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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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kehrte zur Treppe zurück. Obwohl die Bestie tot zu ihren Füßen lag, zögerte sie und hatte Angst, die anderen Räume zu betreten. »Jud«, rief sie. »Wo bist du?«
    Schnell ging sie den Korridor hinunter und umrundete die Stuhlabsperrung, hinter der in nicht allzu ferner Zukunft die Wachsfiguren der Zieglers aufgestellt werden würden. Am Ende des Flurs betrat sie den Raum zu ihrer Linken. Die Fackel warf flackerndes Licht auf das Schaukelpferd, die beiden Betten und die Wachsfiguren von Lilly Thorns abgeschlachteten Kindern. »Jud?«, fragte sie leise. Nichts rührte sich.
    Wieder durchquerte sie den Korridor und rüttelte am Griff der Kinderzimmertür. Als die Tür nicht nachgab, erinnerte sie sich, dass Maggie diesen Raum immer verschlossen hielt. Sie trat zweimal dagegen. »Jud? Verdammt.« Sie lehnte die Fackel gegen die Wand, und die Tapete darüber kräuselte sich rußgeschwärzt zusammen. Sie nahm das Gewehr in die Hand und schoss auf den Türriegel, lud nach und rammte die Schulter gegen die Tür. Sie sprang auf.
    »Jud?«, rief sie und betrat mit der Fackel in der Hand den Raum. Sie sah eine leere Wiege, einen Laufstall und ein Puppenhaus, das ihr fast bis zur Hüfte reichte, dazu Eimer, einen Wischmopp, drei Besen, eine Teppichkehrmaschine und einen Tisch, auf dem Schwämme, Lappen, Holzpolitur, Bodenreiniger und Glaspolitur herumstanden. Offensichtlich war das Kinderzimmer zu Axels Besenkammer umfunktioniert worden.
    Donna rannte zu den Leichen zurück und spähte durch die weit offen stehende Tür zum Dachboden. »Jud?«
    Sie stieg die steilen Stufen hinauf. Die Wände schienen sie förmlich zu erdrücken. Vor der Tür zum Speicher hielt sie inne. »Jud? Jud, bist du da drin?«
    Gebückt ging sie durch den niedrigen Eingang. Im Schein der Fackel sah sie einen Schaukelstuhl, einen einfüßigen Tisch, mehrere Lampen und ein Sofa. Sie zwängte sich zwischen Tisch und Sofa hindurch und stand vor einem Webstuhl. Dann stieg sie über einen aufgerollten Teppich und hätte beinahe auf eine Hand getreten.
    Donna hielt sich an einem Stuhl fest, wirbelte herum und sah weit aufgerissene Augen, abstehendes Haar, eine zerfetzte Schulter und zerrissene Brüste.
    Gott sei Dank. Es war nicht Jud.
    Es war Mary Ziegler.
    Von Marys rechtem Bein waren von den Zehen bis zur Hüfte nur mehr Knochen übrig. Donna wandte sich ab, krümmte sich zusammen und übergab sich noch einmal. Ihr bereits leerer Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und wollte zur Tür zurück.
    Als sie wieder über den Teppich gestiegen war, fiel die Tür krachend ins Schloss.

Kapitel fünfundzwanzig
    1

    Kriechend arbeitete sich Jud immer weiter in den Tunnel vor und versuchte, die klaustrophobische Panik zurückzudrängen, die in ihm aufstieg. An manchen Stellen wurde der Tunnel von Brettern gestützt - eindeutig das Werk eines Menschen.
    Vielleicht von Wick Hapson. Oder von Axel Kutch.
    Noch bevor er den Tunnel betreten hatte, wusste er, wo er hinführte. Seine Länge hatte er jedoch unterschätzt. Aus irgendeinem Grund war der Tunnel nicht gerade, sondern schlängelte sich wie ein Fluss durch Schleifen und Haarnadelkurven. Jud erreichte eine Abzweigung und entschied sich für den linken Gang. Nach einer Kurve vereinigten sich die beiden Stollen wieder und führten weiter in westliche Richtung.
    Vor jeder Biegung verkrampfte sich sein Finger unwillkürlich um den Abzug, bereit für einen Überraschungsangriff der verwundeten Bestie. Doch es folgten immer nur weitere Tunnel und Kurven.
    Bald fragte er sich, ob er die richtige Abzweigung verpasst hatte. Unwahrscheinlich. Und doch …
    Er trat um eine weitere Biegung und fand sich in einem mit blauem Teppich ausgelegtem Kellergewölbe wieder, in dem Kissen und Polster herumlagen. Die Bestie war in einer Ecke des Raums.
    Jud ging auf sie zu. Die Kreatur lag auf dem Rücken, die weißen Arme hielten ein Kissen an die Brust gedrückt. Aus einem Mundwinkel hing eine lange, spitze Zunge. Jud kniete sich neben die Bestie und tippte mit dem Lauf der Waffe gegen ihre Schnauze.
    Tot.
    Der Unterleib der Kreatur war völlig mit Blut bedeckt. Zu seiner Überraschung und seinem Ekel musste Jud feststellen, dass Lilly Thorns Beschreibung des Geschlechtsorgans durchaus korrekt war.
    Dann ging er die Stufen zur Küche des fensterlosen Hauses hinauf.

    2

    Axel Kutch hatte sich wie ein Ringer vor der Speichertür aufgebaut und grinste Donna an. Sein kahler Kopf spiegelte

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