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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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obwohl es ein warmer Tag war. Sie zwang sich, friedlichere Gedanken zuzulassen, denn die Angst schnürte ihr das müde Herz zu. Die Sonne, die bei Serenas Ankunft an der Kapelle hoch am Himmel gestanden hatte, war längst über das offene Kirchenschiff gewandert, dem Nachmittag zugewandt. Viel zu lange hatte Serena schon an diesem Ort verweilt. Wenn sie jetzt noch länger bliebe, würde sich ihre Mutter gewiss Sorgen machen.
    Mit den behandschuhten Fingern wischte sie die Tränen fort und sprang von dem Altarstein. Feiner Staub des Waldes umwirbelte ihre Füße, als sie durch das kurze Kirchenschiff zu dem Rundbogenportal schritt, das schon lange keine Holztür mehr besaß.
    Außerhalb der heiligen Ruine erklangen plötzlich Geräusche im Wald, Laub raschelte, Vögel flogen auf, und durch das leichte Seufzen des Windes hörte Serena lange, kräftige Schritte näher kommen, unter denen Äste und Zweige knackten.
    Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und versuchte, ruhig zu atmen, als Rands langer Schatten auf die Schwelle der Kapelle fiel. Dicht am Leib hielt er einen Dolch in der Hand, bereit, jeden Augenblick damit zuzustechen.
    Keuchend wich Serena zurück.
    »Was tust du hier draußen?«, fuhr er sie an und ließ die Waffe sinken. »Was ist das für ein Ort?«
    Er musterte sie mit finsterem Blick, während sie langsam vor ihm zurückwich. Ihre Trauer war von seiner Gegenwart augenblicklich verdrängt worden. Er stand zu dicht vor ihr, und schon die leichteste Berührung würde die Ahnung wecken und Serena erneut einen Blick in das leere und trostlose Herz dieses Mannes aufzwingen.
    »Vor langer Zeit war dies unsere Familienkapelle«, antwortete sie und fühlte sich mit einem Mal eingeengt, da Rands große Gestalt den Eingang der heiligen Stätte zu beherrschen schien. »Ich kam hierher, da ich allein sein wollte«, bekannte sie offen.
    »Du hast geweint.« In seinem Ton schwang Missbilligung mit.
    Serena zuckte die Schultern. »Ich kam hierher, um für mich zu sein«, wiederholte sie. Mehr konnte sie nicht vorbringen, denn er ragte so düster wie eine Gewitterwolke vor ihr auf. »Und ich war gerade im Begriff, zur Hütte zurückzugehen. Meine Mutter wartet auf mich.«
    Er trat über die Schwelle, ohne hereingebeten zu werden.
    »Du hast mir nicht von diesem Ort erzählt, als wir vorgestern durch den Wald gingen.«
    Serena blickte sich in dem alten Kirchenschiff um. »Ich hielt es nicht für wichtig. Hier gibt es nichts zu sehen. Diese Kapelle ist von keinem Interesse für Euch.«
    »Aber hier könnte sich ein neugieriger Taubenjäger verstecken, und genau das dachte ich, als ich näher kam.« Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach unten, seine Lippen bildeten eine schmale Linie in dem dunklen Bart. »Ich habe dich für vorsichtiger gehalten. Es könnte gefährlich sein, allein durch die Wälder zu streifen.«
    »Ich bin es nicht gewohnt, mich im Farnkraut zu verstecken.«
    »Ach nein?« Sein leicht spöttischer Tonfall ärgerte sie ein wenig.
    »Nein«, bekräftigte sie. »Und das habe ich auch jetzt nicht vor.«
    »Wie du meinst«, sagte er und trat tiefer in die Kapelle hinein. Seine bloßen Füße machten keine Geräusche. Serena sah zu, wie er den kleinen Raum abschritt, mit den Fingern über den steinernen Altar strich und schließlich wieder bei ihr stehen blieb. »Du solltest vielleicht wissen, dass ich heute noch weitere Fallen entdeckt habe. Ich habe zwar nur vier gezählt, aber ich vermute, dass es noch mehr gibt.«
    Serena seufzte entmutigt. »Wo?«
    »Hier und dort, in der Nähe der alten Steingrenze.« Es kam ihr so vor, als habe seine tiefe Stimme einen besorgten Unterton. »Sie werden näher kommen, Serena. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
    Furcht senkte sich schwer auf sie herab, denn sie wusste, dass Rand recht hatte, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte.
    »Ihr glaubt, wir sollten den Wald verlassen«, erwiderte Serena auf seinen unausgesprochenen Rat hin. »Sollen wir einfach unser Zuhause aufgeben?«
    »Vielleicht«, antwortete er. »Ehe es wirklich einen Anlass gibt, sich zu fürchten.«
    Ein leises Lachen kam über ihre Lippen. »Meine Mutter wollte schon, dass wir die Hütte verlassen, aus Angst vor Euch. Und jetzt ratet Ihr uns davonzulaufen, aus Angst vor Dingen, die womöglich niemals eintreten werden.«
    Sie nahm die Überraschung in seiner Miene wahr, aber er erwiderte nichts auf ihre Worte. »Was ist mit dir, Serena?«
    »Was soll mit mir sein?«
    »Deine Mutter wird eines

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