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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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dass er es mit der aufsässigen Person noch jemals zu tun bekäme! Barsch fertigte er Khazar ab, auch als der darauf hinwies, dass Baitschu, der Sohn des Kitbogha, sich ebenfalls in Gefahr befände.
    Das sei nicht ihm, sondern dem Bretonen anzulasten und kein Grund, sich hier, in diesem staubigen Nest inmitten der Wüste und voller Skorpione, noch länger aufzuhalten.
    Nun stand der Käfig mit dem El-Kamil schon längere Zeit mitten zwischen seinen Bewachern und den ihn neugierig begaffenden Beduinen. Der Emir, der genau wusste, was ihm blühte, wenn er lebend im Lager der Mongolen eintreffen würde, sah in den erregten Beduinen von Palmyra seine letzte Chance. Dass er sich ihnen zu erkennen gab, hätte allein nicht viel bewegt, aber er hatte die Geschichte von Yeza und Yves mitbekommen und tat nun lauthals kund, die Mongolen steckten mit dem Bretonen unter einer Decke und seien nur gekommen, um nun mit Gewalt sich der Königin zu bemächtigen. Die Todesangst verlieh El-Kamil die Zunge Sheitans, er hielt sich an die Derwische, denen die plötzliche Anwesenheit der fremden Teufel so wenig geheuer war, wie sie den Stolz der Beduinen kränkte. Es ging um >ihre< Königin, niemand sollte sie ihnen rauben! Sundchak war der Letzte, der mit dem schnell schwellenden Aufruhr beschwichtigend umgehen konnte, die Beherrschung der Lage glitt ihm aus den Händen, als die Beduinen versuchten, den Emir aus seinem Käfig zu befreien, und die ersten Steine flogen. Der General gab den Befehl zum Angriff ...
    Im Turm der Gebeine herrschte mitnichten eine gedrückte Stimmung, aber die Spannung hielt unverändert an.
    Baitschu berichtete von seinem Ausguck, dass die mongolischen Reiter die Beduinen vor sich hertrieben, zusammenschössen und abstachen. Genaueres konnte er aus der Entfernung nicht ausmachen, auch nicht, wel-208
    ches Schicksal den Derwischen blühte, nach denen Yeza immer wieder besorgt fragte.
    »Wer nicht sein Heil in der Flucht sucht, hat nicht die geringste Aussicht, seinen Kopf zu retten«, stellte Yves lakonisch fest, »aber sie werden nicht fliehen.«
    »Sie lieben das Leben!«, wagte Yeza einzuwenden. »Sie leben, um eins zu sein mit dem großen, einzigen Geliebten!«
    »Die meisten Lebenden gehen strampelnd und kreischend ihrem Tod entgegen, doch nicht so die Seele, die um den Geliebten weiß«, traute sich jetzt der Derwisch wieder einige Verszeilen nachzuschieben, die er für passend hielt. »Der Tod ist für sie weder grausam noch schmerzlich, er ist nichts als ein Schritt näher zu ihm, dem Großen, dem Einzigen.« Jalal warf einen Blick zu Yves, doch der ließ ihn fortfahren. »Wer vor dem Tod davonläuft, der muss wieder und wieder sterben! Erst das nenne ich wahrhaft grausam und schmerzlich!«
    »Das klingt zwar eher nach Hinrichtung, wenn einer vom Scharfrichter zum Schafott gezerrt wird«, sagte Yeza leichthin, »doch bin ich es gewohnt, dem Tod ins Auge zu schauen. Seit Anbeginn«, fügte sie sinnend hinzu,
    »bestand das Leben des Königlichen Paares aus nichts anderem!«
    Yves hatte die massige Tür so weit zugezogen, dass nur noch ein Spalt offen stand. Aber es versuchte keiner mehr, bis zum Turm vorzudringen. Baitschu bestätigte, dass ihre Belagerer sich ausnahmslos - unter Hinterlassung der Toten, die den Treppenaufgang säumten - zurückgezogen hätten. Die meisten wären ihren angegriffenen Stammesbrüdern zu Hilfe geeilt - einige aber auch geflohen.
    »Die mongolischen Reiter beherrschen das Feld!«, vermeldete der Knabe von oben mit Stolz.
    Eigentlich könnten sie jetzt den Turm verlassen, sich ihre Pferde holen, die hoffentlich noch im Innenhof des Palastes der Zenobe stünden, und davonreiten, schlug Yeza vor.
    Yves runzelte die Stirn. »Wie lange wart Ihr nicht mehr bei den Mongolen, Isabel Esclarmunde du Mont y Sion?«, stellte er Yeza die Frage und beantwortete sie gleich selbst. »Das Königliche Paar hat inzwischen mehr Feinde im eigenen Lager als noch Anhänger«,
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    erklärte er ihr mit besorgtem Ernst. »Sundchak gehört auf keinen Fall zu Euren Freunden.« Der Bretone senkte seine Stimme zum Flüstern, Baitschu musste es nicht hören. »Wenn wir hier entdeckt werden, dann lässt er Euch kaltblütig töten - und mich gleich dazu.« Es wurde sehr still in dem engen Turm.
    »Vielleicht täte er Recht daran«, sagte Yeza leise. »Ich bringe den Menschen nur Unglück - «
    Jalal verwehrte ihr mit Vehemenz den Gedanken. »Keiner besitzt die Macht, die göttliche Bestimmung zu beeinflussen

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