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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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ein stummes Flehen innewohnte. »Wir führen ein einfaches Leben in Abgeschiedenheit und möchten mit Euresgleichen nichts zu tun haben.«
    Mit einem leisen Fluch ließ Rand den Dolch sinken.
    Ein halber Tagesmarsch bis zur nächsten Siedlung. Er spürte, dass er nicht mehr die Kraft hatte, so lange zu gehen, um Nahrung und Unterschlupf zu finden. Ein Marsch von einem halben Tag würde ihn zu weit von dieser Küste wegführen, an der der Drachenkelch womöglich wieder an Land gespült werden würde – sofern er tatsächlich von den Gezeiten ins Meer gezogen worden war.
    Bei Gott.
    Wenn er nur daran dachte, wie sehr er darum gekämpft hatte, den Kelch nicht zu verlieren!
    Sein eigenes Missgeschick verfluchend, sah er zu, wie die ältere Frau ihrer Tochter aufhalf. Abwechselnd betrachtete er die beiden Frauen: die rätselhafte Waldnymphe und die anmaßende Mutter, die sich mit übertriebener Fürsorge um ihre Tochter kümmerte, als sei die junge Frau aus Glas. Womöglich waren beide nicht ganz klar im Kopf. Vielleicht hatte man sie aus einer Dorfgemeinschaft ausgeschlossen und zu einem einsamen Leben in der Wildnis verdammt, da es untrügliche Zeichen gab, dass sie dem Irrsinn verfallen waren. Offenbar gab es keinen Mann, der sich ihrer annahm, weder ein Grundherr noch ein Verwandter, denn sonst hätte Rand ihn gewiss längst zu Gesicht bekommen. Nein, diese Frauen waren allein und auf sich gestellt. Wie er.
    Demnach musste er sich mit dem wenigen bescheiden, das sich ihm bot.
    »Ich werde einen Tag oder zwei bei euch bleiben müssen«, ließ er die Frauen wissen, und sein Tonfall duldete keinen Widerspruch. Entschlossen trat er zu ihnen hin und wies mit einem Kopfnicken auf den Pfad, der in den Wald führte. »Zeigt mir, wo ihr lebt.«
    Keine der Frauen schien darauf erpicht zu sein, der Aufforderung nachzukommen, daher streckte Rand den Arm aus. Er hatte lediglich die Absicht, Serena in Richtung des Pfades umzudrehen, der hinter ihr lag, doch ehe er die junge Frau mit der Hand an der Schulter berühren konnte, schob sich die Mutter bereits schützend vor ihre Tochter.
    »Also gut. Wir werden Euch den Weg zeigen, da Ihr uns keine Wahl lasst. Ihr braucht uns nicht zu zwingen.«

4
    Die Waldhütte war ihr noch nie so klein vorgekommen wie in diesem Augenblick, als der Fremde den Raum ganz vereinnahmte. Wie ein barbarischer Krieger aus den vielen Geschichten ihrer Mutter durchmaß er die enge Behausung. Und diese Geschichten hatten nie ein glückliches Ende, wie Serena sich bewusst machte. Weder für die Jungfrauen, die sich auf manch eine törichte Reise einließen, noch für die unzähligen herrlichen Königreiche, die unter den Schwerthieben der gewalttätigen Männer zerfielen, deren Herzen so schwarz waren wie das des Fremden.
    Als er noch bewusstlos am Strand gelegen hatte, war er ihr nicht so groß und furchteinflößend vorgekommen. Jetzt indes, als er ihr Zuhause in Beschlag nahm, nur unzureichend bekleidet und blutverschmiert von dem Unheil, das ihn auf See ereilt hatte, jagte er Serena wahrlich Angst ein. Ganz bewusst hielt sie sich von ihm fern, während er sich in der ärmlichen Kate umsah. Und nicht zum ersten Mal bereute sie, dass dieser Mann nur deshalb hier war, weil sie zu unbedacht gehandelt hatte. Es war ein furchtbarer Fehler gewesen, gegen den Willen ihrer Mutter zum Strand zurückzukehren.
    Sie wünschte, sie könnte ihren nächtlichen Ausflug ungeschehen machen.
    Wenn man in der unglücklichen Wendung der Ereignisse irgendeine göttliche Fügung sehen wollte, dann war es die, dass der Fremde ohne jegliche Ausrüstung an Land gespült worden war. Er hatte weder Schwert noch sonst eine Waffe bei sich und besaß jetzt nicht mehr als den kleinen Dolch, den ihm Serenas Mutter am Strand hatte überlassen müssen. Er trug nur noch zerrissene Beinkleider, die ihm in Fetzen um die Hüften hingen. Der Oberkörper war unbekleidet. Spuren von Sand überzogen die sonnengebräunte Haut des Mannes, und Salz hatte sich in die zahllosen Wunden gelegt.
    Der Widerschein des neu entfachten Herdfeuers fing sich auf seinen breiten Schultern und den harten Konturen seines kraftvollen Oberkörpers. Für einen Moment war Serena wie gebannt und vermochte den Blick gar nicht von dem Mann zu wenden, auf dessen Haut die unsteten Flammen des Feuers spielten wie das Sternenlicht auf weichem Sand.
    Das waren eigenartige Gedanken, die den Eindruck nur verstärkten, dass der Fremde in dieser Hütte völlig fehl am Platze war und

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