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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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Calandras Hand und spürte die dumpfe Angst, die wachsende Verzweiflung. »Meine geliebte Mutter«, sagte sie, in der Hoffnung, sie könne Calandras Bedenken mit sanfter Stimme ausräumen. »Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Du willst mich schützen – das hast du immer getan. Aber du musst bedenken, dass ich in sein Herz geschaut habe. Es ist Gutes in ihm. Die Ahnung trügt nie.«
    »Ja, die Ahnung.« Calandra entwand sich dem lockeren Griff. »Er hat erlebt, wie deine Gabe wirkt, hat die Kraft gespürt, die der Ahnung innewohnt. Wie lange wird er noch warten, bis er beschließt, deine Fähigkeit für seine niederen Belange zu benutzen?«
    »Was sollte ihm die Ahnung denn helfen?«
    »Wenn er eine Möglichkeit sieht, wird er sie nutzen. Und was wird er dann mit dir machen, sobald er sein Ziel erreicht hat und du ihm lästig wirst?«
    Serena schüttelte den Kopf und tat Calandras Bedenken als unbegründet ab. »Rand ist vielleicht kein friedliebender Mensch, aber er wird uns nichts zuleide tun. Ich vertraue ihm … «
    »Vertrauen?« Calandra schien an diesem Wort zu ersticken und warf die Hände in die Luft. »Du kleine Närrin! Du bist zu leichtgläubig, um zu begreifen, was du da sagst.«
    »Er ist nicht so, wie du denkst. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
    »Du törichtes Ding!«
    Der anklagende Ton erschreckte Serena und versetzte ihr einen heftigen Stich. Nie war ihre Mutter so harsch mit ihr ins Gericht gegangen, nicht einmal früher, als Serena noch ein unbekümmertes, neugieriges Kind gewesen war und sie ständig in Atem gehalten hatte. Diese Art von Wut war Serena völlig neu. Nie zuvor hatte sie diese Seite an ihrer Mutter gesehen. Aus Calandras Verhalten sprach eine tiefe Verzweiflung, und das ängstigte sie mehr als alles andere.
    »Es geht dir doch gar nicht um ihn«, versuchte Serena auf die Sorgen ihrer Mutter einzugehen. »Sag es mir. Wovor hast du wirklich Angst?«
    Calandra kochte immer noch vor Wut und bebte am ganzen Leib. »Männer seines Schlages kennen nur Eroberung und Habgier. Er wird dich ausnutzen, Serena. Und wenn er dir alles genommen hat, dann wird er dich wegwerfen wie den Unrat des Vortages.«
    »Wie Vater es mit dir getan hat?«
    Die schallende Ohrfeige, die Calandra Serena daraufhin gab, mochte zwar wohlverdient sein, aber Serena stand wie versteinert vor Schreck da. Selbst Calandra war von ihrem Wutausbruch wie benommen. Sie gab ein Keuchen von sich, und ihre Hand schwebte noch neben Serenas Gesicht.
    »Da siehst du, was er mit uns macht!«, rief sie aufgelöst. »Er bringt uns auseinander!«
    Serenas Wange brannte, und sie glaubte, den heißen Zorn ihrer Mutter spüren zu können. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund. Offenbar hatte sie sich auf die Lippe gebissen. Aber der Schmerz war nichts im Vergleich zu der Gewissheit, dass sich eine Kluft zwischen ihr und ihrer Mutter aufgetan hatte.
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, eine fremde Frau vor sich zu haben. Diesen schrillen Ton hatte sie nie zuvor gehört, die unerwartete Ohrfeige war wie der Schlag einer unbekannten Person gewesen. Sie hatten sich noch nie gestritten – zumindest nicht in dieser Weise. Nie hatte ihre Mutter sie geschlagen; Serena hätte nicht einmal gedacht, dass Calandra dazu in der Lage wäre. Verwundert und zutiefst entsetzt, berührte sie ihre heiße Wange mit den Fingerspitzen.
    »Serena«, keuchte Calandra. »Oh, mein Kind!«
    Heiße Tränen stiegen Serena in die Augen und ließen die Umrisse von Calandras blassem Antlitz verschwimmen.
    »Serena, bitte vergib mir! Ich wollte dir nicht wehtun!«
    Doch Serena wartete keine weiteren Entschuldigungen ab.
    Auf dem Absatz kehrtmachend, floh sie in den Schutz des Waldes.
    Verwirrt und verzweifelt zugleich, wischte Serena ihre Tränen mit den Handrücken fort. Ihre Röcke blieben an kleineren Zweigen hängen, doch sie rannte ohne festes Ziel vor Augen weiter, tief in den Wald hinein.
    In diesem Augenblick wünschte sie, für immer fortlaufen zu können.
    Schließlich schlug sie den Weg zu der einsam gelegenen Kapelle ein, sehnte sie sich doch wie nie zuvor nach Frieden und Ruhe. Durch die Bäume hindurch sah sie bereits das eingefallene Gotteshaus. Das kleine steinerne Portal lockte sie wie ein Leuchtfeuer. Mit keuchendem Atem unterdrückte Serena ein Schluchzen und strich sich das Haar aus dem Gesicht, während sie weiter auf den Ort zuhielt, der ihr ganz allein gehörte.
    Doch ehe sie das Portal erreichte, löste sich eine große Gestalt aus dem

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