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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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hielten sie fest umschlungen.
    »Serena … «
    Als ihr Name über seine Lippen trat, klang es wie eine Entschuldigung. Seine Stimme war belegt und doch fest, sein Atem warm an ihrer Brust.
    Mit leisen Worten beruhigte sie ihn, denn es gab nichts, für das er sie hätte um Verzeihung bitten müssen. Nun verstand sie das scheinbar grundlose Aufflammen seines Zorns, erkannte, warum er sie an diesem Nachmittag fortgeschickt hatte. Sie konnte seinen Wunsch nachvollziehen, sie abzuweisen, da sich die Tür zu seiner Vergangenheit endlich zu schließen begann. Sie konnte das Gefühl nicht ertragen, dass zu seinem Kummer, der nun endlich nach außen drang, auch noch Bedauern hinzukam.
    Heilige Muttergottes. Er hatte ihn so lange in sich getragen, den Schmerz seines Verlusts. Hatte ihn geleugnet. Aber nicht mehr länger. Serena hielt ihn fest, forderte nichts und wünschte nur, sie könnte seinen Schmerz lindern, indem sie ihn mit ihm teilte.
    Doch das war nicht möglich. Ihre Gabe war nicht stark genug. Keine Magie schien in der Lage zu sein, eine so tiefe Wunde zu heilen.
    »Ich weiß«, flüsterte sie, zog ihn an sich und drückte einen weiteren Kuss in sein vom Wind zerzaustes Haar. Wenn es ihm Kraft gab, würde sie ihn die ganze Nacht so halten. Sie würde seinen Kummer mit ihm teilen, bis er von ihm abfiel. »Ich weiß, Rand. Es ist alles gut, du brauchst nichts zu sagen.«

16
    In den folgenden zwei Tagen verloren sie kein Wort über die nächtliche Begegnung am Weiher. Rand wirkte zwar noch nicht gelöst, aber sein ganzes Verhalten ließ erkennen, dass er nicht mehr von einer Zentnerlast niedergedrückt wurde. Die Veränderung stimmte Serena zwar froh, doch er blieb nach wie vor schweigsam, und sie hatte das Gefühl, die Distanz nie überwinden zu können.
    Seine Wunden waren gut verheilt. Er ertüchtigte sich durch Schwimmen im Weiher und vollführte in Ermangelung eines Schwertes seine Kampfübungen mit einem langen, schweren Ast. Kein Zweifel, er bereitete sich auf den Kampf vor, und schweren Herzens ahnte Serena, dass er sie bald verlassen würde.
    Sie stand am Fenster der Hütte und blickte in den Wald. Ihre Finger spielten mit der kleinen hölzernen Taube, die auf dem Sims stand, und ihre Gedanken schweiften zu den kostbaren Augenblicken zurück, die sie mit Rand geteilt hatte.
    Serena wünschte, sie hätten mehr Zeit füreinander. Sie wünschte, sie könnten ein paar gemeinsame Stunden an einem Ort verbringen, wo sie nicht Serena aus dem Waldland war und er nicht Randwulf of Greycliff, der sein Leben der Rache verschrieben hatte. Wie gerne würde sie die Welt kennenlernen, aus der er kam, um zu erfahren, ob sie jemals in dieses fremde Leben hineinwachsen könnte.
    Nur einmal sollte er sie voller Erstaunen ansehen und in ihr die Frau erkennen, zu der sie herangereift war, und nicht das überbehütete junge Ding aus der Waldkate, das immer nur in schlichten Kleidern herumlief. Für ihn wäre sie gern eine Prinzessin, eine atemberaubende Schönheit, wie die Frauen aus fernen Ländern in den Geschichten ihrer Mutter.
    Wie sehr wünschte sie sich, er schwöre seinem gefährlichen Plan ab und bliebe für immer bei ihr. Doch ein solches Denken war selbstsüchtig und töricht.
    Ihr Blick fiel auf eine der Kleidertruhen, die nicht weit der Bettstatt standen. Sie trat zu der Truhe hinüber und kniete sich davor. Der schwere Deckel öffnete sich mit einem Knarren. Rasch entnahm Serena der Truhe die ersten gefalteten Kleidungsstücke. Die schlichten Kleider hatte sie selbst gewebt. Keines davon war schön, ungeachtet der sorgfältigen Webarbeit und der wenigen bescheidenen Verzierungen. Auf jedes fertige Kleid war sie stolz gewesen, aber nun kamen sie ihr allesamt schäbig und unauffällig vor. In der Truhe lag indes noch ein anderes Gewand, und genau danach suchte Serena.
    Es lag ganz unten auf dem Boden, verborgen wie eine kostbare Reliquie – und für Serena war es auch etwas Heiliges.
    Als sie das letzte grob gewebte Kleid hochhob, fiel ihr Blick auf die hochwertige, tiefblaue Seide, die mit goldenen Fäden durchwirkt war. Kleine Perlstickereien zierten die Ärmel und das herzförmig geschnittene Mieder und funkelten wie Sterne. Ganz behutsam nahm Serena das Gewand aus der Truhe, drehte sich zum Licht und staunte über die feine Machart. Dann erhob sie sich, ließ die langen Röcke entrollen und lächelte, als der dünne Stoff von der leichten Brise am Fenster aufgebauscht wurde.
    Das Gewebe fühlte sich

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