Der Keller
»Das sollten wir auch mal ausprobieren, was meinst du, Jack?«
Jack - die Frau - wirkte nicht besonders amüsiert.
»Unsere Schlafsäcke haben denselben Reißverschluss. Man kann sie aneinander befestigen«, sagte der Mann. »So etwas sollten Sie sich auch mal zulegen. Da hat man viel mehr Bewegungsfreiheit.«
»Was ist mit ihr?«, fragte Jack.
»Nichts, gar nichts. Wenn sie einmal schläft, dann schläft sie.«
»Kriegt sie da drin überhaupt Luft?«, fragte der Mann.
»Klar. Sie schläft immer so. Ganz tief eingekuschelt. Sie friert immer zuerst am Kopf.«
»Ja?« Die Frau namens Jack sah ihn skeptisch an.
»Schönen Tag noch«, sagte Roy.
»Ebenfalls.«
Sie gingen an ihm vorbei.
Er sah ihnen hinterher, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden waren, dann wickelte er das Messer aus seinem Hemd und steck-te es in die Scheide, die er mit Klebeband an seinem Schienbein befestigt hatte.
Er zog Jonis Bluse und den Rock aus dem Rucksack, kniete sich vor dem Schlafsack nieder und sah sich um. Niemand zu sehen.
Joni ächzte, als er ihren Arm packte und sie aus dem Schlafsack zerrte. Sie öffnete ein Auge und schloss es sofort wieder. Roy drehte sie auf den Rücken.
Der Anblick ihres nackten, sonnenbeschienenen Körpers erregte ihn.
Später.
Scheiße, jetzt nicht.
Er streifte ihr den Rock über. Dann richtete er ihren Oberkörper auf und zwängte ihre Arme durch die Ärmel der Bluse. Er ließ sie zurückfallen und knöpfte die Bluse zu.
»Aufwachen«, sagte er und schlug ihr ins Gesicht.
Vor Schmerz kniff sie ihre Augen kurz zusammen, dann öffnete sie sie.
»Aufstehen.«
Langsam rollte sie sich herum und kniete sich hin. Ihr Haar war am Hinterkopf blutig und verklebt - der Messerknauf hatte ihr eine ordentliche Beule verpasst.
Das Aufräumen schien eine Ewigkeit zu dauern. Während er zusammenpackte, behielt er Joni im Blick, sah sich ab und an um und lauschte nach Stimmen. Als schließlich alles verstaut war, packte er Jonis Hand und zog sie hinter sich den Hügel hinab.
Ein Lieferwagen fuhr an ihnen vorbei.
Er winkte und lächelte.
Sobald die Straße wieder frei war, öffnete er den Kofferraum des Pontiac. »Einsteigen, Schätzchen.«
2
Unterwegs hörte Roy im Radio die Nachrichten von einem Brand und einem Doppelmord in Santa Monica. Die Namen der Opfer wurden nicht genannt, doch ein achtjähriges Mädchen wurde als vermisst gemeldet. Karen und Bob Marston wurden mit keiner Silbe erwähnt.
Das machte ihm Sorgen.
Er ließ das Ganze noch einmal vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Karen hatte schließlich den Aufenthaltsort seiner Ex ausgespuckt: Malcasa Point. Sie hatte wirklich überrascht gewirkt, als er sie dann trotzdem geknebelt und so lange bearbeitet hatte, bis sie den Geist aufgab. Dann hatte er im Flur auf Bob gewartet. Bob hatte den Kopf geschüttelt und aufgestöhnt, als er seine Frau an der Tür hängen sah, und Roy erinnerte sich an das Geräusch, mit dem die Axt seinen Schädel gespalten hatte. Schlussendlich hatte er eine Kerze neben einem Haufen alter Zeitungen angezündet; eine Methode, die sich nicht nur einmal bewährt hatte.
Möglicherweise hatte ein Nachbar das Feuer bemerkt und es gelöscht.
Oder die Kerze war ausgegangen.
In diesem Fall hätten sie die Leichen vielleicht noch gar nicht gefunden. Aber darauf konnte er sich nicht verlassen. Also musste er Bobs Wagen loswerden und sich schleunigst einen neuen besorgen.
Er bog in einen Feldweg, bremste so abrupt, dass er eine Staubwolke aufwirbelte, stieg aus, öffnete die Motorhaube und beugte sich darüber. Dann wartete er.
Bald hörte er das Geräusch eines näherkommenden Autos.
Er griff nach dem Keilriemen. Das Auto fuhr vorbei. Er versuchte diese Taktik noch bei zwei weiteren Wagen. Ohne Erfolg.
Beim nächsten Geräusch eines ankommenden Autos spähte er in die Motorhaube, bis der Wagen wirklich dicht herangekommen war, dann richtete er sich auf und schnitt eine frustrierte Miene.
»Der ist mir verreckt, Kumpel«, wollte er mitteilen. Der Fahrer schüttelte den Kopf. »Keine Chance, Freundchen«, schien er zu sagen.
»Leck mich doch!«, rief ihm Roy hinterher.
Beim nächsten Auto hielt er einfach den Daumen raus, aber die Beifahrerin sah den Fahrer an und schüttelte den Kopf. Der Wagen fuhr weiter. Der nächste auch.
Als er gerade die Motorhaube zugeknallt hatte, näherte sich ein Kleintransporter, auf dessen Front eine hellgelbe Sonne gemalt war. Eine Frau mit glattem, schwarzem Haar saß
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