartete Wesley auf mich. Er lächelte, als unsere Blicke sich trafen, und wir nahmen beide unseren Hörer ab. Ich war so erleichtert und überrascht, ihn zu sehen, daß ich anfangs ins Stottern geriet.
    »Ich hoffe, du bist gekommen, um mich zu retten«, sagte ich.
    »Mit Ärzten leg' ich mich nicht an. Das hab' ich von dir gelernt.«
    »Ich dachte, du wärst in Georgia.«
    »War

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