Der Kelim der Prinzessin
uns Herr Hanno mit lauter Stimme den Geladenen und Erschienenen vor.
»Der Prinz Konstanz von Selinunt, Ritter des Kaisers, aufgrund seiner edlen Geburt ein hervorragender Kenner des Orients, speziell von Outremer, und bestens vertraut mit der Politik am Hofe von Kairo.« Keine Hand rührte sich zu beifälliger Begrüßung, eher schien es, als habe sich frostiges Schweigen über das sowieso schon sich grimmig anstarrende Geviert gelegt. Der Hoch- und Großmeister wies auf mich. »Dies ist William von Roebruk, ordinis fratrum minorum, der es im fernen Karakorum fast bis zum Rang eines Patriarchen gebracht und daher wie kein anderer mit den Gedanken und Plänen der Mongolen vertraut!«
Der unnötige Hinweis auf meine erfolgreiche Mission zum Großkhan und meine missglückte Karriere innerhalb der nestorianischen Staatskirche der Mongolen musste natürlich Jakob Pantaleon, den lateinischen Patriarchen von Jerusalem, erbosen. Sein Zorn entlud sich jedoch in andere Richtung als erwartet. »Ist das nicht jener abtrünnige Franziskaner?«, giftete er los, als würde er mir grad' zum ersten Male begegnen, »der sich selbst zum Hüter des ketzerischen, usurpatorischen Königlichen Paares bestellt, das uns die Mongolen -!«
Weiter kam er mit seiner Hasstirade nicht, weil ausgerechnet die zahlreichen Johanniter, die ihm sein Auftreten hier erst ermöglicht hatten, ein Brausen der Entrüstung erhoben, das ihn verstummen ließ. Die Templer, von denen ich solchen Protest eigentlich erwartet hatte, verharrten hingegen in eisigem Schweigen.
Herr Hugo de Revel bat ums Wort. »Wenn hier schon - dankenswerterweise«, er verneigte sich vor dem düpierten Patriarchen, »die mögliche Rolle des Königlichen Paares angesprochen
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wird, dann gebe ich zu bedenken, dass sein besänftigender, mäßigender Einfluss auf die Mongolen und ihre künftige Politik nicht unterschätzt werden sollte!« Er sah dabei seinem Gegenüber nicht fest genug, eher fragend ins Auge.
»Vestigia terrent!«, ließ die wenig nachsichtige Antwort des Templers nicht auf sich warten. »Zudem war die bereits versuchte Inthronisierung von Roc Trencavel und Yeza Esclarmunde zu Jerusalem ein totales Desaster - «
Der hinter ihm sich duckende Naiman meinte ihm soufflieren zu müssen: »Popanze des ll-Khan!«
Jeder im Raum hatte es gehört, nur Herr Thomas tat so, als ginge ihn der Einwurf des Agenten nichts an. »Es geht doch darum«, wandte er sich diplomatisch an die beiden Vorsitzenden, den deutschen Hochmeister und den Bailli, »ob das Christliche Königreich von Jerusalem, eine relativ kleine Größe im Kräftespiel des Orients, sich überhaupt mit den Mongolen einlassen soll - ob nun gemäßigt oder gar abgemildert oder nichts dergleichen - «
Er ließ den Angesprochenen Zeit, damit sie ihm folgen konnten. »Wo doch jetzt schon fest steht, dass unsere natürliche Umgebung, die gesamte Welt des Islam, eine solche neue Vormacht nicht dulden wird, nie dulden wird!«
»Einem Kämpfer für den Glauben«, wies ihn ebenso kühl lächelnd Herr Hugo zurecht, »einem wahren Streiter Christi stehen solche Worte schlecht zu Gesicht! Wenn Ihr die Irrlehre des Propheten Mohammed als
>natürliche< Gegebenheit seht, dann ist Euer Orden vom Tempel hier in der terra sancta fehl am Platz -samt seinem halbherzigen - letztlich verlogenen - Eintreten für das Königliche Paar!«
Damit hatte er alles gesagt, was dem empörten Jakob Pantaleon auf der Zunge brannte, sodass dem nur noch ein dramatischer Abgang blieb, eine Chance, die der Patriarch sofort wahrnahm. »Ihr seid alle Diener Satans!«, fauchte er über die gesamte Länge des Tisches hinweg. »Ketzer, Schamanen, Heiden!« Er sprang auf und raffte sein Gewand. »Ihr redet mit Teufelszungen, als wären diese gottlosen Wesen, die ihr >königlich< nennt, Menschen, Ebenbilder unseres Herrn, getaufte Glieder der allein selig machenden Kirche
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Christi und des Papstes!« Er reckte seinen Stab mit dem Kreuz über die Versammlung. »Rettet Eure Seelen!«, rief er und stürmte mit seinen Priestern aus dem Saal.
Spürbare Erleichterung breitete sich aus.
»Musste das sein!?«, spöttelte Herr Hanno überlegen in die Runde.
»Ich hatte den Schuster aus Troyes nicht geladen!«, wehrte sich der neben ihm sitzende Bailli.
»Einer, der alles über einen Leisten schlägt, ist manchmal nützlich zur Klärung, wer sich welchen Schuh anziehen mag und welchen Weg er damit gehen will!« Nach dieser schlauen Bemerkung lächelte
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