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Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin

Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin

Titel: Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sie Braedons Hilfe auch zu schätzen wusste, ihre Loyalität galt zuallererst ihrem Bruder. Seine Sicherheit hatte Vorrang, und sein Leben hing davon ab, inwieweit sie sich an die Bedingungen hielt, die seine Entführer gestellt hatten. Demnach war es ihr verboten, irgendjemandem von der Gefahr zu erzählen, in der Kenrick tatsächlich schwebte. Sie musste die Bedingungen befolgen.
    Obgleich sie bereits darüber nachgedacht hatte, dass Braedon ihr möglicherweise hilfreich dabei sein könnte, ihren Bruder zu retten – und einen Verbündeten hatte sie bitter nötig – , durfte sie nicht zulassen, dass er die Wahrheit erfuhr. Nicht, wenn sie ihrem Ziel, Kenrick aus den Händen der Entführer zu befreien, schon so nahe war. Sie musste alles daransetzen, nicht zu viel von dem wahren Grund ihrer Reise zu verraten. Wenn Braedon sie zu sehr drängte, würde sie einfach zu einer Lüge greifen.
    »Also gut«, gab sie mit einem Seufzer nach. »Ich werde versuchen Eure Fragen zu beantworten, auch wenn es Euch eigentlich nichts angeht.«
    »Ihr könntet damit beginnen, mir etwas über Euren Bruder zu erzählen.«
    Ariana rief sich die guten Eigenschaften ihres geliebten Bruders in Erinnerung, von denen sie Braedon erzählen wollte. »Mein Bruder ist der ehrenwerteste Mensch, den ich kenne. Er ist aufrichtig und mutig, zuvorkommend und rücksichtsvoll. Er ist klug und weltgewandt und rechtschaffen.«
    Braedon hob eine dunkle Braue. »Euer Bruder scheint ein Heiliger zu sein«, sagte er höhnisch.
    »Ihr werdet es kaum glauben, aber schon als Junge wurde er von seinen Spielgefährten ›Heiliger‹ genannt«, erwiderte Ariana und erwiderte Braedons zweifelnden Blick mit einem nachdrücklichen Nicken. »Kenrick hatte bereits als Kind edle Pläne für sein Leben. Er wollte Gott dienen. Unser Burgkaplan unterrichtete ihn, während Kenrick sich darauf vorbereitete, am Tag seiner Volljährigkeit das Gelübde als Priester abzulegen.«
    Braedon hörte ihr so aufmerksam zu, als würde er jedes einzelne Wort überprüfen. »Hat er es getan?«
    »Nein.« Ariana schaute zu Boden und schüttelte den Kopf, als sie sich daran erinnerte, wie Kenrick von der Abtei, in die er erst eine Woche zuvor als Novize eingetreten war, nach Hause zurückgekehrt war. An jenem kalten Abend war er zu Fuß gelaufen und so außer Atem gewesen, als wäre er den gesamten Weg gerannt. Ariana konnte nicht hören, was Vater und Sohn hinter verschlossener Tür besprachen, aber sie spürte, dass Ärger und Schrecken in der Luft lagen. Und als ihr Bruder ihr am folgenden Tag unten im Burghof tonlos Lebewohl sagte, war der Schmerz in seiner Stimme nicht zu leugnen gewesen. Ernst und auffallend blass klammerte er sich an die Zügel seines Pferds, erneut bereit, sein Zuhause zu verlassen. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ritt er durch das Burgtor. Ein sechzehnjähriger Junge, der allein ausgezogen war, um Soldat zu werden.
    »Kenrick wandte sich von seinem ursprünglichen Vorhaben, Priester zu werden, ab und beschloss stattdessen, dem Kreis der Armen Ritter vom Tempel Salomons beizutreten.«
    »Er wurde Templer?« Braedon verzog spöttisch die Lippen, so als hafte dem Wort ein zweifelhafter Ruf an. »Die kämpfenden Brüder sind nicht gerade für ihre fromme Lebensführung bekannt, Mylady.«
    Ariana straffte die Schultern. Aus Erzählungen wusste sie, dass die Tempelritter nach strengen Regeln der Armut und Keuschheit lebten. Aber ihr war auch zu Ohren gekommen, dass die heiligen Schwüre öfter missachtet als befolgt wurden. Die Templer waren eine enge Bruderschaft, deren geheime Rituale immer häufiger als Taten des Bösen ausgelegt wurden. Es gab Gerüchte, man sprach sogar von Ketzerei. Dass Kenrick einer der Ordensbrüder war, beunruhigte Ariana, aber sie vertraute noch immer auf das Ehrgefühl ihres Bruders. Worin auch immer er verstrickt sein mochte und was seine Entführer auch immer von ihm verlangten, sie war überzeugt, dass er sich nichts hatte zuschulden kommen lassen.
    Braedon lachte leise, als er das Feuer schürte. »Demnach hat der Heilige das Schwert genommen. Aus purer Gier nach Reichtum oder um Ruhm zu erlangen?«
    »Es ging ihm weder um das eine noch um das andere, dessen bin ich sicher«, betonte Ariana. »Mein Vater hat ihn ermutigt, diesen Weg zu gehen. Ich habe ihn erst acht Jahre später wiedergesehen.«
    Erst in jenem Sommer, als er seltsam abwesend nach Clairmont zurückkehrte, geradezu besessen von seinen schriftlichen Aufzeichnungen.

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