Der Keller
für einen Augenblick.« Jud kniete sich hin. »Okay. Roy. Du bleibst einfach mucksmäuschenstill hier liegen. Du hast mein Ehrenwort: Wenn du bis zur Morgendämmerung überlebst, liefere ich dich bei den Cops ab.«
»Leck mich.«
»Deine einzige Chance ist, ganz ruhig dazuliegen. Wenn du Glück hast, bemerkt dich die Bestie nicht.«
»Leck mich.«
»Wir sind gleich da drüben und werden dich im Auge behalten. Wenn du versuchst zu fliehen, muss ich dich leider um die Ecke bringen. Noch Fragen?«
»Ja. Wie heißt du? Ich will den Namen des Kerls wissen, den ich später aufschlitze.«
»Mein Name ist Judgment Rucker.« »Quatsch.«
Jud ging zur Tür, hinter der Larry wartete. Er öffnete sie und ließ den Strahl der Taschenlampe über die enge Treppe gleiten, die zur Speichertür führte. »Setzen wir uns hier auf die Treppe«, flüsterte er.
Jud zog die Tür bis auf einen winzigen Spalt zu. Er spähte hindurch und sah Roy im dunklen Flur liegen.
Er nahm die Automatik in die rechte Hand und zog Roys Messer aus dem Parka. Das Gewicht der zusätzlichen Magazine in den Jackentaschen fühlte sich beruhigend an.
»Judge?«, flüsterte Larry. »Werden wir ihn wirklich der Bestie überlassen?«
»Psssst.«
2
Donna wäre am liebsten umgekehrt und zurück zum Horrorhaus gefahren, um dort auf die Männer zu warten. Als sie gerade wenden wollte, bemerkte sie Scheinwerfer im Rückspiegel. Der Wagen näherte sich schnell. Donna sah das Blaulicht auf seinem Dach und überprüfte das Tachometer. Sie hielt sich genau an die vorgeschriebene Geschwindigkeit.
Sandy sah sich um. »Oh-oh«, sagte sie.
»Ja.«
»Willst du anhalten?«
»Erst, wenn er mich dazu zwingt.«
»Wieso fährt er so dicht auf?«
»Er hat eben keine Manieren.«
Der Streifenwagen folgte ihnen bis zum Welcome Inn, bog vor dem Parkplatz links ab und hielt vor dem Restaurant.
Sandy stieß übertrieben die Luft aus. »Puh!«
»Der hat nur Hunger«, sagte Donna und hielt vor Bungalow Nr. 12. »Warten wir, bis er im Restaurant ist.« »Und dann?«
»Fahren wir zurück.«
»Aber Jud hat doch gesagt…«
»Wir sind einfach ein bisschen früher dran.«
Sie wendete, fuhr am Restaurant vorbei und warf einen Blick auf das Polizeiauto. Der Beamte war nirgends zu sehen.
»Wenn wir schon so früh dran sind«, sagte Sandy, »können wir doch auch reingehen.«
»Hast du sie noch alle?«
»Vielleicht können wir ihnen helfen.«
»Sie kommen schon ohne uns klar.«
»Ich hab keine Angst vor der Bestie.«
»Solltest du aber.«
»Wir können ja Juds Gewehr mitnehmen.«
»Kugeln können ihr nichts anhaben. Hast du bei der Führung nicht aufgepasst?«
»Doch.«
»Maggie hat gesagt, dass ihr Mann auf die Bestie geschossen hat.«
»Nöööö. Sie hat nur gesagt, dass sie Schüsse gehört hat. Vielleicht hat er ja nicht getroffen.«
»Wie dem auch sei - wir gehen auf keinen Fall da rein.«
Die Stadt wirkte verlassen. Nur wenige Autos standen vor den geschlossenen Geschäften, als hätten sich ihre Fahrer vor der Dunkelheit geflüchtet. Straßenlaternen beleuchteten leere Kreuzungen. Eine Ampel blinkte gelb.
Donna parkte vor Arty’s Eisenwarenladen. Die Scheinwerfer spiegelten sich im Schaufenster, und sie schaltete sie ab. »Kannst du das Haus von hier aus sehen?«
Sandy spähte aus dem Seitenfenster. »Nur den Vorgarten.«
Donna konnte außer der Vorderseite des Zauns und der Ticketbude auch nicht viel erkennen. »Ich steig mal aus«, sagte sie.
»Ich auch.«
»Okay.«
Sie schlossen leise die Türen und gingen auf ihren Turnschuhen geräuschlos über den Bürgersteig.
Zwischen dem Eisenwarenladen und dem Zaun verlief eine schmale Gasse, die von einem niedrigen Gartentor versperrt wurde. Donna öffnete das Türchen, und sie gingen hindurch. Von der Straße aus waren sie jetzt nicht mehr zu sehen.
Sandy nahm Donnas Hand.
Jenseits der Rasenfläche ragte das Horrorhaus stumm in die Nacht auf. Die Holzvertäfelung wirkte im Mondlicht so bleich und ausgewaschen wie Treibholz. Die Balkone und Galerien warfen tiefe Schatten.
Donna ließ den Blick von den dunklen Erkern über Lilly Thorns Schlafzimmerfenster und die knochenfarbene Wand bis zu jenem Fenster wandern, durch das Larry vor so vielen Jahren entkommen war. Vor ihrem geistigen Auge konnte sie die Wachsfigur sehen, die mit dem Fensterriegel kämpfte.
»Wie spät ist es?«, flüsterte Sandy.
Donna hielt ihre Armbanduhr ins Mondlicht. »Zwanzig nach elf.«
»Sie sind spät dran.«
»Keine
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