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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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irgendwelchen anderen Dingen verbracht hatte, bevor sie ins Haus zurückkehrte. Auf jeden Fall würde er ein paar Worte mit dem Jungen reden und sich Gewißheit verschaffen, daß er sich grundlos ängstigte.
    Er holte den Schlüssel von seinem Haken am Portal und begab sich zu der Zelle, um sich einzulassen. Elave fuhr an seinem kleinen Pult herum und wendete ihm ein angespanntes Gesicht zu; er hatte in dem schwindenden Licht bei der Lektüre einer der menschenfreundlicheren und ekstatischeren Predigten des Augustinus die Augen zusammengekniffen und die Stirn gerunzelt. Die unübersehbare Wolke verzog sich, sobald er aufgehört hatte, sich durch die dichtgedrängten Minuskeln des Textes hindurchzumühen. Andere Menschen fürchteten für ihn, aber Cadfael hatte den Eindruck, daß Elave selbst völlig frei von Furcht war, und nicht einmal das Eingesperrtsein hatte ihn nervös gemacht.
    »Ihr habt etwas von einem Mönch an Euch«, sagte Cadfael.
    »Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß Ihr irgendwann einmal die Kutte anlegt.«
    »Niemals!« sagte Elave inbrünstig und lachte über diese Vorstellung.
    »Nun, vielleicht wäre es eine Verschwendung, wenn man an die Ideen denkt, die Ihr über Eure Zukunft habt. Aber Ihr habt die Veranlagung dazu. Ob Ihr durch die Welt wandert oder in einer Steinzelle eingeschlossen seid, nichts bringt Euch aus dem Gleichgewicht. Um so besser für Euch! Hat man Euch berichtet, daß der Bischof höchstpersönlich eingetroffen ist?
    Damit erweist er Euch eine Ehre, denn Coventry ist den Unruhen näher, als wir es hier sind, und er muß seine Kirche dort im Auge behalten. Also ist die Zeit, die er Eurem Fall widmet, ein deutlicher Hinweis darauf, wie wichtig Ihr ihm seid.
    Und diese Zeit könnte sehr kurz sein, denn er ist ein Mann, der zu schnellen Entschlüssen fähig ist.«
    »Ich hörte, daß jemand gekommen sein muß«, sagte Elave, »und das Klappern von Hufen auf den Kopfsteinen. Aber ich wußte nicht, wer es war. Dann wird er mich wohl bald sehen wollen?« Als Cadfael ihm einen fragenden Blick zuwarf, lächelte er, wenn auch recht ernst. »Ich bin bereit. Und mich verlangt sogar danach. Ich habe meine Zeit hier gut genutzt. Ich weiß jetzt, daß sogar Augustinus im Laufe der Jahre seine Ansichten des öfteren geändert hat. In einigen seiner frühen Schriften steht genau das Gegenteil von dem, was er im Alter behauptet hat. Und dazwischen liegt noch ein Dutzend weiterer anderer Ansichten. Bruder Cadfael, ist Euch je der Gedanke gekommen, was für eine Verschwendung es wäre, wenn man einen Mann um dessentwillen verbrennt, was er mit zwanzig geglaubt hat, wo es doch durchaus sein kann, daß das, was er mit vierzig glaubt und schreibt, als Heilige Schrift gepriesen wird?«
    »Das ist ein Argument, wie es die meisten Menschen nicht hören wollen«, sagte Cadfael. »Sonst würden sie davor zurückscheuen, irgend jemandes Leben zu fordern. Ihr habt heute noch keinen Besuch gehabt, oder doch?«
    »Nur von Anselm. Warum?«
    »Und auch keine Botschaft von Fortunata erhalten?«
    »Nein. Warum?« wiederholte Elave, jetzt eindringlicher als er sah, wie Cadfael die Stirn runzelte. »Ich hoffe doch, daß es ihr gut geht.«
    »Das hoffe ich auch«, erklärte Cadfael, »und so sollte es eigentlich sein. Sie hat ihrer Familie gesagt, sie wollte in die Abtei und fragen, ob sie Euch wieder sehen dürfte, oder um zu erfahren, ob sich in Eurer Sache irgend etwas getan hat.
    Deshalb habe ich gefragt. Aber niemand hat sie hier gesehen.
    Sie war nicht hier.«
    »Und das beunruhigt Euch«, sagte Elave scharf. »Warum?
    Was geht Euch im Kopf herum? Ist sie in irgendeiner Gefahr?
    Habt Ihr Angst um sie?«
    »Sagen wir es so: Ich wäre froh, wenn ich sie sicher zu Hause wüßte. Wo sie inzwischen bestimmt eingetroffen ist. Ihr müßt bedenken, daß ein Mörder frei herumläuft, und mir wäre es lieber, wenn sie sich zu Hause in sicherer Gesellschaft aufhielte, anstatt irgendwo allein hinzugehen. Aber was den heutigen Tag angeht – Hugh Beringar behält das Haus und alle, die es betreten oder verlassen, im Auge, es besteht also kein Grund zur Besorgnis.«
    Sie hatten beide nicht auf die von draußen hereindringenden Geräusche geachtet, das kurze Klappern von Hufen am anderen Ende des Hofes, den schnellen und kurzen Wortwechsel und dann die leichten Schritte, die eilends näher kamen. Deshalb fuhren sie beide zusammen, als die Zellentür aufflog und ein Schwall Abendwind und Hugh Beringar hereinfegten.
    »Man

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