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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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diesem Wald kennen. Und ich bezweifle, dass ich einen besseren Ortskundigen finden werde als dich. Wir sollten an der alten Steinmauer beginnen.«
    Wie es schien, würde er keine Widerworte dulden. Daher willigte Serena ein.
    Sie führte ihn an den hohen Bäumen vorbei und durch das Dickicht bis zu der Stelle, wo sich die alte Steinmauer durch den Wald zog und eine Linie darstellte, die sie in all den Jahren nie überschritten hatte.
    Sie folgten der Spur der Steine, die sich tief in den Wald zog. Dabei schwiegen sie beklommen. Die über hundert Jahre alte Grenzmauer ähnelte eher einer Reihe verfallener Zähne; einige Steine waren zu sehen, andere waren überwuchert und kaum noch unter dem Moos zu erkennen. Hier und da hatten die nachwachsenden Bäume oder das kräftige Wurzelwerk einzelne Steine verdrängt und somit die sorgsam angelegte Reihe unterbrochen.
    »Diese alten Steine haben meine Ahnen in mühsamer Arbeit aufeinandergeschichtet – die Ersten, die einst hierherkamen und diesen Wald zu ihrem Zuhause erkoren«, erklärte Serena und kam sich ein wenig linkisch vor, da sie sich nun mit einem Mann unterhielt, der noch vor wenigen Stunden in einem Anfall von Wut ihre Tongefäße zerschlagen hatte und sich nun selbst zum Beschützer dieses Waldes erklärte.
    Aber der Tag war ohnehin außergewöhnlich gewesen. Tief in ihrem Innern begann sich die Ahnung zu regen und erinnerte sie einmal mehr daran, dass ein Teil dieses gefürchteten Kriegers von jetzt an auch in ihr lebte, mochte ihr das nun gefallen oder nicht.
    »Kommt hier entlang«, sagte sie, sowie sie die äußere Biegung der Steingrenze erreichten. »Ich zeige Euch, wo ich die ersten Fallen gefunden habe.«
    Wieder senkte sich Schweigen herab, und die einzigen Geräusche kamen von den zirpenden, umherhuschenden Vögeln oder den fliehenden Kaninchen, die sich beim ersten Anzeichen von Schritten in ihren Bau zurückzogen. All diese Geräusche des Waldes waren Musik in Serenas Ohren: die Laute der verschiedenen Tiere, der leise seufzende Wind, der weit oben in den Baumkronen die Blätter rascheln ließ, das dumpfe Rauschen der Wellen, die weiter östlich an die Küste brandeten …
    Unter dem Eindruck all dieser beruhigenden Laute hätte Serena beinahe die Gefahren vergessen, die den Frieden des Waldes nachhaltig störten: die Jäger, die unaufhörlich tiefer in den Wald vordrangen, und jene andere, weniger offenkundige Bedrohung, die von dem Mann ausging, der nun neben ihr schritt und ihre Zeit in Anspruch nahm.
    Ihr Beschützer, wie er behauptete.
    Serena wollte nicht wahrhaben, dass sie und ihre Mutter Schutz nötig haben sollten, aber sie konnte auch nicht leugnen, dass das beschauliche Leben, das sie in der Abgeschiedenheit des Waldes bislang geführt hatten, allmählich untergraben wurde. Randwulf of Greycliff war nur einer der Vorboten des kommenden Wandels. Die Fallen der Jäger sprachen ihre eigene Sprache. Die äußere Welt kam immer näher. Schon bald würden weitere Fremde in diesen Wäldern auftauchen, noch mehr Bedrohungen für den Frieden, den Serena ein Leben lang gekannt hatte.
    Ernüchtert nahm sie Rands Anwesenheit als gegeben hin, doch sie konnte es nicht ertragen, sich unterwerfen zu müssen. Sie verlangsamte ihre Schritte und blieb dann ganz stehen.
    »Was ist?«, fragte er. »Warum gehst du nicht weiter?«
    »Es gibt da etwas, das geklärt werden muss, hier und jetzt. Ihr müsst wissen, dass Euer Bleiben an bestimmte Bedingungen geknüpft ist.«
    »Sprich weiter«, sagte er ruhig.
    Serena straffte die Schultern und wandte sich ihm auf dem Pfad zu. »Ihr müsst wissen, dass ich mich in meinem eigenen Haus nicht zu einer Gefangenen machen lasse.«
    Er zuckte gleichgültig die Achseln. »Ich bin nicht dein Wärter.«
    Seine Worte stellten sie nicht zufrieden. »Ich werde nicht Eure Dienerin sein, ebenso wenig meine Mutter«, fügte sie hinzu, um ihm ihren Standpunkt deutlich zu machen. »Wir gewähren Euch Essen und Unterkunft, aber das tun wir aus eigenem Willen und nicht, weil Ihr es einfordert. Ihr könnt uns nicht drangsalieren oder uns einschüchtern, damit wir tun, was Ihr verlangt.«
    »Ah.« Mit leicht schräg gelegtem Kopf schien er ihre Worte hinzunehmen. »Es tut mir leid, dass ich mich heute in der Hütte … vergessen habe. Ich hatte kein Recht dazu und ich verspüre auch nicht den Wunsch, eure Gastfreundschaft zu missbrauchen, Serena.«
    Er sah sie an, während er ihren Namen aussprach, warm wie eine Liebkosung. Im selben

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