Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)
Gefahr ausgerichtet. Grimmige Entschlossenheit war nun sein Begleiter, wie früher vor jeder Schlacht.
Doch nun war etwas anders.
Hier ging es um Serena, und wenn er sich ausmalte, ihr könne ein Leid geschehen sein, drohte ihn die kalte Berechnung zu verlassen, die ihn für gewöhnlich im Kampfgeschehen auszeichnete. Wütend stürmte er vorwärts, von namenloser Angst gepackt, Serena nicht lebend wiederzusehen.
Mit einem Mal hörte er, dass ihm jemand durch das Dickicht entgegenkam. Rand verlangsamte seine Schritte, spähte angestrengt durch die Zweige und erhaschte einen Blick auf hellen Stoff, der hier und da zwischen dem Farnkraut und dem Buschwerk aufblitzte.
»Serena!«
Doch in ihrer Angst hörte sie ihn nicht. Sie lief zwar direkt auf ihn zu, aber noch hatte sie ihn nicht erblickt, da sie sich ständig im Laufen umdrehte – zu einer dunklen Gestalt, die ihr hart auf den Fersen war. Der Verfolger war groß, machte riesige Schritte und holte sie mit jedem Sprung ein.
Die mächtige Gestalt gab ein Knurren von sich – einen kehligen Laut – , und da wusste Rand, was für einem Geschöpf er sich entgegenstellen musste.
»Serena, hierher!«
»Rand!«
Ihre schreckgeweiteten Augen entdeckten ihn, ihre Blicke trafen sich. Sie lief schneller, als habe ihr sein willkommener Anblick neue Kraft verliehen. Sie keuchte, und ihr Gesicht war bleich, bis sie schließlich nur noch eine Armeslänge von ihm entfernt war. Sofort zog Rand sie hinter sich und stellte sich dem heranstürmenden Gestaltwandler in den Weg.
»Lauf fort!«, rief er Serena zu, als sie hinter ihm ins Stolpern geriet und zu Boden fiel.
Ihm blieb keine Zeit, den gezückten Dolch einzusetzen, denn in dem Augenblick, als er den Kopf wieder nach vorn drehte, war das Geschöpf schon bei ihm. Nicht ganz Tier, nicht ganz Mensch, stürzte sich das Wesen auf Rand und bohrte seine Krallen in dessen Schultern. Durch die Wucht des Aufpralls stürzte Rand rücklings zu Boden, die Bestie mit sich reißend.
Der Gestaltwandler bleckte die Zähne unterhalb seiner zerschlagenen und blutenden Nase und versuchte, Rand in den Arm zu beißen. Gerade noch rechtzeitig zog Rand seinen Arm zurück und schlug dem Gegner mit der Faust ans Kinn. Das Untier schüttelte den Schlag ab, rollte mit Rand auf die Seite und versuchte, die Oberhand zu gewinnen. Wieder schlug Rand zu und zielte auf die gebrochene Nase.
Den Dolch hielt er noch in der anderen Hand. Er umklammerte den Knauf, jederzeit bereit, der Bestie die Klinge in den Rücken zu stoßen, während sie beide auf dem Boden miteinander rangen. Doch er hatte keine Chance. Brüllend sprang der Gestaltwandler auf die Füße und zog mit einem hellen, schabenden Geräusch sein Schwert aus der Scheide.
»Komm doch«, höhnte das Untier. Seine langen Fangzähne waren blutverschmiert. Mit einer prankenartigen Hand winkte es Rand heran. »Bringen wir es hinter uns, du Mensch.«
In einem Halbkreis bewegten sie sich umeinander, jeder versuchte, den anderen dazu zu bringen, den ersten Schritt zu tun. De Mortaines Wächter ließ seine Klinge in einer übermütigen Geste durch die Luft sausen und führte Rand mit einem höhnischen Grinsen vor Augen, wie groß die Reichweite seines breiten Schwertes war. Rand verhielt sich ruhig, hinter ihm sog Serena allerdings scharf die Luft ein.
Der Gestaltwandler nutzte diese kurze Ablenkung und ging zum Angriff über.
Hart schlug er zu, doch Rand besaß die Geistesgegenwart, dem tödlichen Streich im letzten Moment noch auszuweichen. Ein Ausfallschritt genügte ihm, um seinerseits vorzuschnellen und dem Gegner den Dolch in den Unterarm zu rammen. Der Gestaltwandler gab ein Zischen von sich, holte aber doch zum nächsten Hieb aus. Er verfehlte Rand nur knapp, aber diesmal traf die lange Klinge den Dolch und schlug Rand die kleine Waffe aus der Hand.
»Das dürfte ein Spaß werden«, höhnte der Gestaltwandler und stellte sich mit einem Fuß auf den Dolch, der sich nun außerhalb von Rands Reichweite befand.
Der ungleiche Kampf zog sich hin. Rand gelang es immer wieder, der Klinge auszuweichen, während er die ganze Zeit daran denken musste, was Serena und ihrer Mutter widerfahren würde, wenn er diesen Kampf verlöre. Der Gestaltwandler hatte seine böse Freude an Rands aussichtsloser Lage. Doch als es Rand auch weiterhin gelang, stets genau im richtigen Moment auszuweichen, zeichnete sich Zorn auf den wolfsartigen Zügen seines Gegners ab.
Rand versuchte, das Geschöpf von der Stelle
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