Der Kelim der Prinzessin
damit ich Euch folge?« Auch sie blickte ihm furchtlos in die Augen. »Den der Schärfe Eures Richtschwertes? «
»Dessen bedarf es nicht!«, erwiderte Yves, ohne auf ihren Ton einzugehen. »Die Kraft der Hände, die es halten, reicht, um Eure Widerspenstigkeit zu bezwingen!«
Da platzte dem alten Rhaban der Kragen. »Ich ertrag das nicht länger!«, schrie er mit hochrotem Kopf. »Lasst die Königin gehen oder ich -«, er riss den neben ihm stehenden Baitschu an sich und presste ihm seinen Scimtar an den Hals. »Ihr geht jetzt hinaus«, rief er Yeza zu, »und Herr Yves soll Euch folgen!« Der rühr-203
te sich nicht, doch seine Hände umkrampften den Schwertknauf. »Lasst die Waffe fallen!«, fauchte ihn Rhaban an, »wenn Ihr nicht schuld - «
Sein Scimtar zuckte am Hals des verängstigten Knaben, dann fiel er ihm polternd aus der Hand. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte Yeza ihren Wurfdolch geschleudert - genau zwischen Elle und Speiche seines Schwertarms. Rhaban ließ Baitschu fahren und brach in die Knie, hart auf die Fliesen des Patio. In die Erstarrung hinein donnerten jetzt Stöße gegen das Tor, aber auch die Stimme des Derwischs erhob sich wieder.
»Lass Dich fallen«, flüsterte er, »und Er wird Dich emporheben in den Himmel!«
Baitschu starrte seine Retterin entgeistert an, leuchtenden Auges, den Tränen nah. Der Bretone tat einen Schritt auf Rhaban zu, der ergeben sein Haupt senkte. Doch nicht der Blitz des Richtschwerts fuhr ihm in den Nacken, nur die Klinge wurde ihm mit einem Ruck aus dem Unterarm gezogen.
»Gehen wir!«, sagte Yeza trocken, als Yves ihr wortlos den abgewischten Dolch zurückerstattete. »Ihr nehmt mich als Geisel«, forderte sie den Bretonen auf. »Baitschu soll uns mit den Pferden folgen - «
»Und was führt Ihr wirklich im Schilde?«, fragte Yves zwischen verhohlener Bewunderung und offenem Misstrauen.
»Das werdet Ihr sehen, Bretone.« Yeza war wieder die Königin. Sie trat zum Tor und hieß die Knechte, es zu öffnen. Die Beduinenmeute davor wich erschrocken zurück. »Gebt den Weg frei«, forderte sie von denen, die zuvorderst standen, »und tastet niemanden an, der mir folgt - im Guten wie im Bösen!«
Das galt für Yves den Bretonen, der mit gezücktem Schwert hinter ihr stand. Enttäuscht wandten sich die Beduinen ab und verließen mit gesenkten Häuptern den Platz vor dem Palast der Zenobe.
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SCHON NACH WENIGEN STUNDEN, bereits in der benachbarten Oase, hatten die Kameltreiber der
Räuberbande sich wieder mit dem Dicken, ihrem Anführer, vereint, der schon auf sie wartete, um sogleich aufbrechen zu können. Er war keineswegs erfreut, dass sie ihm Ali mitbrachten. Doch der kam gleich zur Sache.
»Ich bin gekommen«, erklärte er dem Dicken kühl, »um Euch den Sklaven abzukaufen.«
Der beleibte Anführer witterte sofort das Geschäft, auch wenn er sich mühte, genauso gleichmütig aufzutreten wie sein Gast. Seine wippenden Bartspitzen verrieten seine Gier.
»Ihr seid also zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um den Sohn des Sultans von Damaskus handelt?«
»Seid Ihr das nicht?!«, hielt Ali ihm entgegen, lenkte aber überlegen feixend ein. »Fragt ihn nach dem Namen der Favoritin seines Vaters An-Nasir!«
Der Dicke schaute etwas verwundert, schickte aber seinen Leibwächter, einen baumlangen Nubier mit einem besonders breitklingigen Krummsäbel, los. Die scharfe Waffe steckte in der Schärpe vor seiner nackten Brust.
Ali schaute dem riesigen Neger versonnen nach. Die hämische Lache des Dicken riss ihn aus seinen Gedanken.
»Von dem könnte ich Euch in handliche Stücke hacken lassen«, schlug er seinem Besucher spielerisch vor, um dann gleich in den Tonfall eines Händlers auf dem Bazar umzuspringen. »Was wolltet Ihr mir denn zahlen? «, fragte er lauernd.
Der riesige Leibwächter kam zurück und flüsterte seinem Herrn nur ein Wort ins Ohr. Der Dicke grinste. »Nennt mir die Summe und den Namen der Frau«, verlangte er mit freundlichem Lächeln. »Wenn beides stimmt, dann sind wir im Geschäft!«, er sah prüfend dem Käufer ins Gesicht, doch Ali verzog keine Miene. »Wenn nicht, habt Ihr verloren, Geld und Leben!«
Ali hielt dem Blick stand. »Clarion«, sagte er gelassen, was der Dicke gegen seinen Willen mit einem Nicken bestätigte, »doch die dreißig Goldstücke, die ich Euch zahlen werde, trage ich nicht bei mir«, jetzt hielt Ali das Heft in der Hand, »wenn Ihr also zum
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Abschluss gelangen wollt, dann gebt mir jemanden mit,
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