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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Entgegnung auf, obgleich es ihm zutiefst zuwider war, sich auf eine solche Diskussion einzulassen. »Ich weiß nicht, wer mich an diesen, meinen Platz gestellt hat, aber in mir findet Ihr einen einfachen Mann, der gelernt hat, seine Aufgaben hier und heute zu erledigen. Ich bin daher keineswegs bereit, Rog und Yeza auf den Abfallhaufen der Geschichte zu werfen wie rostiges oder stumpfes Eisen - « Yves schien einen Moment selbst von seinen Worten überwältigt, er bedachte ihren Inhalt erst im Nachhinein - und sah die Gefahr, in die er nicht nur Yezas, sondern auch sein eigenes Leben brachte, denn den alten Templer würde es nicht mehr als ein Fingerschnippen kosten, um sie wie ihn auf der Stelle vom Erdboden verschwinden zu lassen, aber Furcht hatte der Bretone nie an sich herangelassen, und er wusste auch, dass die Prinzessin - in der Lage, frei nach ihrem Willen zu entscheiden - ganz sicher vor dem letzten Schritt nicht zurückschrecken würde. Wenn der Templer etwas bewirkt hatte, dann war es die Einsicht des Bretonen in sein bisheriges Handeln. Ganz gewiss wollte er nicht den Willen anderer an der Prinzessin vollstrecken! Er würde auch nicht länger ihren Kerkermeister abgeben, sondern Yeza freistellen, zu gehen, wie und wohin sie es wünschte, sobald sie die Templerburg Safed hinter sich hätten.
    »Lasst uns jetzt wieder aufbrechen«, schlug er dem Hageren vor, »ich wünsche nicht, dass die Prinzessin irgendetwas von dem mitbekommt, was Ihr mir offenbart habt, es könnte sie belasten!«
    So kehrten der Bretone und der alte Templer zu dem Lagerplatz zurück.
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    Yeza war zwar ohnmächtig, was den Gebrauch ihrer Glieder anbetraf, nicht einmal die Lippen, geschweige denn ihre Augenlider vermochte sie zu bewegen, aber keineswegs war sie »bewusstlos«! Vor ihren weit aufgerissenen Pupillen nahm sie wie durch milchiges Wasser schemenhaft die weißen Clamys der Templer wahr, körperlose, verschwommene Gestalten, die sie besorgt umringten. Sie hörte die krächzende Stimme des Hageren und seinen Disput mit dem Bretonen. Es ging um sie, sie konnte nicht eingreifen, nicht einmal sich wenigstens Gehör verschaffen bei diesen Männern, die vorgaben, ihr Bestes zu wollen, und aus diesem Anspruch heraus über sie verfügten, als sei sie ein Wesen ohne eigenen Willen oder, schlimmer noch, so krank im Kopf, dass man sie behandeln musste wie eine arme, gebrechliche Idiotin - oder wie eine höchst gefährliche, unberechenbare Irre!
    Yeza war derart empört über ihre Ohnmacht und ihr zugleich ergeben, dass sie - unkontrollierbare Folge des Giftes -jedes Bemühen um Wachsein, um ein bewusstes Miterleben aufgab und sich wieder in diese
    totenähnliche, apathische Starre fallen ließ -
    Der Trencavel war nicht der Erste, der die Gruppe der Templer unten im Tal verharren sah, das war Guy de Muret gewesen, der misstrauischer als seine Gefährten ständig nach Gefahren Ausschau hielt. Aber Roc erspähte sofort die Sänfte und die dunkle Gestalt des Bretonen zwischen den weißen Clamys, schon weil Yves bei der Liegenden kniete, während die Templer sie umstanden. Da wusste Rog, dass es Yeza war, und sein Herz schlug bis zum Halse! Er preschte los, den steilen Hang hinunter, ehe auch nur einer der Okzitanier begriffen hatte, was in ihm vorging. Sie folgten ihm blind. In wilder Jagd stoben sie den felsigen Abhang hinab, doch Rog war schneller, seine Gedanken überschlugen sich: Yeza war tot! Ermordet oder schuldhaft ums Leben gebracht, anders konnte es gar nicht sein! Er zerrte im Ritt sein Schwert aus der Scheide.
    »Mörderpack!«, schrie er wie von Sinnen. »Elende, feige Mörder, die ihr seid!«, sein Gaul stolperte, hätte ihn fast abgeworfen, vor die Füße der konsterniert verharrenden Ritter. Einzig der Älteste, der hagere Templer, ermannte sich. »Ihr irrt!«, krächzte er
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    und griff gekonnt in die Zügel des durchgehenden Pferdes, doch Roc schlug sofort zu, traf den Hilfsbereiten zwischen Schulter und Hals, klaglos stürzte der zu Boden, während Roc bereits auf die nächsten Templer einhieb, die sofort eine Mauer zwischen dem ungestüm Angreifenden und der am Boden liegenden Yeza gebildet hatten. Inzwischen waren auch die drei Okzitanier zur Stelle. Die Ordensritter ließen ihren Zorn über den unbedachten - wenn nicht tückischen - Totschlag des Hageren an ihnen aus. Yves nahm sich sofort zurück, als er sah, dass er die Streitenden nicht mehr trennen konnte. Breitbeinig, wie der Erzengel an der Pforte zum

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