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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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ein Traum geblieben - ihm fiel nicht einmal eine passende Verszeile Rumis ein. Ehe sich noch Yeza nach ihm umwenden konnte, trat der Sufi zurück in das Dunkel des Gemäuers. Er wollte ihr das Scheiden nicht schwer machen, denn er konnte seine Tränen nicht zurückhalten.
    So ritt Yeza mit Baitschu an ihrer Seite durch Palmenhaine der Oase davon. Erst als Palmyra schon zwischen den schlanken Stämmen entschwunden war, erkühnte sich der Knabe, seiner Herzensdame die Frage zu stellen:
    »Wohin soll ich Euch führen? «
    Yeza schenkte ihrem jungen Ritter ein wehmütiges Lächeln. »Das Paradies lassen wir soeben hinter uns -
    unwiderruflich, wenn ich das übliche Vorgehen eures Generals Sundchak bedenke«, fügte sie bitter hinzu, schaute aber nicht etwa zurück, wo über den Palmenwipfeln Rauchsäulen aufstiegen. Baitschu hatte bereits mehrfach diesen Blick hinter sich geworfen, schon aus Furcht vor Verfolgern.
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    »Ihr wollt also nicht zu den Mongolen zurückkehren?« Er wagte nicht, sie dabei anzuschauen. »... die Euch von Herzen zugetan«, schob er seine versteckte Liebeserklärung nach.
    »Doch«, sagte Yeza, sie nahm den Jungen und seine Nöte ernst, »aber zuvörderst will ich mich wieder mit Roc Trencavel vereinen!« Sie wollte nicht mit seinen Gefühlen spielen, »und dazu muss ich mich wohl aufmachen, ihn zu finden - «
    Baitschu bewies sich als Mann. »Liebt der Euch?«, brachte er mit trockener Stimme hervor. Yeza musste lachen.
    »Nicht so wie ich ihn«, versuchte sie ihr Verhältnis zu Roc zu erklären, ganz einfach war das nicht. »Aber wir gehören zusammen!«
    Baitschu gab sich einen Ruck. »Dann werde ich Euch zu ihm bringen und Euer beider Ritter sein!«
    Einer spontanen Regung folgend, beugte sich Yeza aus dem Sattel, nahm den Kopf des Knaben in beide Hände und drückte dem Überraschten einen Kuss auf den Mund. Dann gab sie ihrem Pferd die Sporen, und sie galoppierten beide den Weg dahin, von dem sie nicht wussten, wohin er führte.
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    DER UNERBITTLICHE ABGANG DES SULTANS VON DAMASKUS
    Aus der Chronik des William von Koebr uk
    In der Oase wurden die Schatten der drei mageren Palmen im Licht der Abendsonne immer länger. Rings um den Brunnen hockten Roc und seine Getreuen, zu denen ich mich nicht mehr zählen durfte, weswegen wir, der Rote Falke, sein Weib Madulain und ich, abseits lagerten - und zwischen uns erstreckte sich beunruhigend der Kelim mit seinen seltsamen Ornamenten, symbolhaft verwobenen Zeichen und Linien. Der Teppich barg ein Geheimnis, nur schwante keinem von uns, welches! Nicht einmal Joshua, der erfahrene Kabbaiist, wusste die eingewebten Strukturen wenigstens annähernd zu enträtseln. Er kauerte im Schneidersitz am Rande der dunklen Fläche, aus der mich Teufelsfratzen und glühende Augen anstarrten, als wären sie der Hölle entstiegen immer noch mit ihr unheilvoll verbunden. Ich hätte mich nicht verwundert, wenn der Kelim sich in einen siedendheißen Teersee verwandelt hätte, so fremd wie er hier in der Wüste lag.
    David, der einarmige Templer, der Josh gegenübergesessen hatte, erhob sich und schritt quer über den Kelim langsam auf mich zu. Wahrscheinlich sollte er mich bewegen, wieder an ihrem Spiel teilzunehmen. Die beiden taten mir Leid, aber ich konnte den Roten Falken nicht vor den Kopf stoßen, nachdem ich mich ihm unterstellt hatte. Deswegen kam ich David gleich zuvor, als er endlich bei mir anlangte.
    »Ich schlage vor«, sagte ich und wies auf die in einiger Entfernung immer noch um ihre Fahne gescharten Ritter aus Antioch, »wir statten den Herren, die mit dem Trencavel kamen, einen Be-220
    such ab, denn ich bin neugierig zu erfahren, warum sie uns so schnöde meiden, als wären wir nicht gut genug für sie - «
    Zu meinem Erstaunen sagte David, dass er eben das vorhätte, denn da müsse ein tieferer Grund für eine offensichtliche Verstimmung vorliegen.
    »Vielleicht sind auch sie vom Verhalten des Trencavel so sehr enttäuscht«, bot ich an, »dass sie ihm die Gefolgschaft aufkündigen wollen?«
    David schüttelte abweisend den Kopf, und wir machten uns zu Fuß auf den Weg. Noch bevor wir bei der Gruppe angelangt waren, lösten sich drei, vier Ritter aus ihr und kamen uns entgegen. »Den einen kenne ich«, gab mir David mit gepresster Stimme zu verstehen, »jetzt begreif ich auch die Zurückhaltung, die sie an den Tag legen«, knurrte er, »es ist der am weitesten links Schreitende - «
    Ich nahm die bezeichnete Person verstohlen ins Visier, sie machte

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