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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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würde ihn überhaupt nichts heilen. Vermutlich wusste er das selbst, verfolgte indes beharrlich seine Rache, auch wenn er dabei den Tod fand. Wenn dem so war, wäre es töricht, sich Sorgen um ihn zu machen, rannte er doch wissentlich in sein Verderben.
    Mit einem Seufzer der Resignation verließ Serena die Hütte und ging ihren täglichen Aufgaben nach.
    Draußen vor der kleinen Behausung, zwischen den kräftigen Ästen zweier Eschen, war eine Leine zum Aufhängen der Wäsche gespannt. An diesem Morgen hing die gedrehte Kordel von dem Gewicht dreier gewaschener Decken durch. Serena hatte sie am Vortag sauber gemacht, zusammen mit weichem Leinen, das Rands letzten Verbandsstoff bald ersetzen sollte.
    Das weiße Leinen gehörte zu ihren Hemdchen aus Kindheitstagen, und sie gab es gerne, da sie nicht damit rechnete, an so kleinen Kleidungsstücken jemals Bedarf zu haben. Insbesondere, wenn sie den Rest ihres Lebens in der Abgeschiedenheit des Waldes verbrachte. Ein Ehemann und eine Familie erschienen ihr wie ein ferner Traum und so unerreichbar wie der Mond und die Sterne. Ihre Mutter brauchte sie, und es war recht selbstsüchtig von ihr, sich nach Dingen zu sehnen, die nicht zu verwirklichen waren.
    Rands Anwesenheit hatte nicht geholfen, ihre Neugier auf die Welt jenseits der Waldgrenze einzudämmen. Ungeachtet seiner Warnung, die Welt außerhalb der Wälder sei gefährlich, wünschte Serena, die fremden Orte mit eigenen Augen zu sehen. Die Rastlosigkeit, die sich schon Wochen und Monate vor Rands Ankunft bemerkbar gemacht hatte, war nur noch stärker geworden.
    »Unmöglich«, schalt sie sich leise, als sie die erste Decke von der Leine nahm.
    Den Stoff über den Arm gelegt, ging sie zur nächsten Decke. Als sie auch diese abnahm, frischte der Wind von der See her auf, fuhr in die Decke und riss sie Serena aus den Händen. Das Gewebe bauschte sich und fiel zu ihren Füßen auf den Boden.
    »Beim Heiligen Kreuz«, murmelte sie, einen von Rands bevorzugten Flüchen benutzend, als sie sich bückte, um die Decke wieder aufzuheben. Braune Kiefernnadeln und feiner Waldboden hafteten an dem sauberen Gewebe und machten die Arbeit vom Vortag zuschanden. Serena schüttelte die Decke, so gut es ging, und stieß einen weiteren leisen Fluch aus, als der Schmutz in einer Wolke aufwirbelte.
    »Was für eine verdorbene Ausdrucksweise«, meldete sich eine tiefe, ihr vertraute Stimme in unmittelbarer Nähe zu Wort. »Hätte ich gewusst, dass ich einen so schlechten Einfluss auf dich ausübe, wäre ich in meiner Wortwahl vorsichtiger gewesen.«
    Serena griff nach der letzten Decke und riss sie förmlich von der Leine, sodass Rand am anderen Ende des kleinen Gartens zu sehen war. Er saß auf einem umgestürzten Baum und beschäftigte sich mit einem kleinen Stück Holz, das er zurechtschnitzte. Seine Finger waren geschickt und vorsichtig, ganz anders, als Serena es von einem Mann erwartet hätte, der in der Kampfeskunst erzogen worden war. Müßig schaute er von seiner Arbeit auf und fand Serenas Blick.
    »Ich wusste nicht, dass hier jemand ist«, bekannte sie. Wie immer bewirkte sein Anblick, dass ihr Puls sich beschleunigte und sie die Schultern ein wenig straffte. »Was tut Ihr da?«
    »Nichts.« Als ob ihm plötzlich bewusst würde, was er tat, warf Rand das halb fertig geschnitzte Holzstück zu Boden und stand auf. »Eigentlich wollte ich gerade gehen.«
    »Ihr braucht nicht gleich … «
    »Die Ebbe setzt ein«, erklärte er, offenbar fest entschlossen, sich von ihr zu entfernen. »Ich sollte noch einmal zum Strand gehen und die Suche fortsetzen.«
    Serena konnte einen leisen Laut des Unmuts nicht zurückhalten. »Ihr habt den Strand bereits ein Dutzend Mal abgesucht und keine noch so kleine Spur des Kelchs gefunden, Rand. Ihr müsst die Suche aufgeben, ehe der Gedanke an den Verlust Euch ganz und gar aufzehrt.«
    Seiner harten Miene konnte sie ablesen, dass er ahnte, sie spreche nicht bloß von verlorenen Gegenständen. Das Schweigen zog sich unangenehm in die Länge, während er bloß dastand und sie mit einem Blick bedachte, der zwischen Zorn und Resignation schwankte. »Ich entscheide, was für mich das Beste ist.«
    Serena schaute zur Seite und widmete sich dem Auffalten der Decken. Dann legte sie sie vorsichtig auf das Gras und nahm das kleine Hemd von der Leine. »Euer Verband müsste heute gewechselt werden«, merkte sie an und war froh, auf etwas anderes zu sprechen zu kommen. »Würdet Ihr mir das hier schneiden? Wir

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