Der Kelim der Prinzessin
am besten Euren schwarzen Muskelprotz, dem ich die Summe aushändigen kann.«
Der Wohlbeleibte dachte nach, wo denn wohl der Haken an dem vorgeschlagenen Handel versteckt sein könnte.
Er ließ sich nicht gern übertölpeln. »Mit dem Gefangenen?!«, versuchte er schnell noch eine Barriere zu seinem Schutz zu errichten.
»Mir genügt der Kopf!« Ali sah ihn kalt an. »Es geht mir nur um die hamsa, das Amulett, das der Kerl um den Hals trägt - «
DER STEINHAGEL PRASSELTE gegen das Gemäuer des allein stehenden Turmes. Es war der gleiche, den
Yeza schon des Öfteren gewählt hatte, wenn sie in der Stille mit sich ins Reine zu kommen suchte und wo sie auch mit Yves zum ersten Mal in Palmyra zusammengestoßen war. Yeza liebte den Ort. Die Ruhe der Toten in ihren marmornen Sarkophagen übertrug sich auf sie. Sie ließen sich auch jetzt nicht stören, sondern schützten die kleine Gruppe, die sich hierher geflüchtet hatte. Vielleicht fiel der Verdienst auch dem Bretonen zu, der breitbeinig in der Türöffnung stand, die verwitterten Bohlen als Schild nutzend, und mit seinem Schwert jeden empfing, der leichtsinnig oder todesmutig die schmale Treppe hinaufstürmte. Die Stufen waren bedeckt mit Körpern derer, die sich dennoch nicht davon abhalten ließen, den unerbittlichen Wächter zu überwinden. Yeza und Jalal al-Sufi, der sich ihnen unaufgefordert angeschlossen hatte, kauerten im Halbdunkel der schlotartigen Grabkammer und lauschten dem Geräusch der Steine, die an dieser Schutzwehr des Bretonen abprallten wie Hagelkörner, den Schreien der aufgebrachten Angreifer, die sich gegenseitig anfeuerten und vergeblich gegen den Mann anbrandeten, den sie erschlagen mussten, wollten sie ihre geliebte Königin behalten.
Baitschu, der findige Knabe, war im Innern den Schacht zwischen den Grabkammern hinaufgeklettert, um durch die schmalen Lüftungsschlitze oben in der Mauer hinauszuspähen. Er sah als Erster, bevor noch die Eingeschlossenen ein Nachlassen der Atta-206
cken wahrnahmen, dass die Hauptmacht der Beduinen sich beim Tempel der Alilat zusammenrottete, dort, wo die Derwische hausten. Doch es blieben immer noch genug, um den einsamen Turm mit einem dichten Ring von Kämpfern zu umgeben, die jetzt zwar nicht mehr blindlings in das Schwert des Bretonen rannten, ihm dafür nun mit gezielteren Steinwürfen, vereinzelt auch Pfeilschüssen zusetzten. Yves zog sich so weit im Türrahmen zurück, dass er nur noch die Stufen vor sich im Blickfeld behielt. Baitschu vermeldete aufgeregt, er sähe Mongolen, mehrere Hundertschaften rückten von Osten kommend auf das Herz von Palmyra zu ...
General Sundchak befand sich auf dem Rückmarsch von der erfolgreich abgeschlossenen Strafexpedition. Er führte den gefangenen Emir von Mayyafaraqin mit sich, damit der Il-Khan den Aufrührer, der es gewagt hatte, die Abgesandten der Mongolen anzutasten, grausam zu Tode bringen konnte. El-Kamil wurde in einem engen Käfig transportiert, damit jeder im Lande sehen sollte, wie es einem erging, der sich gegen das Gesetz der Sieger empörte. Das leidige Problem mit dem Königlichen Paar hatte sich dem General nicht gestellt, seine Leute hatten weder Yeza noch Roc in der erstürmten Feste Mard' Hazab aufgegriffen, also konnte man ruhigen Gewissens alle abschlachten, die sich auf der Burg befanden, Männer, Frauen, Kinder. Er hatte dieses Mard' Hazab dem Felsboden gleichgemacht, auf dem es stand. Sundchak war zutiefst befriedigt und wollte nun nichts wie zurück zum Heerlager des Hulagu, um sich von dem Il-Khan belobigen zu lassen. Schon gar nicht war er gewillt, sich mit diesen aufgebrachten Beduinen und den sie aufhetzenden Derwischen auseinander zu setzen, auch nicht, als Khazar, der die Nachhut befehligte, jetzt aus den Derwischen herausquetschte, dass sie Yves den Bretonen als Geisel gefangen hielten, damit er ihnen ihre Königin nicht entführte. Und diese sei Königin Yeza, die lang gesuchte Prinzessin Yeza!! Das geschah dem Bretonen grad' recht, hämte der General unbeeindruckt, was mischte er sich ein in dieses vertrackte Getue um das Königliche Paar, das aus Sundchaks Sicht die klare Linie der Weltherrschaft der Mongolen nur belastete! Nichts als ein törichtes Zugeständnis an diesen un-207
ordentlichen Westen, Länder der untergehenden Sonne, wie das Reich des unbotmäßigen Königs der Franken, in dessen Namen dieser Herr Yves auftrat. Und die Prinzessin Yeza? Alle guten und bösen Dämonen mögen ihn, Sundchak, davor bewahren,
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