Der Ketzerlehrling
Handel in beiden Richtungen florierte.
Es waren immer noch ungefähr drei Stunden bis zur Vesper; erst dann konnte er hoffen, daß sich jedermann wieder in der Kirche befand und es ihm gelingen würde, entweder durch das Torhaus hineinzuschlüpfen, wenn der stämmige Wachtposten verschwunden war, oder im Gedränge der Gottesdienstbesucher durch das Westportal in die Kirche.
Vorher zurückzukehren und zu riskieren, daß er seinen Kopf in die Schlinge steckte, war sinnlos. Er suchte sich einen sicheren Platz in dem hohen Gras am Ufer des Flusses, gut gedeckt von Sträuchern und umgeben von einer Stille, in der er rechtzeitig hören würde, wenn im Umkreis von hundert Metern Füße im Gras raschelten oder Schultern die Äste von Erlen oder Weiden streiften, und dachte an Fortunata. Er konnte einfach nicht glauben, daß er sich in der Gefahr befand, die sie befürchtete, und dennoch konnte er ihre Bedenken nicht ganz von sich weisen.
Jenseits der schnellen und gewundenen Strömung des Severn, der im Sonnenlicht funkelte, ragte scharf der Hügel der Stadt auf, deren lange Umfassungsmauer hier, gegenüber seinem Versteck, in den dicken Sandsteintürmen der Burg endete und dann der Landstraße wich, die von der Vorstadt der Burg nordwärts nach Whitchurch und Wern führte. Selbst jetzt noch hätte er nur ein kleines Stück stromabwärts den Fluß durchqueren und sich eiligst auf dieser Straße davonmachen können; aber er wollte verdammt sein, wenn er das tat! Er hatte kein Verbrechen begangen, er hatte nur ausgesprochen, was er für richtig hielt, und dabei war nichts gewesen, was blasphemisch war oder eine Mißachtung der Kirche einschloß, und er würde kein Wort davon zurücknehmen oder vor seinen eigenen Äußerungen davonlaufen und seinen Anklägern einen billigen Triumph gönnen.
Er hatte keine Möglichkeit festzustellen, wie spät es war; doch als er glaubte, daß die Zeit des Vespergottesdienstes nahe war, verließ er sein Versteck und kehrte vorsichtig auf dem gleichen Weg zurück, wobei er in Deckung blieb, bis er zwischen den Bäumen hindurch das staubige Weiß der Straße sehen konnte, die auf ihr entlangwandernden Leute und das lebhafte Gewimmel beim Torhaus. Er mußte eine Weile warten, bis die Vesperglocke läutete, und er verbrachte die Zeit damit, sich von einer Deckung zur nächsten vorzupirschen, um herauszufinden, ob er unter den Leuten, die sich am Westportal der Kirche versammelten, einen seiner Verfolger entdecken konnte. Er sah keinen, aber bei der ständigen Bewegung konnte er seiner Sache nicht sicher sein. Der große Mann, der am Tor Posten bezogen hatte, war nirgends in Sicht. Der günstigste Augenblick würde es sein, wenn die kleine Glocke läutete und die Leute, die sich hier im Sonnenschein des frühen Abends unterhielten, sich zusammenscharten und in die Kirche begaben.
Der Augenblick kam fast gleichzeitig mit dem Gedanken. Die Glocke ertönte, und die Kirchgänger sammelten ihre Familien um sich, grüßten ihre Freunde und bewegten sich auf das Westportal zu. Elave schoß gerade noch rechtzeitig hervor, um sich unter sie zu mischen, und es gab keinen Aufschrei, keine grobe Hand packte ihn bei der Schulter. Jetzt hatte er die Wahl, seinen Weg zusammen mit den guten Leuten aus der Vorstadt in die Kirche fortzusetzen oder durch das offene Tor der Enklave den großen Hof zu betreten und ihn ruhig in Richtung Gästehaus zu überqueren. Wenn er sich für die Kirche entschieden hätte, wäre vermutlich alles gutgegangen, aber die Versuchung, offen auf den Hof zu treten, als käme er von einem normalen Spaziergang zurück, war für ihn zu groß. Er verließ die Deckung der Kirchgänger und schritt durch das Tor.
Von der Schwelle des Torhauses zu seiner Rechten ertönte ein lautes Triumphgebrüll; es fand ein Echo auf der Straße, die er gerade hinter sich gelassen hatte. Der Stallbursche des Chorherrn hatte sich mit dem Pförtner unterhalten, ein Rächer im Hinterhalt, und zwei seiner Mitstreiter kehrten gerade von einem Zug durch die Stadt zurück. Alle drei fielen gleichzeitig über den heimkehrenden verlorenen Sohn her. Ein schwerer Knüttel traf seinen Hinterkopf und ließ ihn zurücktaumeln, und noch bevor er sein Gleichgewicht oder seinen Verstand zurückgewinnen konnte, umschlangen ihn die muskulösen Arme des massigen Mannes, während einer der anderen sein Haar packte und seinen Kopf zurückzerrte. Er gab einen Wutschrei von sich und hieb mit Faust und Fuß um sich, befreite sich
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