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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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eigensinnigen Wege gingen. Allerdings ahnte ich ebenso wenig, was mir nun bevorstehen würde, als ich - von den Turkopolen auf ein Pferd gehievt - jetzt hinter der Sänfte hertrabend die Stadt Akkon wieder verließ. Offensichtlich ließ sich mein Leben von dem des Königlichen Paares nicht trennen. Und das war mir auch ein Trost!
    DER ALTE KITBOGHA strahlte über sein faltiges Gesicht, als Yeza das Zelt des Il-Khan betrat. Bohemund von Antioch und Hethum, der König von Armenien, sahen sich bedeutungsvoll an, als sei das Erscheinen der Prinzessin ihr Verdienst. Yeza verneigte sich vor dem Herrscherpaar.
    »Wenn Ihr nur einen Teil des Aufwandes«, ging sie sofort in ihrer überlegten, meist überlegenen Art den Il-Khan selbst an, »den Ihr betreibt, um Euch meiner Person zu vergewissern, dazu verwandt hättet, Roc Trencavel davon abzuhalten, sich in unnötige Abenteuer zu stürzen, dann könnten wir jetzt -« Yeza stockte,
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    denn sie sah im Hintergrund, dass Yves der Bretone des Zelt betrat. Sie suchte seinen Blick und verlor den Faden.
    Hulagu, der schon immer eine Schwäche für die Prinzessin hatte, fühlte sich keineswegs angegriffen, sondern sprang ihr lächelnd bei. »Wir werden gemeinsam in Damaskus einziehen«, er war sich völlig sicher, dass dies die einzige Besorgnis der Prinzessin darstellte, der gemeinsame Auftritt des Königlichen Paares an der Seite seines illustren Beschützers. »Und wenn Roc Trencavel sich bis dahin nicht besonnen hat, dann sollt Ihr, Prinzessin, den Jubel Eures zukünftigen Volkes stellvertretend allein entgegennehmen! « Er glaubte sie damit glücklich gemacht zu haben, doch Yeza schüttelte energisch ihre blonde Mähne, sie hatte das kurze bestätigende Nicken des Bretonen aufgefangen.
    »Darum geht es mir nicht«, setzte sie gerade an, um ihren Protest loszuwerden. »Frieden will und kann das Königliche Paar nur bringen, wenn Ihr - «
    Kitbogha schnitt Yeza fürsorglich die Beschwerde ab, denn Hulagus Gesicht hatte sich verfinstert. »Die Prinzessin ist sich durchaus bewusst, welche Aufgabe dem Königlichen Paar zugedacht ist«, sprach er so laut, dass ihre Worte darin untergingen und sie schließlich verstummte. »Die Macht des erhabenen Großkhan und das Durchsetzen der glorreichen Friedensherrschaft der Mongolen über diesen Rest der Welt werden von ihr keineswegs angezweifelt - «
    »Ich weiß, Kitbogha«, fiel ihm da Yeza heftig in die Rede, so ließ sie sich nicht überrollen, »dass Ihr das Königliche Paar als nützliches Gespann seht, als prunkvoll geschmückten mongolischen Karren, der eine ebenso reich verzierte Jurte transportiert!« Sie gab sich sichtbar Mühe, ihre aufsteigende Wut zu beherrschen. »Nur, dass uns unter den Prachtgewändern die Hände gefesselt sind, wenn Euer Plan denn so zur Ausführung kommen sollte, wie Ihr es Euch vorgaukelt - « Sie versuchte den leichten Ton beizubehalten, es gelang ihr nicht.
    »Dagegen können und werden wir uns zur Wehr setzen, doch das weitaus Schlimmere ist, was hinter unserem Rücken an Unmenschlichkeit und Barbarei in der verschlossenen Jurte geschieht!« Yeza hatte ihre Anklage längst an den erstarrten
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    Il-Khan gewandt. »Wir haben Euch bereits nach dem Verbrechen von Alamut den Rücken gekehrt - der völlig sinnlosen Zerstörung von Menschen und Kultur! Glaubt Ihr etwa, wir haben unsere Einstellung geändert?« Ihre grünen Augen funkelten Hulagu an. »Solche Verbrechen trägt das Königliche Paar nicht mit!«
    Ein Tumult am Eingang zog die Aufmerksamkeit aller, sehr zum Ärger der erbosten Yeza, auf sich. Ein wutschnaubender Sundchak verlangte, die Wachen wie ein wütender Stier beiseite stoßend, zum Il-Khan vorgelassen zu werden. Kitbogha sah, dass Hulagu die Unterbrechung der äußerst unliebsamen Situation begrüßte, und unternahm nichts gegen den ungebührlichen Vorstoß seines Generals.
    »Verrat!«, brüllte der schon, noch bevor er seinen massigen Körper zum Kotau niedergezwungen hatte. »Der falsche Franke da«, sein Finger stach in Richtung des Bretonen, »hat sich angedient«, keuchte er mit hochrotem Kopf, »dem - von Euch verurteilten Gefangenen - « Brockenweise spie er den in seinen Augen ungeheuerlichen Vorgang aus, »- eigenhändig ein weiteres Glied abzuschlagen! Es sei ihm ein inneres Bedürfnis, zum Vollzug der gerechten Strafe an einem Feind des mongolischen Volkes beizutragen - «
    Sundchak musste nach Luft schnappen wie ein fetter Karpfen, den eine Welle aufs Ufer geschleudert.

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